Montag, 16. Januar 2017

Buchreview "Mit aller Gewalt" M. Greaney für T. Clancy

Mark Greaney für Tom Clancy Estate. Eine nordkoreanische Interkontinentalrakete stürzt ins Japanische Meer. In Ho-Chi-Minh-Stadt wird ein CIA-Offizier ermordet. Die Teile des Rätsels liegen offen da, die Lösung beansprucht aber Zeit. Zeit, die Jack Ryan nicht hat. Der neue große Tom Clancy mit "Starbesetzung". Ei, sin mer hier beim Film, odder wos?

In Saigon beobachten Clark, Ding, Sam und Jack jr. einen ehemaligen CIA-Mitarbeiter, der Geheimnisse und neue Pässe verkaufen will. Bald tritt eine Blondine an seinen Tisch, die Jack jr. richtig ins Schwitzen bringt. Das Treffen aber scheint irgendwie den falschen Ausgang zu nehmen, da die Frau sich rasch zurückzieht und der Ex-Agent ebenfalls ein Manöver zur unbemerkten Flucht vollzieht. Was der aber nicht sieht, fällt seinen Beobachtern auf - vier Mann auf Motorrädern verfolgen ihn und scheinen nicht freundlich gesinnt. Da die Amerikaner noch Informationen von dem Mann benötigen, eilen sie ihm zu Hilfe. Das geht nicht ohne Gewalteinsatz ab und bald werden auch Schußwaffen eingesetzt. Der vermeintliche Kurier wird schwer verletzt und kann nur noch ein paat Worte hauchen, bevor er verstirbt. Auch die Verfolger müssen Federn lassen und die Überlebenden flüchten. Laut John Clark waren es wohl Nordkoreaner. Und dort ist vor einiger Zeit der große Führer verstorben und nun hat sein Sohn das Sagen. Und der will den Amerikanern Atomraketen an die Westküste schicken. Sehr von Vorteil ist da die Entdeckung von einer Mine Seltener Erden. Bisher haben sie bei der Ausbeutung von Minen Unterstützung aus China gehabt, doch in diesem Fall will der neue Führer nicht teilen und jagt die Chinesen aus dem Land. Das Geld für den Abbau holt er sich bei einem reichen Kartellmexikaner und weitere Unterstützung kommt von Sharps Global Intelligence Partners aus den USA. Früher hat die Firma für die Vereinigten Staaten gearbeitet, nun für Jeden, der zahlt. Mit reichlich Druck sorgt der nordkoreanische Führer dafür, dass seine Leute in Windeseile am Projekt arbeiten, doch jetzt haben die USA erste Fährten aufgenommen und mit dem Einschlag der Rakete im Meer verbunden. Er muss sie aufhalten und wählt dazu einen Termin des US-Präsidenten Jack Ryan sr. in Mexiko. Mit einem Anschlag soll der aus dem Weg geräumt werden. 

Also haben wir hier laut Klappentext einen Thriller mit "Starbesetzung". Nun, die "Stars" der frühen Werke um Jack Ryan sr. sind tatsächlich noch um ihn versammelt, sollen vermutlich noch eine gewisse Verbundenheit des Lesers mit den neuen Wegen, die man einschlug, seit Mr. Clancy nicht mehr selbst verfasst hat, was den Amerikanern an Feinden droht. Mit Mark Greaney hat man sich einen Co-Autor geholt, der bewiesen hat, dass er solo weitaus besser ist, als in ein vorgegebenes Konzept eingezwängt zu werden (Wird wieder Zeit für einen neuen Gray Man, Herr Festa.). Auch diesmal bleibt er am Puls der Zeit (verfasst 2014) und baut geschickt aktuelle Konflikte in die Handlung ein, nennt einige Brennpunkte des Weltgeschehens. Dabei bringt er auch wohltuend altmodische Spionagearbeit mit den modernen Methoden zusammen und baut die Story, in der diesmal auch der alte Jack Ryan als Präsident wieder präsenter (Okay, das musste einfach sein) ist und nicht nur eine Randfigur, langsam auf, verknüpft nach und nach Fäden. Die politischen Gegebenheiten werden in ein Abenteuer eingeflochten, das nach zwei Dritteln dann auch mal so richtig Action und das Können des Mark Greaney aufblitzen lässt und mich an Elemente aus "Der Schattenkrieg" erinnert. Von dieser fulminanten Action hätte das Buch durchaus mehr vertragen können. Nicht, dass es jetzt ultralangweilig gewesen ist, aber hier und da noch den einen oder anderen Knaller hätte es vertragen. Spannung und auch Emotionen sind dennoch in akzeptablem Maß vorhanden, die Darstellung des Nordkoreaners vielleicht etwas dick aufgetragen, dass er mich fast an die "armen Schweine" in dem Film "Borderland" erinnerte, der bei uns als "Covert operation" erscheinen wird. Da wurden sie nämlich der Lächerlichkeit preisgegeben, was dem Film ebenso schadete wie es hier der völlig überzeichneten Figur des nordkoreanischen Führers keinen Gefallen tut - und somit auch seinen Gegnern. Da war besonders der Mexikaner ein anderes und ernstzunehmendes Kaliber. Dass wir seit etlichen Jahren - seit "Im Auge des Tigers" 2003 - keinen echten Tom Clancy mehr zu lesen bekamen, ist ja nun hinlänglich oft von mir thematisiert worden und daher lasse ich auch jetzt einen Vergleich bleiben. Von den nicht immer genannten Co-Autoren ist meines Erachtens Mark Greaney bisher die beste Wahl. Bald kommt mit Mike Maden ein weiterer hinzu und ich will ihn nicht schon im Vorfeld madig machen. Was aber wirklich negativ auffiel, waren die verflucht vielen Fehler, die man hier anscheinend nicht bemerkt hat. Also für rund 27 Euro kann man schon ein gutes Lektorat und Qualitätskontrolle erwarten, aber wie überall kümmern sich die Marktführer nur dann um die Kunden, wenn die ihnen kein Geld bringen. Ansonsten gehen die ihnen nämlich am Arsch vorbei. Wer sich für das Werk interessiert, macht mit dem Erwerb nicht wirklich was falsch, wenn er einen brauchbaren Thriller im oberen Bereich des Mittelmaßes für gut genug befindet. ABER er sollte auf das Taschenbuch warten und nicht den Preis für eine gebundene Ausgabe voller Fehler zahlen. Hätte ich früher derartig viel Kohle für meine schulischen Fehlleistungen erhalten, wäre ich heute vermutlich Milliardär.

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