Montag, 13. März 2017

Buchreview "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten" D. Friedman

Daniel Friedman.  Buck Schatz sitzt am liebsten auf dem Sofa, raucht eine Stange Lucky Strike am Tag und schaut Fox News. Das Einzige, wovor er noch Angst hat, ist das Seniorenheim. Bis ihm sein ehemaliger Kriegskamerad Jim auf dem Sterbebett beichtet, ihr Peiniger, der Lageraufseher Heinrich Ziegler, habe doch überlebt und sei in einem Benz voller Nazigold geflüchtet. Obwohl Buck den Polizeidienst schon vor Jahren an den Nagel gehängt hat, macht er sich auf, eine alte Rechnung zu begleichen.

Von seiner Frau Rose bekommt Buck, vor dem Fernseher sitzend, Lucky an den Lippen, Qualm um ihn herum, die Nachricht, dass sein früherer Kamerad im Kampfe, Jim, im Hospital im Sterben liegt und ihn noch einmal sehen will. Buck zeigt sich bockig und will da nicht hin, doch Rose überredet ihn. Als er den dahinsiechenden Körper von Jim sieht denkt Buck - an sich. So will er nicht enden. Er will gerade wieder die Fliege machen, da ertönt leise Jims Stimme. Er muss Buck unbedingt noch etwas mitteilen. Er, Jim, hab den ehemaligen Lageraufseher Ziegler nicht nur gesehen, er habe ihn damals auch gegen Übergabe eines Barrens Gold mit einigen weiteren dieser glänzenden Dinger mit dessen Benz weiterfahren lassen. Dann stirbt Jim. Obwohl Buck nichts mit der Sache zu tun haben will, lässt es ihm keine Ruhe. Zudem hat Jim wohl noch einigen anderen Personen die Geschichte mit dem Gold gebeichtet. Plötzlich bekommt Buck mehr Besucher als er die letzten zehn Jahre zusammen hatte. Und jeder wittert Reichtum. Und der Polizist, an dem sich Buck wendet, kann ihn schon mal gar nicht leiden. Mit seinem Enkel, der sich Tequila nennen lässt und damit die Vorlage für einige Frotzeleien gibt, macht er sich auf, den alten Peiniger zu finden. Leider lässt die Gier nach dem Gold auch einige Herren ihre guten Manieren vergessen und es bleiben diverse Leichen zurück, die zudem ihre Eingeweide betrachten können. Aber einen echten Schatz ficht das nicht weiter an. 

Von der körperlichen Figur her, würde es vielleicht nicht ganz passen (aber hey, man konnte ja auch Tom Cruise zu Jack Reacher machen), aber das hier wäre die ideale Vorlage für einen Film von Clint Eastwood mit Clint Eastwood in einer Produktion von Clint Eastwood. Ein alter Knurrhahn Mitte 80, der sich einen Teufel drum schert, was die restliche Menschheit außer seiner Frau Rose von ihm denkt und der mit diesem ganzen politisch korrekten Kram und der idiotischen, staatlich verordneten Gesundheitswelle so rein gar nix anfangen kann. Krankenhaus - wird geraucht, Kirche -  nervt, wird mehr geraucht. Und soll ihn bloß keiner drauf ansprechen. Buck hat eine Kodderschnauze mit heftigen Bemerkungen, dass es eine wahre Pracht ist. Nicht dass er immer recht hat, aber zugeben sich zu irren - nicht Buck. Er ist schlagfertig, mit bitterbösem Humor gesegnet. Hat diverse Freuden aufgegeben (hatte "zu Reagans Zeiten seinen letzten Steifen"), plagt sich mit Demenz herum, ist kurzsichtig und hackt liebend gerne auf seinem Enkel herum. Die Krimihandlung, die der Autor um Buck herum aufgebaut hat, ist für einen normalen Fall durchaus nicht schlecht, aber ehrlich - sie ist überflüssig. Der grantelnde Miesepeter Buck ist der wahre Schatz in diesem Buch. Wenn er sich über Google, DNA, DVD und ähnliches Zeug auslässt, ist Humor angesagt. Grummelnd versprüht die Hauptfigur einen Charme, den viele der Protagonisten aus den kübelweise auf den Markt geworfenen Profiler- oder Psychothrillern zusammen nicht erreichen könnten. Die Bonmots, die er so von sich gibt, haben es aber auch in sich. "Wenn man die Chance hat nichts zu tun, dann sollte man sie ergreifen." Oder: "Ich mag meine Mitmenschen. Ich kann sie nur nicht ausstehen." (Da lassen Reddie oder Procy durchaus grüßen, gelle?).  Ein bisschen Spannung und Thrill, sogar etwas Gewalt, die Alterchen aber gut im Zaum hält, wie eine Krankenschwester gegen Ende des Buches trockenen Spruches erfahren muss. Das Buch ist ein Schatz mit einem Schatz auf der Jagd nach einem Schatz. Flott und auf jeden Fall lustig genug, um es kaum zur Seite legen zu wollen. Durch die 320 Seiten um einen alten Knurrhahn ist man flugs durch. Und dass man hier mal wieder mit dem Nazi-Thema konfrontiert wird, nervt nicht. Es gibt sogar eine Erklärung, warum die alle immer wieder mit dem Mist anfangen. 😁 Als Buchtipp für einen amüsanten Leseabend und wenn man mal nicht die Lieblingsverlage wie Festa, Luzifer, Voodoo-Press oder Atlantis fürs Freizeitvergnügen bevorzugt, ist "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten" allemal ne Menge wert.

2 Kommentare:

Michael hat gesagt…

Hui, liest sich gut. Ich glaube, den gibts im Hugendubel umme Ecke auch grade im Krabbeltisch.

Anonym hat gesagt…

Kann sein. Taschenbuchausgabe ist von 2015. Hab es halt erst jetzt entdeckt. Juni oder Juli soll ein weiteres kommen. "Der Alte, der die Rache liebte". Ist schon auf der Orderliste.

Gruß
Harry