Sonntag, 31. Dezember 2017

Buchreview "Obsidian - Kammer des Bösen" D. Preston / L. Child

Douglas Preston/Lincoln Child. Special Agent Pendergast wird vermisst, vermutlich ist er bei seinem letzten Fall vor der Küste von Massachusetts ertrunken. Von Trauer überwältigt, zieht sich Constance Greene, sein Schützling, in dessen New Yorker Anwesen zurück. Kurz darauf wird sie von einem mysteriösen Eindringling entführt. Pendergasts Bodyguard Proctor jagt den Täter. Als er bemerkt, dass er zum Narren gehalten wurde, ist es fast schon zu spät.

Direkt zu Beginn warten die beiden Autoren mit einer absolut frischen, noch nie da gewesenen exzellenten Idee auf: Pendergast wird vermisst und für tot gehalten. Ein schier unglaublicher Kniff, der das Interesse an weiteren zu dieser tragischen Ausgangssituation passenden schlagartig weckt. Und man wird gut versorgt, denn schließlich taucht auch noch eine Person wieder auf, mit der geneigte Leser niemals gerechnet hätten. Da wird es sicher einigen den Atem verschlagen. Und Proctor bekommt endlich einmal den verdienten Schritt ins Rampenlicht, als er seine Jagd nach dem Bösewicht mit allen Mitteln (aus Pendergasts Schatztruhe) forciert und sich nicht aufhalten lässt. So hätte alles sein Können, hätte einem das Buch gefallen. 
War aber nicht so. Pendergast vermisst? Na sowas. Totgeglaubte tauchen wieder auf? Wie innovativ. Constance ist wie üblich aristokratisch hochnäsig dekadent und nervt. Proctor bekommt tatsächlich seine 15 Minuten Ruhm - und dann wird sein Handlungsstrang mitten in einer gefährlichen Situation abgebrochen und der Mann vergessen. Dass Pendergast überlebt hat, war eh klar, und wo er sich befindet, ist nur eine kleinere Episode am Rande. Danach konzentriert sich viel auf Constance und ihren Ent- oder auch Verführer. Man schwelgt im Stolz auf die eigene Intelligenz und Cleverness, die Bildung, das schickliche Benehmen, wechselt ständig die Meinungen und erfreut sich an der Beschreibung des Luxus und Dünkels, über dem normalen Pöbel zu stehen. D'Agosta wird mal wieder zum nützlichen Helferlein degradiert und tritt kaum auf, Pendergast lässt  wie selbstverständlich das gesamte FBI für sich arbeiten, statt selbst mal einen Fall zu klären (schon ewig her, dass er mal etwas in diese Richtung getan hat). Man erfährt zwar einige kleinere Hinweise auf sein früheres Dasein, aber diesen Hintergrund können richtige Actionautoren besser skizzieren. Nehmen wir - oder halt nur ich - Proctor und D'Agosta aus, sind die Charaktere einfach nur nervig. Raffiniert, subtil, emotional bewegend, nervenzehrende Spannung - sucht man sich besser woanders. Die Pendergast-Reihe begräbt sich selbst, auch mit der Wiederholung von ganzen Handlungssträngen aus früheren Büchern. Lasst euch mal was Neues, wirklich Erfrischendes einfallen. Holt einige eurer Figuren mal wieder aus Wolkenkuckucksheim auf den Teppich, lasst den Figuren mit Herz und Schnauze wieder mehr Raum. Bis dahin kann ich einem Kollegen namens JasonXtreme nur recht geben (selten genug), dass er einige Bücher der Reihe noch auf Lesehalde hat und es ihn wenig reizt, diesen Zustand zu ändern. Und wenn er den "Showdown" dieses Buches kennen würde, wäre es ihm eine wahre Freude, die Werke weiterhin mit Nichtbeachtung zu strafen. Von mir keine Empfehlung für dieses aristokratisch verschwurbelte Geschichtchen, das wirkt wie ein aufgeblasener Heftroman, den man mit sinnfreien und ausufernden Beschreibungen auf einen Umfang (450 Seiten) getrimmt hat, der den Preis für 19,99€ rechtfertigen soll.

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