Montag, 3. April 2017

Buchreview "Cold killing" T. Wood

Tom Wood aka Tom Tinshelwood. Victor ist Profikiller. Sein wahrer Name und seine Herkunft: unbekannt. Sein Perfektionismus: unerreicht. Für seine Auftraggeber beim britischen Geheimdienst ist Victor unersetzlich. Doch obwohl er bei der Arbeit keine moralischen Skrupel kennt, geht es Victor nicht immer um Geld. Manchmal geht es darum, das Böse zu eliminieren - Menschen wie Milan Rados. Der ehemalige Befehlshaber der serbischen Armee entkam dem Kriegsverbrechertribunal und errichtete in Belgrad ein kriminelles Imperium. Nun soll Victor auf seine Art für Recht sorgen.

Victor sitzt im Zug nach St. Petersburg, hat ein Abteil für sich, was ihm natürlich sehr entgegenkommt. Zeugen oder irgendwelche Störungen mag er nämlich gar nicht. Er ist hier, um jemanden für die Briten aus dem Verkehr zu ziehen. Dieser Mann hat sich von den Chinesen mit der berühmten Honigfalle sozusagen kapern lassen und Geheimnisse verraten. Erst aus Blödheit, später angeblich gegen Geld. Um unnötigen Ärgernissen vorzubeugen, lässt sich der Mann von Victor zu einem selbstverschuldeten Tod überreden. Während also der Verräter im Speisewagen seinen eigenen Tod inszeniert, geht Victor zu seinem Abteil zurück und wird von einem Mann angegriffen. Schnell erkennt er, dass hier ein Berufskollege am Werk ist und muss es auch heftig spüren. Beide kämpfen  mit allen Mitteln, aber es wird doch nur ein Unentschieden. Sie einigen sich unter Profis und gehen dann ihrer Wege. In England dann erhält Victor einen neuen Auftrag: Er soll nach Serbien, um dort in Belgrad den neuen großen Mann des Verbrechens zu eliminieren. Vor Ort muss er sich dem Objekt seines Auftrages langsam nähern, sich sozusagen durch die Hintertür einschleichen, um den Kerl irgendwann vor die Flinte zu bekommen. Ist bei einem Typen, der eine ganze Korona von willigen Helfershelfern der eher dumpfen Art um sich geschart hat und zudem noch von den Eliten um die Hauptstadt Beograd nicht nur gedeckt wird, sondern sie auch nit dem Gewünschten beliefert. 

Die Figur des Victor ist eigentlich faszinierend charakterisiert. Wo schon ein Sean Duffy bei Adrian McKinty in seinen Belfast-Romanen ständig unters Auto schauen muss, ob da nicht eine Bombe ist und in dieser Vorsicht nie nachlassen darf, besteht das gesamte Leben des Profikillers aus derartigen Maßnahmen. Er muss alles im Blick haben, die Leute einschätzen können, planen und ändern - im Minutentakt. Räume erkennen, mögliche Hinterhalte voraussehen, grundsätzlich mit Verrat oder einem Anschlag auf sein Leben rechnen, da er sich genug Feinde gemacht hat - trotz all seiner jahrelangen beruflichen Erfahrung. Und hin und wieder macht auch er mal einen Fehler oder liegt mit einer Einschätzung falsch. Daraus entstehen dann die Schwierigkeiten, die er bei einem Fall dann hat. Irgendetwas ist ihm entgangen, wurde ihm vorenthalten, ohne das er mit dieser Möglichkeit wirklich gerechnet hat - und schon sitzt er in der Bredouille. Da Victor die Figur einer Reihe ist, geht ein gewisses Quantum an Spannung natürlich flöten, da der Protagonist ja für weitere Abenteuer herhalten muss und daher eine weitere Existenzberechtigung schon im Vorfeld hat. Bei Victor ist es einfach die Art, wie er arbeitet, wie akribisch er vorgeht und wie kalt. Er ist einfach eine Figur mit fraglicher Moral, die auch absolut skrupellos vorgeht, wenn es in ihre Überlegungen passt. Ein Mord muss nicht wirklich nötig sein, Victor muss ihn nur für einen Vorteil für sich halten, das reicht schon. Dann ist er wieder da, der berechnende, eiskalte Hund, dem an niemand außer sich selbst wirklich etwas liegt. Eine völlig andere Figur als die sonstigen Sympathieträger, die auch immer eine gerechte Motivation für ihre Taten als Hintergrund bekommen, um sämtliche Aktionen als Taten für eine gerechte Sache zu rechtfertigen. Victor ist nicht so einer. Am nächsten käme ihm wohl als Einziger Charles Bronson in "Kalter Hauch". Nicht vom Aussehen, aber von der Arbeitsweise. Auch nicht Jason Statham in der neuen Version. Derartige Figuren sind in der Literatur für die Massen eher selten zu finden. Und Beograd muss nach anfänglichen recht netten Worten und Beschreibungen über Land, Stadt und Leute dann den Selbstverständlichkeiten einer Nation weichen, die durch den Krieg nur noch mehr ins Abseits geriet und schon beinahe als die neuen Nazis durchgeht. Gewalt gehört nun in ihr Leben, sie hat sie geprägt in den Zeiten des Krieges und sie wird beibehalten als ein Zeichen der Stärke. Ihr Credo? Wer kein Serbe ist, ist nichts. Hier ansässige Serben können das durchaus so bestätigen. Für mich ist das ein gelungenes Abenteuer um Victor. Düster, mit Cliffhangern gespickt und nicht so actionarm, wie man an manchen Stellen meinen möchte. Die 410 Seiten bringen Unterhaltung pur und sind flugs weggelesen.

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