Dienstag, 19. Januar 2016

Buchreview "Gun street girl" A. McKinty

Adrian McKinty. Belfast, 1985. Waffenschmuggel an den Grenzen, Aufstände in den Städten, üble Popsongs im Radio.Der ganz normale Alltag für Sean Duffy, der sich als katholischer Bulle in der protestantischen Royal Ulster Constabulary durchschlagen muss. Als ein wohlhabendes Ehepaar ermordet wird und weitere Opfer nicht lange auf sich warten lassen, manövirert sich Duffy in einen Fall, der ihm mächtige Gegner beschert. Zu mächtig vielleicht.

Nacht, Dreckswetter, Strand - und diverse Einheiten von Strafverfolgungsbehörden, die nur darauf warten, dass ein Boot anlandet. Unter ihnen auch Sean Duffy, dem das ganze Heckmeck der einzelnen Dienste schon wieder zuviel ist und der lieber abhauen und sich in die Koje hauen würde. Und dann taucht aus dem Nieselregen ein Boot auf, besetzt von recht schusseligen Typen, die mit amerikanischem Akzent fluchen und von Booten nicht die geringste Ahnung zu haben scheinen. Als sich alle gemeinsam auf die Brüder stürzen, sieht Duffy seine Chance gekommen und setzt sich ab. Zu Hause ist er kaum angekommen, da wirft ihn ein Anruf wieder ins beschissene Bullenleben. Sein Boss verlangt unbedingt nach ihm. Die Reise geht in einen Feudalpuff, in dem auch die politische Elite ein- und ausgeht und den man nicht auffliegen lassen darf. Der Typ, den sie wegen ungebührlichen Benehmens einer der Damen gegenüber in der Mangel haben, ist so ein hoher Beamter. Einer der "Rühr-mich-nicht-an"-Kerle. Sie nehmen ihm die Kohle für den angerichteten Schaden ab und Duffy schnappt sich auch nen Beutel Koks, der dann um seinen Anteil verringert im Tresor auf dem Revier eingeschlossen wird. Endlich Ruhe - bis einige Stunden später ein Dopplemord gemeldet wird. Reiches Ehepaar tot - wie bei einer Hinrichtung. Sohn vermisst. Wird schnell der Hauptverdächtige, da in Waffenhandel verstrickt. Und sehr schnell wieder gestrichen, da er von einer Klippe gehüpft ist und nen Abschiedsbrief hinterlassen hat, in dem er die Morde gesteht. Also kein Verdächtiger mehr, der Täter. Fall geklärt? Nope. Jetzt geht es erst richtig los. Hätte Duffy auch nur ansatzweise geahnt, was nun auf ihn zukommen würde, er hätte sich freiwillig suspendieren lassen. Und dann muss er auch nach England. Nach Oxford, um Elitelümmel zu verhören. Verbindungen zu überprüfen, neue Zeugen zu befragen und mit weiteren Verdachtsmomenten wieder zurückzukehren.

Zitat: Eine ordentliche Tasse Tee, Mrs. Campbells Schwarzwälder, Bayer-Kokain - Mittagessen für Helden. Zitat Ende. Dazu noch der Ärger über die miesen Led Zeppelin-Plagiatoren, die die Radiostationen unsicher machen (ob er da Lenny Wolf und sein Stone Fury meint?). Dazu kommt das tägliche Einerlei: Alkohol, immer untern  BMW gucken, dass keiner ne Bombe dort platziert hat und als Neuerung ein bisschen Koks abgegeriffen. Der Autor macht den Nordirland-Konflikt wieder lebendig, lässt seine Protagonisten mit viel trockenem Humor und noch mehr Alkohol den Sumpf der politischen Seilschaften erkunden und die Mauscheleien nach und nach aufdecken. Aber bestraft wird damals wie heute keiner. Man schaue sich die Regierung Thatcher an, was die damals alles ausgeheckt hat und vergleiche mit der Nachrichtensperre bzw. der Steuerung welche Nachrichten den Bürgern "zugemutet" werden können und wie mündige Bürger von ihren gewählten Volksvertretern mundtot gemacht werden. Meinungsfreiheit bye bye, Eid bye bye, für das Volk - von wegen. Nicht nur in Großbritannien oder während des Konfliktes. Nönö, davon sind auch andere sogenannte Rechtsstaaten betroffen, die sich irgendwie zu genau den Unrechtsstaaten mausern, die sie früher angeblich bekämpft haben. Überall dasselbe. All das ummantelt von einem der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Nordirlands und so einiger anderer souveräner Staaten, die sich mit ihren Tricks ihre Macht erhalten. Da ist bald die Rede von Iran-Contra, Waffenschmuggel der USA, der patriotischen US-Iren, zu denen auch die großen Kennedys immer gehört haben, an deren (unverdienten) Heiligenschein aber keiner kratzen darf. Für seinen neuen Thriller um Sean Duffy, den katholischen Bullen in protestantischem Umfeld, wählt Adrian McKinty eine schnoddrige Sprache, teilweise fiesen Humor, stellt seinem Protagonisten einen typischen Sergeanten-Haudegen an die Seite und wirbelt viel politischen Unrat auf und ist weit entfernt von den üblichen Bullen mit Weichspüleffekt. Duffy ist ein vielschichtiger, nicht wirklich zu durchschauender Charakter in einer düsteren Atmosphäre des Terrors, in der jeder Tag der letzte sein kann. Unruhen, Krawalle, politsche Provokationen aus dem "Mutterland". Cool, gut, aber mittig etwas zu sehr nur auf den Humor bedacht. Da passiert dann etwas wenig. Nicht dass es jetzt schlecht wäre, aber halt auch keine Offenbarung.

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