Dienstag, 3. September 2013

Buchreview "'48"

James Herbert. London 1948. Trümmer, Ruinen, Leichen. Eine sogenannte Wunderwaffe hat den Bluttod über die Weltstadt gebracht. Von dem schleichenden Tod bleiben nur wenige Menschen verschont, die der Blutgruppe AB-negativ angehören. Fünf von ihnen suchen Zuflucht in den Ruinen des verlassenen Grand Hotels: Zwei junge Frauen, die über die Schranken unterschiedlicher gesellschaftlicher Herkunft eine tiefe Freundschaft verbindet. Ein Deutscher mit undurchsichtiger Vergangenheit und ein weltfremder Engländer vom Zivilschutz. Und Hoke, der Kriegsfreiwillige aus Kanada, der seit drei Jahren auf der Flucht vor jenen Menschen lebt, die wissen, dass sie sterben müssen. 

Hoke, der sich im zerstörten London einige noch recht feudale Verstecke zurechtgebastelt und mit Vorräten aller Art bestückt hat, wird von den Schwarzhemden, die einer britischen Naziorganisation angehören und auf der Suchen nach Menschen mit Blutgruppe AB-negativ sind, weil sie glauben, deren Blut könne sie vor dem Tod durch die Viruswaffe bewahren, aufgestöbert und durch die Stadt gehetzt. Plötzlich bekommt Hoke Hilfe von unerwarteter Seite. Ein Wagen hält neben dem davonrennenden Hoke und er wird mitgenommen. Die drei Insassen sind zwei junge Frauen und ein Deutscher. Doch weit kommen sie mit dem Wagen in den von zerstörten Karosserien Straßen nicht. Sie müssen aussteigen und zu Fuß weiter und flüchten sich in einen U-Bahn-Tunnel, den die Schwarzhemden aus Angst vor verseuchten Leichen nicht betreten. Stattdessen werfen sie Molotow-Cocktails hinterher und der Brand treibt die Flüchtenden immer weiter, der Rauch raubt ihnen die Atemluft und durch die vertrockenten Knochen und vergammelt Kleiderrbündel nährt sich das Feuer immer mehr. Ein entkommen scheint nicht möglich. Doch dann werden sie von einem alten Briten vom Zivilschutz, der in einem Bunker die letzten Jahre überlebt hat, gerettet. Da auch der Bunker in Gefahr ist, von den Flammen vernichtet zu werden, rennen die nun fünf Leute zu einem der weiteren Verstecke von Hoke, in dem sie erst einmal zur Ruhe kommen. Dort hat er eine Menge Vorräte gehortet und es lässt sich leben. Nach und nach kommen die Animositäten zu Tage und besonders Hoke trachtet danach, den Deutschen kalt zu machen. Zu allem Überfluss ist auch noch ein einsamer deutscher Bomberpilot am Himmel unterwegs, der in unregelmäßigen Abständen immer noch die Stadt bombardiert, als hätte er in der mittlerweile ziemlich menschenleeren Welt keine anderen Probleme. So eine Bombe schlägt in ihrer Nähe ein und dazu kommt noch Verrat. Die Schwarzhemden tauchen auf und bemächtigen sich der Flüchtlinge. Hoke kann fliehen und sinnt dann auf Rache. Er schnappt sich aus seinem Waffenlager, was er brauchen kann und stellt die Bande in deren Hauptquartier, wo sie Menschenversuche zum Zwecke der eigenen Heilung vorantreiben, ohne Rücksicht auf die Versuchskaninchen. 

Wer sich anhand der Inhaltsangabe auf einen Drama-Thriller auf engstem Raum gefasst gemacht hat, wird überrascht durch den absolut rasanten Start mit einer Verfolgungsjagd, die sich über rund 120 Seiten hin ausdehnt. Der eigentliche Dramaanteil sowie tiefergehenden Charakterzeichnungen und intensive Auseinandersetzungen mit den unterschiedlichen Ansichten der Protagonisten bleiben eher dem Mittelteil vorbehalten und sind auch nicht sonderlich ausführlich dargestellt. James Herbert nutzt sein Buch aber dazu, die Einstellung der Briten zum Faschismus zu beleuchten und siehe da - speziell die Aristokratie scheint eine recht positive Meinung zur deutschen Propaganda gehabt zu haben. Was sich mir beim Lesen ansonsten aufdrängte, ist, dass das Buch zwar im London 1948 spielt (in dieser Alternate History hat Hitler in einem letzten Rundumschlag statt den Krieg zu verlieren, lieber die gesamte Menschheit vernichtet und mit einigen V2 einen Virus entfacht, der alle außer den Menschen mit Blutgruppe AB-negativ getötet hat, auch die Mehrzahl der Tiere), aber außer der unterschiedlichen Location auch einer der B-Endzeitfilme aus den schönen 80-ern sein könnte. In einer zerstörten, lebensfeindlichen Umgebunggibt es Menschen, die etwas Neues aufbauen könnten und etwas in Besitz haben, das eine andere, größere Gruppe mit Gewalt an sich bringen will, um die Herrschaft über die Ödnis zu übernehmen. Und so entbrennt eine fast lupenreine Actionstory, die ordentlich Tempo aufweist, eine Menge Gefechte beinhaltet und ansonsten den Genreregeln folgt. Misstrauen, Verrat, ein bisserl sexuelles Gerangel und Gut gegen Böse, fein aufgeteilt in Schwarz und Weiß (selbst bei der Kleidung). Statt einem dialoglastigen Drama hat James Herbert einen schnellen Actioner, der sich aber auch mit dem Thema Vorurteile beschäftigt, zum Besten gegeben auf rund 390 Seiten gut und teilweise recht blutig unterhalten.

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