Montag, 6. März 2017

Buchreview "Falsch" G. Schilddorfer

Gerd Schilddorfer. Eine gnadenlose Jagd über die Kontinente und durch die Jahrzehnte. Ein blutiger Überfall im kolumbianischen Dschungel. Drei kodierte Botschaften, von Brieftauben in die Welt getragen. Ein Vermögen als Lohn für die Entschlüsselung der Nachrichten. Der Abenteurer und Pilot John Finch macht sich in Begleitung der attraktiven Fiona Klausner und einer bunt zusammengewürfelten Truppe auf den Weg nach Europa, um ein spektakuläres Geheimnis aus der Nazizeit zu ergründen. Es beginnt ein gnadenloser Wettlauf gegen übermächtige Gegner. Quelle - Amazon.

In Russland im Jahr 1917 - Oktoberreolution - beginnt der Anfang vom Ende der Romanovs und Samuel Kronstein, Diamantenhändler und Vertrauter des Zaren, kann sich mit Bestechung und Verhandlungsgeschick in den Westen absetzen. 2010 im Dschungel Südamerikas wird ein kranker alter Mann von einigen gut bewaffneten Banditen überfallen. Doch bevor diese ihm mit Fragen und hartem Verhör zusetzen können, lässt er drei Tauben in die Lüfte steigen, die einen schon vor ewigen Zeiten ausgetüftelten Plan ins Rollen bingen sollen. Drei seiner ehemaligen Freunde werden die Tauben in Empfang nehmen und ihnen die Nachricht in einem Röhrchen vom Fuß entfernen, damit sie damit beginnen können, das auszuführen, was sie in ihrer Vergangenheit geplant hatten. Im selben Jahr arbeitet der Student Christopher als Loader am Münchner Flughafen, um sich damit sein Studium zu finanzieren. Eh nicht mit Reichtümern gesegnet wohnt er in einem VW-Bulli in der Tiefgarage bei seinem Arbeitsplatz, lässrt sich von einem Kumpel mit von Kunden abgelehnten Pizzas durchfüttern und ist sich seiner misere durchaus bewusst, denkt aber nicht wirklich daran aufzugeben. Und in Medellin geht der Sicario zwar in seinem Beruf auf, nimm sich aber auch eines jungen Taschendiebes, der stumm ist, auf der Straße lebt und dennoch kochen kann wie ein junger Gott, an, was sich bald als Segen für ihn erweisen soll. All diese Personen werden in die Suche nach etwas verstrickt, von dem sie gar nicht wissen, was es ist. Dazu kommt dann der alte Pilot Jon Finch, ein Abenteurer von Schrot und Korn, der von einem der Beteiligten engagiert wird, sich der Sache anzunehmen. Als Aufpasser(-in) bekommt der noch die Tochter seines neuen Bosses mit auf den Weg. Damit nicht genug: bald mischen noch der britische Geheimdienst und ein japanischer Sammler von Memorabilien aus dem Zweiten Weltkrieg mit. Und all diese unterschiedlichen Figuren gehen auch mit unterschiedlichen Methoden an die Sache heran. Da werden schon bald Kugeln fliegen, waghalsige Flugmanöver vonnöten sein, wilde Verfolgungsjagden inszeniert sowie krachende Explosionen die Suche nach etwas zu stören, von dem keiner so richtig weiß, was es denn ist.

"Falsch" ist ein Abenteuerroman, wie man ihn vielleicht auch einem Clive Cussler in Höchstform und ohne seine NUMA und Dirk Pitt zutrauen könnte. Ein Prolog, der in der Vergangenheit spielt und dessen Auswirkungen sich bis in die Gegenwart spüren lassen. Ein Protagonist nahe der 70, der seine Abenteuerlust nicht zügeln kann und schon im Algerienkrieg im Einsatz war, was der Autor auch nutzt, um auf Verfehlungen Frankreichs in diesem Zusammenhang aufmerksam zu machen. Heute wirken diese noch schwer nach. John Finch, leidenschaftlicher Flieger, Abenteuerer, Part-Time-Mercenary und ungebändigt, ist die Hauptfigur des Buches und dennoch dreht sich nicht alles um ihn. Auf verschiedenen Kontinenten und etlichen Nationen werden immer mehr Personen mit den Gefahren verbunden, die die Hinweise der Tauben bzw. der Behälter an den Beinen der Tauben mit sich bringen. Rätsel sind zu lösen. Klingt wie eines dieser pseudospannenden Machwerke eines Dan Brown, die vor Fehlern und Lustlosigkeit in letzter Zeit nur so strotzen. In der Hinsicht kann ich beruhigen: Auch wenn nicht alles Gold ist, was da glänzt und schimmert, besser als Brown oder auch seit Jahren Cussler ist es allemal. Gut getimte Action, exotische Locations und westliche Gierpralen hier aufeinander und wenn der geneigte Leser wissen will, was es mit dem Ganzen nun wirklich auf sich hat, muss er die Lektüre schon beenden. Spannend erzählt, verknüpfen sich bald Vergangenheit und Gegenwart miteinander, treten Russen, "Alt"-Deutsche, Südamerikaner, Auftragskiller von Schweizer Gierbankern (hier bekommt das System der Schweiz auch einige Seitenhiebe zu spüren), Engländer, Amis und Japaner gegeneinander an. Die Charakterzeichnung ist recht ausführlich, die Figuren recht gut ausgeleuchtet. Und hin und wieder schleichen sich echte Abenteuerfilm- und -roman-Klischees ein, die aber nicht überhand nehmen. Humor bringt ein Papagei mit ein, der sich als Labertasche entpuppt und die Situation mit den alten Schiffskanonen wäre schon allein eine Verfilmung wert. Packend, hin und wieder gar mit Denkanstößen, teilweise richtig mitreißend, aber auch etwas ruhiger und eben spannende Unterhaltung, wenn es darum geht, was denn nun hinter alledem steckt. Bei rund 670 Seiten gibt es hin und wieder eine kleine Durststrecke, muss man auch mal bei den vielen Figuren etwas nachhaken, doch insgesamt überwiegt der Lesegenuss. Im Vergleich zu den beiden von mir genannten Autoren und deren aktuellen Outputs hat Gerd Schilddorfer die Nase vorn.

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