Mittwoch, 12. Juli 2017

Buchreview "Die zweite Haut" R. D. Jahn

Ryan David Jahn. Simon hat einen Menschen getötet. In Notwehr hat er den Mann erschlagen, der nachts die Tür zu seiner Bude aufgebrochen und ihn brutal attackiert hat. Jetzt steht er atemlos über der Leiche und überlegt, was zu tun ist. Er zweifelt an seinem Verstand. Denn der Tote wirkt seltsam vertraut. Und Simon weiß auch, warum: Sein Angreifer ist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.

Simon legt am unteren Ende der Nahrungskette. Lahmarschiger Job, der wenigstens etwas Kohle in die Taschen bringt, ein paar Kollegen, die wenigstens hin und wieder mit ihm reden, eine Wonhung, die eine üble Absteige ist und nahezu null soziale Kontakte. Ein langweiliger täglicher Trott. Bis er eines Abends endlich leicht angeschickert Richtung Koje torkeln will und ein Einbrecher in plötzlich angreift. Er wehrt sich und tötet den Mann. Danach sieht er ihn sich etwas genauer an und muss feststellen, dass sie Zwillinge sein könnten. Dann packt ihn die Panik. Wohin mit der Leiche? Erst einmal ins Bad und ab in die Wanne. Doch mit dem Gedanken an die Polizei beschäftigt sich Simon nicht. Er schnüffelt jetzt lieber in dem Leben seines Angreifers herum. Ob das eine gute Idee war, wird sich noch weisen, denn plötzlich geschehen merkwürdige Dinge. Anrufe beim Chef, von denen er nichts weiß, Leute, die ihn ansprechen, die er aber nicht kennt. Immer mehr derartige Vorkommnisse eginnen ihn zu beschäftigen. Ein ermordeter deutscher Regisseur, ein totgefahrener Hund. Was geschieht um ihn herum?

Der Schreibstil ist recht simpel, aber noch weit von dem Gestammel und der Sprachverstümmelung gewisser deutsche Gerüchteblätter entfernt, lässt sich aber fast ebenso leicht lesen. Natürlich ist die Idee keine Weltneuheit, die das Storytelling revolutionieren könnte, aber interessant ist eine solche Konstellation allemal. Und mit Sicherheit zumindest für mich besser als der ganze Profilerkram oder die immer wiederkehrenden Serienkillermotive. Aber Geschmäcker sind halt verschieden. Ich zieh mir ja auch nach Möglichkeit jeden Actioner rein (Buch UND Film). Diese Jagd nach sich selbst, einem Doppelgänger oder irgendwelchen diffusen Hintergründen hat es mir auch irgendwie angetan. Also war der Erwerb des Buches schon vorprogrammiert. Jahn hat hier eine Welt geschildert, die trist und öde ist und einen Protagonisten bietet, der an sich selbst zu zweifeln beginnt - und das innerhalb der verzweifelten Situation, in der er sich befindet und die er durch Alkohol zu dämpfen versucht. Nach und nach wird die Geschichte komplexer, tragischer und unheimlicher. Aber leider ist doch bald ein Muster zu erkennen, dem man als Vielleser und/oder Filmbegeisterter schon mehrfach leicht variiert begegnet ist. Viele Charaktere gibt es nicht, der Leser behält den Überblick, aber wieder frage ich mich, warum der bei Heyne Hardcore erscheint. Das soll doch für etwas abseits des Mainstream sein. Gilt das schon für Autoren, die nur kurze, knackige Sätze mit etwas Gewalt, psychischer Problematik oder Sex (Laymon) würzen? Das Buch hätte, so wie es ist, auch im normalen Verlagsprogramm erscheinen können. Das ist jetzt keine Kritik am Buch direkt, aber am Verlag, der hier den Anschein erweckt, etwas wirklich besonderes vor sich zu haben. Ist es aber für mich nicht. Was des Einen sein Heyne Hardcore ist, würde der andere eher als Festa ultralight empfinden. Ein Thriller mit gewissem Tiefgang, der ganz okay ist, aber nicht wirklich der Reißer, auch wenn es etliche simplere Stoffe gibt da draußen in der großen Verlagswelt. 320 schnell zu konsumierende Seiten.

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