Mittwoch, 19. Juli 2017

Buchreview "Der Alte, der die Rache liebte" D. Friedman

Daniel Friedman. Im Altersheim Valhalla wird Buck Schatz von einem alten Bekannten heimgesucht, Elijah, einer der legendärsten Kriminellen von Tennessee. Buck hat mit ihm noch eine Rechnung offen: Zu Bucks Glanzzeiten hat Elijah einen meisterhaften Bankraub begangen, den Buck nicht vereiteln konnte.Undnun will Elijah sich stellen, nach fast fünfzig Jahren. Buck ahnt nichts Gutes, und bevor er sichs versieht, steckt er wieder mittendrin in einem ausgeklügelten Plan von Elijah und ist in höchster Lebensgefahr.

Buck hat in der vorherigen Veröffentlichung ja einiges abbekommen. Danach musste er einsehen, dass sich sein Leben ändern wird, da die alten Knochen nicht mehr so zügig heilen wie früher. So ist er mit Rose in das Lifestyle-Etablissement für älter Erwachsene namens Walhalla übergesiedelt. Nun sind Reha-Übungen und Fortkommen mit der Gehilfe angsagt. Nicht, dass Buck deswegen friedfertiger geworden wäre - wenn ihm etwas nicht passt, wird es bereinigt. So hat er immer mal wieder Zoff mit anderen Bewohnern, darf fast regelmäßig bei der Leiterin von Walhalla antreten, um sich zähneknirschend einen Vortrag über die Regeln anzuhören. Übers Essen meckern ist eine seiner Freuden, die ihm noch geblieben sind. Doch dann taucht ein fast Achtzigjähriger Jungspund auf, den er irgendwoher kennt. Tatsächlich - es ist Elijah, in alter Gauner, der ihm Mitte der sechziger Jahre auf der Nase rumgetanzt ist und ungeschoren davonkam. Einige Banküberfälle gehen auf dessen Konto und jetzt sitzt er vor Buck und verdirbt ihm das miese Frühstück. Elijah will sich tatsächlich stellen und Buck soll ihm dabei helfen. Nach einigem Zögern erklärt sich buch dazu bereit. Doch der ungekennzeichnete Polizeiwagen, in dem vorne Buck und der Cop sitzen, während auf der Rückbank Elijah Platz nehmen musste, wird gerammt und der alte Gauner gekidnappt. Eigentlich sollten zwei schmierige Typen dann auch Buck und den verletzten Cop endgültig aus dem Verkehr ziehen, doch der olle Knarzer schafft es, an eine Waffe zu kommen und nietet einen für immer um, während er dem anderen das Knie für immer zerlegt. Natürlich kommt Buck ins Krankenhaus, ebenso der verletzte Gangster und der Cop, den es schwer erwischt hat. Mit Rutledge wird ihm ein neuer Beamter zugeteilt, der Buck einen gewissen Spielraum lässt. Und den der weidlich ausnutzt.

Buck ist ein alter Mann, der nach dem Bekunden des Autors dessen Großvater nachempfunden ist, weil Daniel Friedman an dem miterleben konnte, wie es ist, wirklich alt zu werden. Am schlimmsten ist wohl, dass alle, die man mag und liebt, mit der Zeit wegsterben, während man selbst immer noch mehr oder weniger stabil auf Erden wandelt. Dazu kommen noch die körperlichen Gebrechen, die mit fortschreitendem Alter immer dramatischer werden. Die Sehkraft lässt nach, das Gehör will nicht mehr so recht, die Kraft wird weniger, Krankheiten oder Knochenbrüche heilen kaum noch richtig aus und irgendwann fängt auch das Gedächtnis an, einen im Stich zu lassen. Schleichend, langsam, dass man es kaum wahrnimmt. Dies hat Daniel Friedman auf seinen Protagonisten übertragen, der mit jedem Jahr, das er noch erlebt, immer knurriger wird, immer mehr der grumpy old man. Und da Buck zuvor schon kein Kind von Traurigkeit wahr, ist er jetzt ein richtiger Sturkopf. Welcher mann er war, erfährt man zum einen in dem ersten Buch um ihn und seine Familie - "Der Alte, dem Kugeln nichts anhaben konnten" - und in dem zweiten Handlungsstrang, der im Jahr 1965 in Memphis spielt und auch den Verbrecher Elijah als cleveren Mitspieler auf der anderen Seite des Gesetzes. Doch in diesem Jahr geht es nicht nur um den Banküberfall, der perfekt geplant war und der nie richtig aufgeklärt wird, sondern um den damaligen alltäglichen Rassismus. Ganz offen gegen die Schwarzen, die damals noch "minderwertige" Amerikaner waren und von allen drangsaliert wurden. Die Polizei ging eher gegen sie vor denn gegen weißen Abschaum, Streiks wurden brutal niedergeschlagen, die Neger gegeneinander ausgespielt. Und im Hinterkopf und den Hinterzimmern auch gegen die Juden. Die hatten zwar wie Buck im Krieg ihre Haut riskiert, wurden aber immer noch mit den üblichen Tiraden wie gierige Bänker und Regierungsstürzler in Verbindung gebracht. Und die Juden sind deswegen vorsichtig geworden, wie man später immer deutlicher erkennen kann. Ihre Religion, die damaligen politischen Zustände, aber auch die Situation der Neger nehmen im Teil um den Bankraub eine gewichtige Rolle ein. Im Part der Gegenwart ist es neben dem Fall Bucks Leben mit seinen Gebrechen und dem Alter, das er nur widerwillig zu akzeptieren bereit ist. Der Ton des Krimis um Gangster, Stash Houses und alte Fälle ist cool, flapsig und auch mal derb. Kleiner Nachteil ist vielleicht, dass hier der Humor etwas zu kurz kommt. Dennoch ist es ein Buch, das den vielen sonstigen Veröffentlichungen im Krimibereich weit überlegen ist und Themen aufgreift, die Bedeutung haben, aber auf jegliche Sperenzchen, Vorwürfe oder gar Bevormundungen verzichtet. Jeder kann/darf sich noch selbst ein Bild machen. Auch ne Seltenheit heutzutage, wo ständig der moralische Zeigefinger gehoben wird. 315 Seiten, die es wert sind, gelesen zu werden.

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