Dienstag, 13. September 2016

Buchreview "Bleiche Knochen" G. Masterton

Graham Masterton. Die Skelette von elf Frauen werden auf dem Acker einer Farm im ländlichen Irland gefunden, grausam verstümmelt und bei lebendigem Leib gehäutet. Die Ermittlerin Katie Maguire stellt nach ersten Untersuchungen fest, dass die Toten schon seit vielen Jahrzehnten unter der Erde liegen. Ihr Vorgesetzter will den Fall bereits zu den Akten legen, da taucht ein frisches Opfer auf. Welche Verbindung besteht zwischen dem Killer der Gegenwart und den Toten aus der Vergangenheit? Und warum sind merkwürdige Stoffpuppen an die Oberschenkelknochen sämtlicher Leichen gebunden? Katie Maguire stößt auf ein uraltes Ritual und muss den Mörder stoppen, bevor er erneut zuschlägt.

Auf der Farm von John Meagher, nach dem Tod des Vaters aus den USA wieder nach Irland zurückgekehrt, werden bei Arbeiten an der Scheune Knochenfragmente und dann Schädel gefunden. Die alarmierte Polizei lässt weitergraben und man befreit im Endeffekt dann ELF Leichen von Frauen aus ihrem unfreiwilligen Grab. Die Aufsteigerin bei der Polizei, Katie Maguire, übernimmt den Fall. Schon bald stellt sich heraus, dass weder der Farmer noch seine Leute etwas mit den toten Frauen zu tun haben. Die liegen nämlich schon länger unter der Erde. Doch bald ändert sich die Sachlage: Auf dem Feld wird wieder etwas gefunden. Knochen, auf eine ganz bestimmte Art und Weise angeordnet - und frisch. Jetzt ist eine dringlichere Verfolgung der Vorgänge geboten. Gar nicht gut kommt da das Privatleben der Polizistin ins Spiel. Ihr Gatte ist seit dem Tod des gemeinsamen Kindes in die Nähe der Kriminalität gerutscht, was Maguire in ihrem Beruf UND bei ihrem Standing absolut nicht gebrauchen kann. Dennoch lässt sich ihr Gatte nicht beeinflussen und macht seine illegalen Geschäfte weiter - und die Beträge, um die es dabei geht, sind nicht gerade gering. Mit ihm zu reden, ist vergebene Liebesmüh. Und der Fall, an dem sie arbeitet, wird immer myteriöser. Die Püppchen, die an den Knochen des völlig abgeschabten Beines gebunden sind, deuten auf ein Ritual hin, dem der Mörder folgt. Schon seit langen Jahren folgt. Die Nachforschungen führen sehr weit zurück in der britisch-irischen Geschichte und deuten ein Komplott an, das es in sich hat und viel in den internationalen Beziehungen verändern würde, sollte es je ans Tageslicht kommen.

Zu Beginn sein dann gleich erwähnt, dass es sich hier um einen nahezu lupenreinen Thriller handelt (Das "nahezu" wird im späteren Verlauf noch geklärt.) und nicht um einen der auch von mir so geliebten und von den Großverlagen so verächtlich aussortierten Actioner Marke YouAss of A-First handelt. Ich nenne mal zuerst die kleinen Schwächen, die mir auffielen. Schon nach rund 30 Seiten ist für Vielleser klar zu erkennen, dass sich laut Autor zwischen Polizistin und Farmer irgendwann etwas eher Romantisches entwickeln soll. Das irische Setting ist gut, wird mir aber - also ausschließlich meiner Meinung nach, die keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt - von Adrian McKinty oder Shaun Hutson (Ich vermisse den weiterhin in der Festa-Autorenliste!! Sorry, wollte unbedingt geschrieben werden.) gefälliger inszeniert. Tja, und als ein cooler Spruch auf eine Provokation angebracht gewesen wäre, soll Maguire nur ein:"Sie stinken aus dem Mund." eingefallen sein. Schwach (wird später aber etwas besser). So, fertig mit dem Gezicke. "Bleiche Knochen" entwickelt sich so nach und nach, kommt erst langsam auf Touren, hat es dann aber stellenweise wirklich in sich. So manche Szene hat der eine oder andere Verlag seinen gesteuerten Massen auch schon als Horror verkauft. Einige "Knochenspiele" und etwas "Gedärmskulptur" sind ebenso enthalten wie fast schon "niedliche" Sexszenen. Die Figuren bekommen durchaus Tiefe verliehen, wobei mich etwas gestört hat, das leider bei so ziemlich jedem Autor zum Tragen kommt und daher diesem Buch speziell nicht angerechnet werden kann: Müssen die Personen, um intensiver wahrgenommen zu werden oder auch um die Lesersympathie zu erhaschen, denn jedesmal mindestens eine bis zehn Tragödien hinter sich haben und dann noch mit einer weiteren kämpfen? Maguire hat ja schon genug damit zu tun, echte Anerkennung für den Job zu bekommen, den sie macht und nicht nur als Quotentrine ohne Ahnung hingestellt zu werden. Schönes Frätzchen für die Presse und nix dahinter. Dagegen kann sie kaum genug Erfolge bei Verhaftungen erreichen, um ihre Reputation als Polizistin zu untermauern. Und ihr ureigenes Trauma mit dem Tod ihres Kindes, dessen Folgen sie besser verbirgt als ihr Gatte, geht auch nicht spurlos an ihr vorbei. Und gerade der Gatte, der sie unterstützen sollte, macht ihr das Leben noch schwerer, nutzt dabei den Tod des Kindes als Ausrede für seine Ausflüge in die Illegalität. Dadurch wird sie auch noch gezwungen, sich mit einem der führenden Bosse der Gegend auf einen Deal einzulassen, um ihren Mann Paul vor größerem Schaden zu bewahren. Nicht gut, einem solchen Mann einen Gefallen schuldig zu sein. Dieser Part wiederum passt hervorragend in die Szenarien, die man von Polizeiarbeit in kleineren Städten weltweit kennt, wo man sich irgendwie arrangieren muss und lebt und leben lässt. All das passiert auf dem Weg zu der Klärung des Falles, der plötzlich auch einen schönen und kalten Schauer des Übernatürlichen völlig unaufdringlich Einzug halten lässt (Jetzt wäre das "nahezu" auch erläutert.) und die schon erwähnte Konspiration der britischen Regierung im 1. Weltkrieg als eine erbärmliche und menschenverachtende Aktion zumindest theoretisch in den Raum stellt.  Insgesamt ein guter Thriller, der Platz für mehr hat, aber gegen Ende schon gut aufträgt. So darf die Reihe gerne weitergehen. 7,5 von 10 wäre er mir schon wert, der Roman von Graham Masterton aus dem Festa-Verlag..

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