Sonntag, 8. Mai 2016

Buchreview "Die Verdammten des Himmels" T. Miller

Tim Miller. Sünder gehören ans Kreuz genagelt! Davon ist zumindest Pastor Charlie Sims überzeugt, der im tiefsten Texas eine kleine Kirchengemeinde führt. In Gottes Auftrag richtet er Pornosüchtige, Ehebrecher und Pädophile in seiner "Kapelle" - einem Schuppen mit Folterwerkzeugen. Doch dann erhält Charlie Besuch von Luzifer persönlich. Der behauptet, der himmlische Vater wolle die Menschen endgültig auslöschen. Charlies Kreuzzug gegen den drohenden Untergang führt ihn mit den Verdammten des Himmels zusammen. Doch wie besiegt man eigentlich Gott? 

Charlie predigt vor einer kleinen Gemeinde Bibelgemeinsacht Lebendiges Wort als Pastor von Frieden und Vergebung, hat aber nach seiner Ansicht auch den Auftrag von Gott, Sünder zu bestrafen. So holt er sich die Unbotsamen von der Straße und bringt sie in sein Refugium des Todes. All seine Opfer, die wider Gottes Wort handelten, enden am Kreuz. Aber nicht einfach nur kurz drangetackert, sondern zuvor noch ganz fröhlich gepeinigt. Danach werden sie entfernt und fachgerecht zerlegt entsorgt, womit sie sozusagen spurllos verschwinden. Nach einer seiner Expeditionen des Todes - er war im Auftrag des Herrn unterwegs - taucht die Polizei plötzlich auf. Und er, der Diener des Herrn, bekommt kurz kalte Füße. Haben die etwas gegen ihn in der Hand? Nein, ein Mann namens David Davidson hat nur einen ungewöhnlichen Weg gewählt, um mit Charlie Simms in Kontakt zu treten. In einem persönlichen Gespräch warnt dieser unseren Pastor, dass sich ein Wolf im Schafspelz in seine Welt einschleichen würde und David den Auftrag von Gott erhielt, Charlie zu warnen. Nicht dass der Pastor das jetzt zu ernst nehmen würde. Nachdem er aber den Sünder Roger Davies, Mitglied der gemeinde und Grundschullehrer mit der Neigung, kleine Mädchen zu missbrauchen, seiner gerechten Kreuzigung zugeführt hat, taucht in einem Alten-Hospiz ein Bischof auf, der Tote wieder zum Leben erwecken kann. Charlie trifft den Mann und die Unterhaltung ergibt für den Pastor nur den Sinn, dass der Scheiß-Bischof zu gut ist, um wahr und echt zu sein. Also folgt er ihm, wird erwischt und bekommt einen über die Rübe gedonnert. Als er erwacht, umgeben ihn die Bodyguards des Bischof und jener erzählt ihm, ohne Umschweife, wer er wirklich ist. Zu Charlies Leidwesen ist dieser ihm jetzt bekannte Mann auch über das Tun und Werken von Charlie informiert, kennt seine Fähigkeiten, wie er die Wahrheit über die Sünder erfährt, wie er sie bestraft - und er weiß alles über Charlies früheres Leben und seine Herkunft als ein Sohn der Nephilim. Als dieser Typ Charlie eine Zusammenarbeit anbietet, lehnt der ab. Doch eine Eskalation ist nicht zu vermeiden und nach einem vermeintlichen Massenselbstmord muss Charlie flüchten. Bis nach Texas. Doch selbst das ist nicht weit genug. Denn Luzifer, Gott, Der Heilige Geist und wer weiß wer noch alles, ist hinter Charlie her.

