Dienstag, 12. Mai 2009

Buchreview "Blind"

Joe Hill. Rockstar Judas Coyne sammelt makabre Dinge: eine gebrauchte Henkersschlinge, ein Kochbuch für Kannibalen, einen Snuff-Film. Als bei einer Internetauktion der Geist eines kürzlich Verstorbenen angeboten wird, zögert er deshalb nicht lange und klickt auf "Sofort kaufen". Als Beleg für das Geschäft kommt per Post in einer herzförmigen schwarzen Schachtel der Sonntagsanzug des Toten. Auf grauenhafte Weise erfährt Judas, dass es sich bei der Sache mit dem Geist mitnichten um einen Scherz handelt - er ist echt und sinnt auf Rache! Für Judas Coyne beginnt ein Horrortrip.

Wer ist Joe Hill? Der Verlag war nicht so dreist (und das meine ich positiv), ganz offen damit zu werben, dass er der älteste Sohn von Horror-Ikone Stephen King ist. Diese Information ist erst nach und nach durchgesickert. Ob nun kapitalbringend gesteuert oder vom Verlag unbeabsichtigt, wage ich nicht zu beurteilen. Es geschah jedenfalls erst einige Zeit nach Erscheinen seines Erstlings. Die Zeichen für die Verwandtschaft wären vielleicht das Autorenbild, das eine gewisse Ähnlichkeit zu seinem alten Herren aufweist, sowie sein Faible für Rockmusik und Horrorstorys.
Sein Protagonist Jude Coyne ist ein typischer Vertreter der Gilde der alternden Rockstars wie ihn sich der Bürger so vorstellt und hat auch entsprechend abgehobene Marotten vorzuweisen. Alice Cooper und Ozzy Osbourne lassen mal recht schön grüßen. Und irgendwie konnte ich mich auch nicht so recht an den sehr ichbezogenen Charakter gewöhnen, sodass ich nicht so richtig mit ihm mitgefiebert habe. Abgesehen davon macht das Auftauchen des ersteigerten Geistes die Story ziemlich frühzeitig interessant und mit der Zeit kristallisiert sich ein vermeintliches Rachemotiv heraus. Um dem auf den Grund zu gehen sowie sich und - Überraschung - sein Umfeld vor Schaden zu bewahren, macht sich unser alter Musiker nun auf den Weg zum Absender seines neuen "Kumpels". Alles in allem ist die Geschichte flüssig mit kurzen, prägnanten Sätzen erzählt, bringt aber nicht so die rechte Spannung auf's Papier und in die Handlung und hat dazu noch einen etwas mageren Plot zu bieten. Und wenn man wie ich soeben aus dem Laymon-Universum zu Joe Hill gewechselt ist, erscheint das Gesamtwerk doch etwas blutleer (aber nicht verzagen, es ist ja nur der Vergleich mit Laymon), obwohl er ein paar nette Ideen eingeflochten hat, aber leider auch eine Schuld- und Vergangenheitsbewältigungskomponente einweben musste.
Der Freund gepflegter Rockmusik (nicht mehr ganz so frischer Jahrgänge) kann sich während der Lektüre einen Spaß daraus machen, erwähnte Namen real existierenden Bands zuzuordnen (z.B. Angus und Bon). Davon abgesehen erhält man eine übersinnliche Thematik, die an die J-Horror-Ecke erinnert, versehen mit einem deutlichen Heavy-Metal-Touch. Als Debütroman durchaus ordentliche Leistung, die sich recht angenehm lesen lässt und neugierig auf das Zweitwerk des "Juniors" macht. Sein Vater hat jedenfalls schon einige Bücher vorgelegt, die schwächer waren. Die Filmrechte wurden auch schon an die Firma gebracht (angeblich Warner), und wenn sie das Endprodukt mit ordentlichen Songs der erwähnten Bands untermalen würden, hätte der Film bei mir schon mal einen Pluspunkt zu verbuchen. Den Rest wird man sehen. Akzeptabel, aber kein Werk, das mich zu Begeisterungsstürmen hinreißen würde (ist ja auch kein Matthew Reilly).

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