Mittwoch, 19. April 2017

Buchreview "Geld ist nicht genug" W. Stroby

Wallace Stroby. Metallteile und Plastik schlittern über den Asphalt. Volltreffer. Crissa Stone hebelt den Geldautomaten mit der Schaufel eines Frontladers aus der Verankerung und balanciert die Beute auf die Ladefläche ihres Pick-ups. Sie liebt saubere Lösungen. Crissa hat das System des Bankraubs perfektioniert, aber ihre Partner verlieren die Nerven. Gangster, die sich gegenseitig umbringen wie unprofessionell. Zum Glück wartet schon ein neuer Job: Ein verstorbener Mafiaboss soll die Millionen eines Raubs jahrelang versteckt haben. Leider ist Crissa nicht die Einzige, die es auf das Geld abgesehen hat. Sie gerät zwischen die Fronten und muss fliehen: Vor dem Gesetz und einer Mafia-Gang aus New York.

Crissa Stone hat den Geldautomaten mit ihren Kollegen sicher in eine Scheune in einer ruhigen Ecke gebracht. Man macht sich daran, ihn gewaltsam zu öffnen und die Beute aus ihrem Gefängnis zu befreien. Nach der Zählung sind eigentlich alle zufrieden, doch dann brechen gewisse Ressentiments zwischen den Partnern von Stone aus dem bisher behüteten Innenleben der Männer aus. Als dann das Wort Nigger fällt und die Pistolen sprechen, ist Crissa Stone auf einmal alleine für die Beute verantwortlich. da sie mit diesen Geldautomaten-Jobs eh aufhören wollte, weil es mittlerweile doch ein zu gut zu erkennendes Muster gibt, schnappt sie sich die Kohle und dampft ab Richtung Norden. Dort will sie erst einmal Gras über die Sache wachsen lassen,mit ihrem Mittelsmann und Anwalt sprechen, der ihr die Jobs besorgt und Geld für ihren Wayne im texanischen Knast aufwendet, um ihn zu beschützen und vielleicht eine Bewährung durchzusetzen. Da ihr Geld, das sie mitgebracht hat, möglicherweise heiß ist, muss es gewaschen werden und damit wird es auch weniger. Und sie benötigt eine Menge Geld, um für Wayne zu sorgen. Also hört sie sich an, was ein gewisser Benny zu sagen hat. Er war als Gehilfe für eine Kern-Crew tätig, die den berühmten Lufthansa-Raub 1978 durchgezogen hat. Nach dem erfolgreichen Coup ging es aber bald rund in der Stadt. Immer mehr Mitwisser und Täter starben und es ist kaum noch einer übrig, der über die Sache Bescheid weiß. Auch Benny kann anhand seiner wenigen Informationen nur Vermutungen anstellen, doch die scheinen gut zu sein. Bald erweist sich, dass wohl etwas dran ist, da auf einmal auch die Mafia - längst nicht mehr die Organisation, die sie 1978 war - ihre gierigen Pfoten auf das Geld legen will. Und dadurch wird der Coup plötzlich von schwierig zu mörderisch gewandelt.

Die Reihe um Crissa Stone ist das Gegenteil der hier sonst üblichen Actionlektüre und unterscheidet sich auch in einigen Punkten von Richard Starks "Parker"- Romanen. Diese Berufsverbrecherin agiert nicht ganz so kalt und skrupellos wie deren Protagonist, was aber nicht heißt, dass sie jetzt eine Gaunerin mit Heiligenschein ist. sicher, der Grund für ihre derzeitigen Raubzüge ist ein halbwegs ehrenvoller, da sie für Wayne und ihre Tochter, die bei einer Kusine lebt und diese Mama nennt, sind, aber sie ist und bleibt eine Verbrecherin. Wenn auch eine mit Moral und Ehrencodex - bis zu einer gewissen Grenze natürlich nur. Benny dagegen ist ein Mann, der miterleben musste, wie sein Vater sich krumm schuftete, damit die Gauner in Anzügen nur noch reicher wurden als sie es eh schon sind. In der Hinsicht hat sich in der Realität wohl nicht viel gewandelt. Nur, dass die Gauner mittlerweile sämtliche Gesellschaftsschichten durchsetzen und sich vermutlich geeinigt haben, dass Politik, Recht und Gesetz und die Wirtschaftsbosse Hand in Hand arbeiten und den großen, 90-prozentigen Rest der Bevölkerung dafür bluten lassen. So blieb Benny irgendwie keine Wahl, eine anderen Karriereweg zu wählen. Menschliches Schicksal halt. Die ganze Aufräumaktion hat er nur überlebt, weil er im Zeugenschutz saß. Wieder eine Notwendigkeit. Auch Crissa und selbst die Mafiosi haben ihren Hintergrund, um so zu werden wie sie sind. Doch Wallace Stroby ist sich seines Genres bewusst, schreibt knapp, klar und präzise, kein Wort zuviel, kein umständliches Geschwafel um unnützes Zeug zu beschreiben. Schnell geht es zum großen Geld, schnell kommen auch die gebrechlichen Mafiosi hinter ihnen her und schnell weht der Pulverdampf durch die Seiten. Bald ist ihr voller Einsatz gefordert und sie erweist sich als Parkers Schwester, die aber etwas mehr Gefühl an den Tag legt ohne weich und schwach rüberzukommen. Hardboiled ist mittlerweile zu einer Rarität geworden, guter Hardboiled erst recht. Der Pendragon Verlag hat dem mit Crissa Stone Abhilfe geschaffen - und versprochen, auch die weiteren Romane von Wallace Stroby um seine Protagonistin in Deutschland zu veröffentlichen. Ich werde dabei sein, wenn sich die Buchbestellungen häufen. Im Nachwort von Alf Mayer gibt es dann Informationen zu und von WallaceStroby und dem Lufthansa-Heist.                           

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