Der Prolog beginnt mit einer Frage und als in der die Formulierung "Die Hand Gottes" vorkommt, konnte ich mir das erste Schmunzel nicht verkneifen, dachte ich doch sofort an den Sünder Diego Maradona, der ob seiner damaligen Sünde von der hochverehrten Familie der FIFA auch noch als Spieler des Turniers geadelt wurde. Hat zwar nix mit dem Buch zu tun, fand es aber dennoch lustig. Kommen wir zu unserem Erzähler Charlie, der sich für einen Henker Gottes hält. Sein Ton ist durchaus flapsig, hat so die eine oder andere Stilblüte und Rechtfertigung für sein Tun, die für leichtes Kopfschütteln schon mal gut ist. So kann er bei mir auch erste Sympathiepunkte ergattern. Dass er bisher nur fiese Kreaturen mit Dreck am Stecken aus dem Weg räumt trägt da auch etwas zu bei. Im Grunde aber ist der gute Charlie nur ein Arschloch, das seine Gelüste auslebt, ein Bappsack allererster Güte. Der von mir oben schon kurz angeführte Humor kommt erst später immer mehr zum Vorschein. Und spätestens als der Autor seinen "Bischof" so richtig gegen den Erweckungsschreiber Tim LaHaye (siehe den Schnarcher-Film "Left behind" mit Nicolas Cage oder eben die Bücher des Herrn LaHaye) zicken lässt und ihm auf die Art so richtig ein Brett vor die Schnauze hämmert, gewinnt das Buch an Fun. Es ist nun nicht so, dass hier kein Blut fließt, keine Menschen zerstückelt oder gelyncht werden, keine Gedanken ausgesaugt oder manipuliert werden, keine "Zombies" aus Menschen werden oder gar ein Massenselbstmord (ein vermeintlicher, wie ihn die manipulierte Presse bezeichnet) inszeniert wird. Es gibt schon einige derbe, matschige und blutrünstige Szenen in dem Buch bzw. den Büchern, denn es sind drei in einem Band ("Die Hand Gottes", "Die Rache der Drei" und "Die Höllenhand"), die Tim Miller seinen Horrorfans hier gönnt. Doch die Abrechnung mit den Religionen - ich betrachte das hier gewählte Christentum nur als exemplarisch, weil Tim Miller in den USA ja die Auswüchse davon direkt vor Augen hat. Warum soll er sich anderen wie dem Islam oder dem Judentum usw. zuwenden, wenn er die Spinner mit ihren teilweise hanebüchenen auslegungen der Bibel (oder eben anderen Schriften) im eigenen Land tagtäglich studieren kann. Er hat es doch vor Augen, dass auch hier die Pädos existieren und sich die entsprechenden Zeilen ihrer Schrift zur Rechtfertigung heranziehen. Die vielen Ableger an kleinen Kirchengemeinden mit eigener Deutung des vermeintlichen Wortes ihres Gottes (oder eben der jeweiligen Götter) in ihrem Sinne und die sie dann für verrückteste Schandtaten ins Feld führen. Und Kirchenleute, die nicht in irgendeiner Form nach Geld oder Macht streben, die nicht alle anderen, die sie nicht in ihre eigenen Reihen der Gläubigen aufnehmen können, die ihren (Irr-)Glauben nicht teilen wollen, am liebsten vom Angesicht der Erde wischen wollen. Genau hier legt Tim Miller mit Humor und ätzendem Sarkasmus sein Skalpell an, entlarvt all die Schwätzer und macht eine - hier christliche - Religionsdystopie aus seiner Geschichte um Charlie, den Henker Gottes. Tim Miller mag vielleicht niemand für den Nobelpreis der Literatur nominieren, weil er hin und wieder etwas oberflächlich daherkommt, aber diese Art mit den fiesen mehr oder weniger kleinen Spitzen Richtung der Religionen, mit denen er sämtliche Götter auf die Stufe von rachsüchtigen und bösartigen Arschlöchern voller Egoismus stellt, wie er sie als Verschwörer schildert, die nichts aber auch gar nichts Gutes im Sinn haben, denen die Menschen sowas von egal sind oder die Doppelmoral der Kirchen und Religionen anprangert, die ja Schätze horten, Kriege führen, Andersgläubige und jene, deren Lebensstil ihnen nicht passt, verstoßen, das hat etwas. Und die Erzählweise bringt dabei den Lesespaß. Nicht zu ernst nehmen, nicht nur auf das Christentum sondern alle Religionen beziehen, Blut, Gewalt und Gekröse sowie die ständigen Gesinnungswechsel genießen und auf das Ende hinlesen. Eine etwas andere Dystopie, die all die bekannten Erzählungen, die wir während unserer Kindheit oder auch jetzt über Religionen erfahren haben, ad absurdum führen und ebenso diese schöne Reise der Gläubigen gen Himmel während alle anderen dem sicheren Tod beim Ende der Welt geweiht sind, wie es ein Tim LaHaye weismachen will. Sicher werden jetzt auch etliche Menschen Herrn Miller als Ketzer oder als Satan bezeichnen. Okay, dann war das jetzt teuflisch gut. Mir hat es gefallen, aber ich fürchte, dass ich da eine Minderheit vertreten werde. Auch egal. Besser als der gesteuerten oder (fehl-?)geleiteten Presse anzugehören.

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