Dienstag, 10. Januar 2012

Buchreview "Verderben"

Bentley Little. Juniper ist ein verschlafenes Nest in der Wüste Arizonas. Das Aufregendste hier sind die die Sonntagsspiele der örtlichen Baseballmannschaft. Doch eines Tages kommt Leben in die kleine Stadt. Ein bekannter Discounter eröffnet eine Filiale. Dort gibt es alles, was man sich vorstellen kann. Der Besitzer erfüllt selbst die verwegensten Wünsche - zu einem besonderen Preis. Wer hier einkauft, verpfändet einen Teil seiner Seele und schuldet dem Besitzer von nun an einen Gefallen. Als dieser beginnt, sie einzufordern, schleichen sich kleine Gehässigkeiten in den Alltag der Bewohner. Und dann geschieht der erste Mord.
Der Protagonist Bill Davis, Ehemann von Ginny, Vater zweier Töchter namens Shannon und Samantha (17 bzw. 18 Jahre alt), ist genauso wie der Rest der Bewohner von Juniper überrascht, dass sich überhaupt ein Discounter in ihrer kleinen Gemeinde ansiedeln will und traut daher dem Frieden nicht so recht. Im Gegensatz zu ihm und einigen wenigen Freunden sind aber alle inklusive der Stadtoberen vollauf begeistert, erhoffen sie sich doch einen Aufschwung durch das Geschäft. Um seine Pforten zu öffnen, stellt der Eigner aber einige Bedingungen an die Ratsherren, welche die Lockerung von Bauvorschriften und weitere Vergünstigungen beinhalten. Ruckzuck genehmigt. Dass beim Bau dann noch Arbeiter aus der Umgebung eingestellt werden, einheimische Firmen die Aufträge erhalten, lässt über alle Mängel hinwegsehen. Auch der Fund toter Tiere, alle unverletzt und ohne erkennbares Zeichen gestorben, sowie die Verschandelung der Landschaft werden kritiklos hingenommen. Doch der LADEN, wie der Discounter heißt, ist noch nicht fertig mit der Gemeinde. Erst werden die Einzelhändler verdrängt, dann nach und nach die Polizei, Feuerwehr und weitere Einrichtungen zum angeblichen Kosten sparen privatisiert, wobei dann natürlich der LADEN die Aufgaben nun übernimmt und das Personal bezahlt. Dennoch verkommt die Stadt immer mehr. Jetzt lehnen sich Bill und seine Kumpel Ben und Street immer offener gegen diesen Parasiten auf, der ihren Heimatort übernimmt. Zudem mehren sich Gerüchte über seltsame Vorgänge in den Katakomben des LADENS. Und dann kommen auch beide Töchter von Bill auf die Idee, der Mehrheit der Bewohner, die mittlerweile durch den Verdrängunsprozess in die Arbeitslosigkeit geschoben wurden, zu folgen und im LADEN zu arbeiten. Und mit der Zeit beginnen sich die Menschen in ihrem Wesen zu ändern, werden aggressiver, unhöflicher. Nachts treiben sich unheimliche Gestalten in der Stadt herum. Bill beginnt nachzuforschen, weitet seinen Widerstand aus, will sogar das FBI involvieren und bringt damit sich und seine Familie in Gefahr. Und dann wird er auch noch in die Konzernzentrale nach Dallas eingeladen um den Chef Newman King zu sprechen.
Gleich vorweg - der Klappentext führt in die Irre und man fragt sich, ob das beabsichtigt ist oder der Verfasser einfach das Buch bestenfalls überflogen hat, denn was in der Inhaltsangabe noch wie eine Kopie des Stephen King-Romans "In einer kleinen Stadt" klingt, entpuppt sich doch als eine anders geartete Geschichte. Bis der wahre Horror sich einschleicht, gibt es auf den ersten 200 Seiten erst einmal Alltagshorror. Eine Geschichte, wie sie sicher schon jeder mal erlebt hat. Ein Discounter kommt aufs Land, verdrängt den Einzelhandel. Ökonomische Story von Expansion und Verdrängung der kleinen Geschäfte durch Großkonzerne. Preisdumping, aggressive Werbung bestimmen das Geschehen. Zitat:" Die Kunden wissen nicht, was sie mögen - sie mögen, was sie kennen." Zitat Ende. Massenhaft geschaltete Clips, Artikel, TV-Spots, die sich kein kleiner Laden leisten kann, gaukeln dem Kunden eine tolle Ware vor, die er haben oder gesehen haben muss. Lang genug berieselt aus allen Medien, fängt das Zeug plötzlich an den Leuten zu gefallen und es wird konsumiert (Kinofilme, Songs oder Bücher usw.). Hat Little dann den Prozess der Ansiedlung des LADENS beendet, widmet er sich den Konzernstrategien innerhalb der Geschäftsräume und mit den politischen Entscheidungsträgern der Stadt. Bestechung, Korruption, Bedrohung bestimmen nun das Bild. Die Mitarbeiter und die Stadt werden in einer Art Konzernfaschismus gleichgeschaltet, die Schule erhält neues Lehrmaterial, das nur Konzernmeinungen vertritt, alle müssen die einheitliche Uniformen tragen und durch die blonden Aufpasser in ihren schwarzen Mänteln werden die Erinnerungen an die Nazis wohl sehr bewusst hervorgerufen. Der Autor schafft eine düstere, beklemmende Atmoshpäre und man kann sich den Verfall der Innenstadt, die dunklen Gänge des LADENS in der Nacht gut vorstellen. Und langsam kommt er dann auch in Sachen Horrorstory in die Spur. Unheimliche Figuren, grausame Bestrafungen in den Gewölben des LADENS, und ein Konzernboss, der nicht menschlich zu sein scheint. Was der denn wirklich ist, wird nicht erklärt, bleibt ebenso offen, wie das Epilogende. Insgesamt eine unblutige, kaum gewalttätige Geschichte, die sich ob des sehr einfachen Stils von Bentley Little zwar sehr flott liest, aber auch wenig bemerkenswert ist. Sanfter Alltagshorror wie man ihn schon aus den vorangegangenen Werken kennt. Seichte Kost (was den Horror betrifft), schnell konsumierbar und wenn man ihm mit guten Willen etwas Substanz zuspechen will, dann hinsichtlich seiner - dennoch recht oberflächlichen - Schilderung ökonomischer Arbeitsweisen. Komplex wird die Story deshalb aber trotzdem nicht, Logik lassen wir mal ganz außen vor.

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