Dienstag, 3. Oktober 2017

Buchreview "Dahmer ist nicht tot" E. Lee & E. Steffen



Edward Lee & Elizabeth Steffen. Im Juli 1991 fasste die amerikanische Polizei einen der teuflischsten Serienmörder der Geschichte - den Kannibalen Jeffrey Dahmer. Drei Jahre später wurde er im Gefängnis von einem anderen Insassen erschlagen ...
Doch kurz nach dem Begräbnis beginnt eine weitere kannibalistische Mordserie. Fingerabdrücke, DNA und modus operandi - alle Spuren führen zu Dahmer.
Die Ermittlerin Helen Closs ist sich sicher, dass es sich um einen perversen Nachahmer handelt ... bis in der Nacht ihr Handy klingelt und Jeffrey Dahmer selbst mit ihr redet.


1991 wird Dahmer geschasst, weil die Polizei von Nachbarn gerufen wird, die den Gestank nicht mehr aushalten, der aus dessen Wohnung dringt. Was die Beamten dort vorfinden, schlägt ihnen gewaltig auf den Magen. Und der perverse Sack leugnet nicht einmal seine Taten. 1994 sitzt Dahmer im Knast. Gehasst von allen Insassen des Baus. Warum der Arsch dennoch in den allgemeinen Vollzug will und nicht in eine separate Abteilung, bleibt allen ein Rätsel. Sie werden es auch nicht mehr lösen, da ein Mithäftling seine Chance nutzt und Dahmer regelrecht auslöscht. Danach wird die Leiche verbrannt. Nicht lange danach beginnt eine neue Mordserie, die alle Merkmale einer Dahmer-Tat aufweist. Die Ermittlerin Helen Closs will es nicht glauben. Dahmer kann nicht wieder aufgetaucht sein. Neben den Nachforschungen muss sie sich auch mit ihrem Privatleben befassen. Ihre Liaison mit Tom steht auf wackligen Füßen. Die Arbeitszeiten, die Anrufe in der Nacht, wenn wieder ein Einsatz ansteht, weil kürzlich eine Leiche gefunden wurde - das macht sich nicht gut für eine Beziehung. Dann kommen noch Kompetenzstreitigkeiten der Dezernate hinzu - und jetzt soll Dahmer wieder aktiv sein? Holy crap, was für ein Scheißfall. 

Edward Lee, König der Ekelgeschichten auf Abwegen? Mitnichten - er hat schon mehrfach bewiesen, dass er auch im Thrillermetier zu bestehen weiß. Dennoch vermute ich, dass bis auf die eine Nummer im Hause Closs der einfluss der Co-Autorin hier recht groß war. Schließlich ist Elizabeth Steffen ja Spezialistin für Serienkiller. Also auf zu einem echten Spannungsroman, der mit der Frage spielt, ob der irre Mörder tatsächlich noch lebt. Das führt zu diversen Hinweisen, Wendungen, Morden und verwischten Spuren. Neben ihrer Arbeit wird eine anscheinend tief verunsicherte und misstrauische Polizistin von den Vorgesetzten eher müde belächelt, als sie mit ihrer Theorie auftaucht, muss sich gegen eine in ihrer Vorstellung unfaire Rivalin behaupten und mit ihrem Liebhaber auf die Reihe kommen, den sie sogar beschattet. Klingt schwer nach dem Einfluss von Frau Steffen, diese Fokussierung auf das Innenleben (Okay, Herr Lee hätte das Innenleben auch schildern können, aber da wäre es mit den Eingeweiden ans Tageslicht befördert worden) und den Gemütszustand der Polizistin. Und ebenfalls nicht unerwähnt bleibt die Art der Medien, Tatsachen so anzupassen, dass sie bessere Schlagzeilen generieren und die Auflagen erhöhen sowie die Gier der Menschen nach morbiden Memorabilien (da streiten sich zwei Familienmitglieder um die Asche des toten Dahmer) und mediale Aufmerksamkeit, was einen extrem niveaulosen Ton in die Medien bringt. Und das war Mitte der Neunziger im letzten Jahrhundert. Heute ist das alles nur noch schlimmer geworden. Siehe TV-Programm, Political Correctness-Wahn, Denunzianten allerorten, Schwachmaten, die Rettungsgassen versperren, um Handy-Videos zu drehen, Figuren, die andere Menschen als "illegal" bezeichnen und nicht einmal das Wort richtig schreiben können und und und. Da waren die Autoren ihrer Zeit schon etwas voraus und haben wohl kaum damit gerechnet, dass es noch viel schlimmer werden würde. Als Thriller funktioniert das Buch auf jeden Fall recht gut. Der Leser bekommt immer mal wieder ein Häppchen vorgeworfen, um einen neuen Verdächtigen zu etablieren, nur um dann wieder eine Wendung zu kreieren, die in eine andere Richtung führt. Die Charaktere sind okay, die Schreibstil ist flüssig und ohne allzu fordernd zu wirken verfasst. Ganz unerwarteter Thrill, wenn man sich auf die sonstigen Outputs von Edward Lee konzentriert hat, aber beileibe nicht schlecht. Knapp 350 Seiten Psycho-Thrill ohne sonderlich großen Horroranteil, der zu unterhalten weiß.      

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