Sonntag, 4. August 2013

Buchreview "Gun Machine"

Warren Ellis. Hinter einer mit High-Tech-Systemen gesicherten Tür in einem unscheinbaren Wohnkomplex an einer der ältesten Straßen Manhattans liegt mein Apartment, dessen Wände und Decken über und über mit Schusswaffen bedeckt sind. Mit jedem dieser Werkzeuge habe ich genau einen Mord begangen, und meine Sammlung ist noch lange nicht komplett. Ich bin der Jäger. Mein Revier ist Manhattan.

Tallow und sein Partner Rosato werden zu einer Adresse in Manhattan gerufen, weil dort ein nackter Mann mit einer Schrotflinte rumfuchtelt. Als sie dort ankommen, nietet der Nackte Rosato um, woraufhin ihn Tallow von seinem irdischen Elend erlöst. Doch er muss entdecken, dass der Mörder seines Partners vorher um sich geballert und dabei eine der dünnen Wände eines Apartments in Mitleidenschaft gezogen hat. Die Tür ist mit neuestem Sicherheitsmaterial verriegelt, doch durch das  Loch in der Wand kann Tallow massenweise Waffen an den Wänden sehen. Er ruft die Spurensicherung und die erweitert den neuen Zugang. Schon bald steht fest, dass die Waffen zu über zweihundert ungeklärten Morden in den letzten zwanzig Jahren gehören und die Vorgesetzten von Tallow sind wenig begeistert von der Aussicht, die Fälle nun wieder alle an der Backe zu haben. Statt dass er wie üblich nach einem Schusswechsel mit Todesfolge erst einmal beurlaubt wird, um die Sache zu untersuchen, wird er sofort auf die Fälle angesetzt. Mit zwei Kollegen vom CSU macht er sich an die Arbeit und stellt bald fest, dass manche der Waffen direkt aus der Asservatenkammer der Polizei stammen und jede Waffe eine gewisse Verbindung zur Tätigkeit oder Herkunft des Opfers hat. Der Jäger, dem nun seine Sammlung entwendet wurde, beobachtet die Ermittlungen und denkt bald darüber nach, wie er die lästigen Bullen loswerden kann. Doch er muss auch seinen Job erledigen, der weitere Morde fordert.

Hardboiled-Krimi trifft New Yorker Geschichte. In "Gun Machine" geht es nicht vordergründig um den Killer, sondern um Gier und Macht, um das, was sich Menschen antun, wie man bei jeder Autofahrt im ständig mitlaufenden Polizeifunk mithören kann. Warren Ellis skizziert schwarzhumorig ein New York, in dem schon die ersten Siedler aus Holland die Ureinwohner um Manhattan betrogen haben und zieht den Bogen zur heutigen Situation, nur dass die Holländer jetzt durch die Wall Street ersetzt wurden und die Ureinwohner sind jetzt der Rest der Welt. Die Polizei ist hier nicht der Freund und Helfer, der sich in den Bausatzkrimiserien wie "CSI" gemeinsam und erfolgreich an die Verbechensbekämpfung macht. Ja, selbst Tallow war bis zum Mord an seinem Partner ein sozial inkompetenter Faulenzer, der sich völlig desillusioniert von seinen Kollegen durchschleppen ließ. Und da er auf der Beliebtheitsskala ganz unten steht, muss er sich zur Hilfe auf zwei ebenfalls eher als Außenseiter zu titulierenden CSU-Kollegen verlassen wie den knurrigen und derbe Sprüche absondernden Bat und die lesbische Scarly. Geht es anfangs noch eher ruhig zu, steigert sich mit fortlaufender Handlung auch die Mordlust des Killers und tun sich Abgründe in der Gesellschaft auf, von denen keiner auch nur eine Ahnung hatte. Nebenbei wird auch die Privatisierung der Polizeidienste hart  hergenommen, denn wenn die Überwachungs- und Sicherheitsaufgaben in private Hände gelegt werden, um den Städten und Kommunen Geld zu sparen, werden sämtliche Informationen über die Bürger zum Allgemeingut, das windige Profiteure zu ihren Gunsten nutzen dürften. Zynisch und hart und seinem Debüt "Gott schütze Amerika" ebenbürtig. Und wer Warren Ellis noch nicht kennt, sollte dies schleunigst nachholen und wenn er sich nur den Film zu seiner Comic-Reihe "Red" mit Bruce Willis mal anschaut.     

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