Freitag, 11. November 2011
Buchreview "Damned united"
David Peace. Damned United erzählt mit schwarzem Humor die Geschichte von Brian Clough und seinen 44 unglücklichen Tagen als Trainer des englischen Erstligisten Leeds United. Im Jahre 1974 übernimmt Clough den Job, der sich in einen Alöbtraum verwandelt als er sich mit Teilen der Mannschaft und dem Vorstand überwirft.
Leeds war im englischen Fußball in den frühen 70-ern derart dominant wie heutzutage Manchester United, nur ohne die Hilfe von finanzkrftigen Selbstdarstellern, die sich als Hobby nern Fußballclub gönnen. Als deren Trainer dann zum Coach der Nationalmannschaft ernannt wird, die soeben die Qualifikation für die WM in Deutschland (WEST) verpasst hat, da sie Polen nicht schlagen konnte, muss ein Nachfolger her. Man wählt Brian clough aus,obwohl man um die tiefliegende Rivalität zwischen diesem und seinem Vorgänger wusste, aber Clough und sein Co-Trainer Peter Taylor hatten auch die Referenz vorzuweisen, 1972 mit Derby County, das sie Jahre zuvor über die Meisterschaft der zweiten Liga in die oberste Spielklasse geführt hatten, die Meisterschaft gewonnen zu haben. Da sich der neue Trainer in der Vergangenheit äußerst oft und extrem heftig über die Spielweise von Leeds und den Trainer Don Revie beschwert hat, wird ihm an seinem neuen Arbeitsplatz von sämtlichen Angestellten wenig Sympathie entgegengebracht. Die Mannschaft um den schottischen Superstar Billy Bremner bringt Clough und seinen Co-Trainer und für deren Neuverpflichtungen nur Verachtung entgegen. Der Spießrutenlauf für Clough beginnt. Mannschaft, Vorstand und Fans gegen sich.
Eine Episode aus dem englischen Fußballgeschehen, die damals an mir Jungspund völlig vorbeiging. Sicher sind mir die Namen Clough, Bremner, Keegan und die genannten Vereine damals wie heute ein Begriff, aber an die 44 Tage in der Hölle kann ich mich nicht mehr erinnern. Peace macht daraus eine Geschichte, die die tiefdunklen Seiten des Fußballgeschäfts zeigt (übrigens galt damals ein Wochenverdienst von 250 Pfund - 1500 DM - als Spitzengehalt). Neben der Leidenszeit (?) des Trainers kann man auch deutlich erkennen, wie sich der Fußball und seine Protagonisten bis heute verändert haben. Im jetzigen Medienzeitalter zählen nicht mehr ganze Kerle und deren Leistungen auf dem Platz, auch wenn es damals schon die eine oder andere Diva gab und die Medien ums Gelände huschten, sondern nur noch die reinen geldgierigen Selbstdarsteller, die zufällig noch mit etweas Talent gesegnet wurden. Die neue Medienlandschaft und deren Interesse, sämtliche Nichtigkeiten werbe- und kommerzwirksam unters mit sinkendem Niveau gesegnete Volk zu bringen, tragen natürlich auch ihren Teil dazu bei. Und um die Geldmaschine am Laufen zu halten und die Kassen immer mehr klingeln zu lassen, spielt jeder das idiotische Spiel mit, in welchem der Fußball fast schon nicht mehr im Mittelpunkt steht. 1974 war es noch anders, nicht ganz so auf den reinen Kommerz und die Nebensächlichkeiten oder Befindlichkeiten der TV-Sender fokussiert, die ja mittlerweile liebend gerne den gesamten Fußball ändern würden, um mehr Werbung unterbringen zu können (Drittelpausen und ähnlichen hirnverbrannte Vorschläge). War es besser? Quien sabe? Aber Maulkorberlasse, Psychobetreuer für weinende Spieler, Rundumversorgung bis hin zum Hintern abwischen, weil die Buben den sonst nicht finden würden, Medienkunde und Sprachunterricht für die Angestellten waren damals noch weit entfernt. Trainieren, spielen, gewinnen, DAS