Dienstag, 20. September 2016

Buchreview "Baby Doll" S. McKenzie

Shane McKenzie. Sie schämen sich für ihre Tochter. Darum haben sie Natasha seit ihrer Kindheit eingesperrt. Doch endlich gelingt ihr die Flucht. Natasha hat nur einen Wunsch: So wie jeder andere Mensch möchte auch sie geliebt werden. Aber wer verliebt sich schon in eine entstellte Monstrosität?
Natasha sucht ihren Prinzen - egal, wie viel Blut das kosten wird.


Natasha lebt bei ihren Eltern, doch die halten sie in einem Raum versteckt, den sie nicht verlassen darf. Selten zum Waschen oder sonstige Bedürfnisse ins Bad. Abwechslung hat sie nur durch ihre Puppe mit dem glatten Porzelangesicht und durch die vielen Modemagazine, die ihre Mutter ihr überlässt, sondern auch mit der Serie NICU, in der ihre Mama der Star gewesen ist. Natasha hört immer wieder ungewöhnliche Geräusche und Stimmen aus den anderen Räumen, kann sich aber nicht vorstellen, was da passiert. Während die Mutter sie immerzu misshandelt, scheint ihr Papa sie zu lieben. An ihm und ihrer Puppe hängt sie, an ihrer Mutter absolut nicht. Doch eines Tages kann Natasha aus ihrem Zimmer entkommen, weil ein Einbrecher ihr den Weg freimacht - unabsichtlich natürlich. Und nachdem der Einbrecher den brutalen "Dank" von Natasha erhalten hat, kümmert sich Natasha um ihre Mutter und deren Freunde. Nach vollbrachter Tat zieht sie in die Welt hinaus, um ihren Prinzen zu suchen. So wie im Fernsehen und der Serie NICU.
Andernorts macht sich Bruno größere Sorgen um seine Gesundheit. Er ist ein Dealerstudent, der seine Kommilitonen mit jedem Stoff versorgt, den sie brauchen. Doch der Absatz der letzten Lieferung ging in die Binsen, weil ihm ein Neuling und somit ehrgeiziger Wachmann am College, das Zeug abgenommen hat. Seine Chefin, eine brutale Walküre namens Matilda, und ihre Kohorten nehmen ihn in die Mangel. Eine Chance hat er noch - eine. Zusätzlich versiebt er seine letzte Prüfung und darf somit noch eine Runde drehen. Durch seine Verkäufe auch mit dem Leiter einer sehr exklusiven Studentenverbindung bekannt, versucht er, dort sein Glück und den Stoff loszuschlagen. Da die Meisten der Clowns trotz einstelliger IQ-Werte, die schon fast dem dauerhaften Werten ihres Blutalkoholspiegels ähneln, und extremer Lernfaulheit ihre Abschlussprüfungen bestanden (mit sehr großzügiger Unterstützung der Eltern und deren finanziellem Engagement für die Schule) haben, steht eine große Feier an. Dazu wollen sie einen alten Einsiedler überreden, ihnen ein Grundstück für den Abend der Abende zu überlassen. Das der Mann eh schon grantelig ist und Kerle vom Hof jagen würde, werden drei Mädels geschickt. Und so kommt Elli ins Spiel.
Elli ist ein Erstsemester und die Schwester von Dirk, dem Obermacker der Burschenverbindung. Bruno hat schon ein Auge auf sie geworfen, was Dirk natürlich nicht weiß. Und gerade Dirk fragt Bruno, der ja noch etwas länger bleiben muss, ob er auf Elli aufpassen kann, wenn Mr. Macker weg ist. Elli zählt auch zu den drei Mädels, die den alten Mann weichkochen sollen. Nicht so einfach, wenn der Sturkopf sich dauerhaft (standhaft wäre das falsche Wort, wie er später im Buch erklärt) weigert und noch nicht einmal, als Blondie ihm ihre Titten zeigt. Nur Elli scheint intelligent genug, um sich mit dem ollen Knacker zu unterhalten. Aber vorerst müssen sie unverrichteter Dinge abziehen. Aber Dirk hat ja noch so seine Ideen. 
Und all diese Menschen werden später in irgendeiner Form von Bezug zu Natasha stehen.