zählte noch in der Hauptsache. Da wurde gespurt (sollte zumindest so sein) und den Spielern wurde nicht jeder Handschlag abgenommen und ihnen Zucker in den Arsch geblasen und bis hin zur Lächerlichkeit hofiert. So bleibt ein Fußballroman,der auf Fakten basiert, die auch nicht immer eine herrlich schöne und heile Welt zeigen. Bestechung, Suff, Partys und Qualmen wie Schlote waren da auch schon an der Tagesordnung. Der italienische Fußball und speziell Juve (hehe, immer dieselben) bekommt ordentlich ausgeteilt. Und unser Herr Haller mittendrin laut David Peace. Trotz des ja bekannten Endes spannend von David Peace, einem ausgewiesen guten Erzähler (siehe "1974", "1977", "1980" und "1983") skizziert und in zwei Erzählstränge unterteilt (Clough in Derby County und dann desssen Zeit bei Leeds United). Natürlich ist dies kein Buch für Fußballuninteressiert, also irgendwie auch diese medial aus dem Boden gestampfte "Schland"-Fraktion wäre damit überfordert, definiert sie sich doch eh nur über das "Prinzenangehimmele". Schnell, atmosphärisch, in rauen Stil (bei rund 500 seiten wird das Wort "verfickt" konservativ geschätzt doppelt so oft genutzt, auf einer Seite als Höchstwert ein Dutzend mal) und lebendig schildert der Augtor die harten Zeiten in England Mitte der 70-er. Da ist Fußball noch das Leben, wie es hier fast nur noch in Dortmund oder besser Schalke zu erkennen ist, was auch ich als Bayernfan so anerkennen muss. Es war noch kein Medienzuirkus, aber der Weg wurde schon langsam geebnet und auch das Geld spielte schon eine Rolle, aber alles etliche Nummern kleiner. Noch zählte der Sport. Clough (2004 verstorben) wird hier als harter Hund geschildert, einer, der nicht nachgibt, einer der Fehler macht und nicht unbedingt daraus lernt, besonders im menschlichen Bereich unbelehrbar scheint. Er kommt zu Leeds als kompromissloser Sturkopf und will sich auch nicht dem Verein anpassen oder internen Befindlichkeiten unterordnen. Ich bin Clough und ich mache, was ich will - und ihr auch. Er opfert alles dem Erfolg, auch Freundschaften, aber nur zu seinen Bedingungen. Er will Rache an Leeds für verlorene Spiele, für Demütigungen durch deren Trainer und Vorstand in früheren Saisons. Er will seinen neuen Arbeitgeber auf seine Linie umkrempeln, alle die er früher selbst so hart kritisiert hat und über die er im Radio und TV gelästert und geschimpft hat. Aber so stur wie er sind auch die Leute im Verein, es wird ein Kampf, heute Mobbing genannt, er bekommt Informationen nicht, wird hintergangen, belogen und die Spieler lästern über ihren Vorgesetzten. Der schlägt zurück und diverse heutzutage übliche mediale Phrasen wurden auch damals schon gepflegt. Clough geht rücksichtslos seinen Weg, spricht dem Alkohol übermäßig zu und gerät immer mehr ins Abseits. Er wird gefeuert. Und gegen ihn war Herr van Gaal in Müchnen eher eine Märchenfee oder Miezekatze. Ein Sportbuch, bei dem ich die Lobeshymnen auf dem Klappentext diesmal als durchaus zutreffend beschreiben würde. Keine Seite, keine Sekunde langweilig und auch nicht so ein Werk, wie es die Promi-Profi-Fußballer so gerne ihren vermeintlich 10-jährigen Ghostwritern in die Diktaphone quasseln, um am Ende ein völlig überflüssiges Palaver ohne Sinn und Zweck auf überteuertem Boulevard-Niveau in klingende zu verwandeln. Ein Buch über Fußball zu einer anderen Zeit und über Menschen mit all ihren Problemen und Fehlern. Ein lobenswertes Buch.
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