Natasha ist zwar ein Koloss mit schier unmenschlichen Kräften, größer und stärker als "Conan, der Barbar", aber gerade auf sie passt der Begriff des Dramas, der auf der Umschlagrückseite benutzt wurde am Treffendsten. Vom Autor wurde sie durchaus an realen Personen mit einer gewissen Behinderung, die diesen Menschen einen kräftigen Körper zugesteht, skizziert und dann mit der Fantasie eines Autors noch überdimensionert sowie zusätzlich mit anderen unheimlichen Eigenschaften ausgestattet. Doch eigentlich ist sie ein ungewolltes Kind. Ein Balg, das der Mutter die Karriere als Filmstar versaut hat. Muttern war von einem formidablen Aussehen, alle haben sie bewundert, waren geblendet von ihrer Schönheit. Die TV-Serie NICU war der Weg zum Durchbruch als Filmstar. Und dann kam das Kind, ging die Schönheit. Den Frust ließ die Mutter dann an dem Kind aus. Weggesperrt, von anderen Menschen und von jeglicher Bildung ferngehalten, gepeitscht, geschlagen und getreten von ihrer Mutter und auch deren Besuchern, von denen Papa nichts wusste. Nur Papa versorgte sie mit Essen und Triken. Er liebte sie. Das wusste sie immer. Aber sie wollte so geliebt sein wie sie es in der Serie gesehen hat. Daher sucht sie nach ihrem Prinzen. Ihr erstes Opfer bringt sie nicht absichtlich um, sie konnte ihre Kräfte nicht einschätzen. Doch als sie dann ihre Mutter und mehrere Männer bei ihr zerfetzt, war dieses ominöse "Erste Mal", nach dem jeder weitere Mord leichter fallen sollte, schon weit hinter ihr zurück. Um schön zu wirken drückt sie sich das Porzellangesicht ihrer Puppe auf ihr eigenes Antlitz. Ob dieser Idee weiß man nicht, ob man mit dem Kind noch Mitleid haben soll wie zu Beginn oder sich wegen dieses neu erschaffenen Monsters gruselt. Der Grusel legt sich bald und schlägt in pures Entsetzen um. Denn nachdem die Vorgeschichten der wichtigsten Personen erzählt sind, wird gekotzt bis zum "Erbrechen" (Ja, das musste jetzt sein.), gemetzelt, zerstückelt, entdärmt was das Zeug hält. So einige Foltermethoden kommen zum Tragen und auch später einen Moment, der etwas an Horrorschinken wie Freitag, der 13. erinnert. Furchteinflößende Geräusche aus dem Dunkeln, Rascheln im Unterholz. Aber im Zuge ihres blutigen Zugs durch die gemeinde auf der Suche nach ihrem Prinzen sind bei mir die Sympathien für das arme Ding dann doch abhanden gekommen und haben sich auf die ruhige und bodenständige sowie intelligente Elli konzentriert. Bruno, der Dealer, der auch so eine ziemliche Horrorfamilie sein eigen nennen darf, konnte bei mir gar nicht punkten. Matilda und ihre Truppe sowie die privilegierte Faulenzerstudentenbrut schon gar nicht. Ebenso flöten geht nach einer gewissen Zeit auch ein großer Anteil von Spannung, Humor blitzt nur hin und wieder auf (Bei Officer Laymon musste ich einfach an den schon verstorbenen Autor denken), der Rest ist blutrünstiges Gemetzel der ekligsten Sorte. Was absolut kein Nachteil ist, man hat sich ja schon durch so manches Extrem-Exemplar gearbeitet, das die dunklen Gelüste zufriedenstellen konnte. Womit wir auch schon bei der Zuordnung zur Reihe wären - "Baby Doll" hätte sich durhaus einen Platz an der Sonne bei der Extrem-Reihe verdient. Da wird gematscht, gevögelt oder Schwänze zerlegt, dass es eine wahre Pracht ist. Eine echte Zerreißprobe für jeden Körper. Leider auch Kill the Thrill. Da hapert es etwas. Das Buch aus dem Festa-Verlag könnte aber auch einen guten Appetitzügler abgeben, wenn Natasha sich wie ein wildgewordener Pitbull durch die Figuren beißt - und dabei immer ihren Prinzen sucht. Ob sie ihn findet? Selber lesen. Sollte ich Punkte vergeben und mich dabei nicht von Anspruchsdenken verleiten lassen, wäre ne 8 drin. Wer den Festa-Verlag schon kennt und somit weiß, was auf ihn zukommt, wenn er dort ein Horror- oder Extrem-Buch erwirbt, sollte das ohne Probleme konsumieren können und sich bei dem kleinen übersinnlichen Touch auch an die Ideen eines Ed Lee bei manchen seiner Bücher erinnern. Alle anderen bitte denkt an eure Mägen, sonst geht es euch wie Natasha. Kotzen ohne Ende.                          

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