Donnerstag, 1. September 2016

Buchreview "Welt der Toten" T. C. Winter

Tom C. Winter. Im obersten Stock eines Kaufhauses bereitet sich ein Mann auf den Tag vor. Trinkwasser besorgen, dann Batterien für die Taschenlampe. Der Mann ist Grundschullehrer. Er ist auf der Suche nach seinen letzten Schülern - vielleicht hat einer überlebt. Er weiß, wenn er das Gebäude verlässt, fallen ihn die Menschen an, denen er begegnet. Die Infizierten. Denn der Großteil der Menschheit ist einer Pandemie zum Opfer gefallen, die alle zu Bestien macht. Bewaffnet mit einer Pistole wagt der Mann sich hinaus auf die Straße. Er glaubt, das größte Grauen bereits hinter sich zu haben. Doch dies ist ein Irrtum.

Carsten ist ein ziemlich normaler Typ, wie er da so in seinem Versteck sitzt und sich entschließt, weiter nach seinen Schülern zu suchen, von denen vielleicht welche von der Pandemie verschont wurden.Und als er nach draußen geht, offenbart sich ihm das ganze Grauen, das die Krankheit mit sich brachte. Überall Tote, angefressen oder todkranke Lebende, die durch die Gegend stolpern, bis die Hirntätigkeit sowie andere Bereiche ihren Dienst endgültig einstellen. Dies geschieht nach und nach und daher sind manche Infizierten noch schneller und etwas cleverer als andere, früher Betroffene.Dennoch versorgt sich Carsten mit allem notwendigen Zeug wie Batterien für die Taschenlampe und Proviant und tritt seine Reise an. Unterwegs begegnet er den unterschiedlichsten Menschen, findet gar die Häuser der Familien von einigen seiner kleinen Schüler und muss diverse schreckliche Geschehnisse verkraften. Doch er kann Miriam retten. Das erste Kind aus seiner Klasse, das noch lebt. Jetzt ist er zuversichtlich, dass auch die weiteren drei Schüler, bei denen er noch nicht war, noch am Leben sind. Er zieht mit Miriam weiter, findet Unterschlupf bei einem alten Mann mit Hund, lässt sich aber nicht davon abbringen, seine Suche fortzusetzen. Dann treffen sie auf Sabine. Die hat im Zoo der Stadt überlebt und kümmert sich seitdem um die Tiere, die noch nicht infiziert sind. Sabine behält ihren Optimismus und glaubt, dass es überall auf der Welt Immune gibt, die die Seuche überstehen können und dass die Menschheit den Kampf gegen die Krankheit gewinnt. 

Ich gebe es offen zu, dass ich nicht aufgepasst hab beim Kauf des Buches. Denn dann hätte ich ob meiner bekannten Skepsis gegenüber den Kreativen aus deutschen Landen die Finger von dem Buch gelassen. So hab ich nur auf Namen und Cover geachtet und den Marketing-Leuten bei Bastei-Luebbe wohl recht gegeben. Aber so schlimm wie nach der Erkenntnis, dass ich hier ein Produkt aus der (Noch-)Heimat in Händen halte, befürchtet, wurde es gar nicht. Tom C. Winter hat einen etwas anderen Ansatz als die meisten Autoren, die dieses Genre immer weiter mit Beiträgen füttern, gewählt. Nicht, dass die Menschen nur Kranke oder Infizierte sind - das gab es schon oft. Aber er hat einen halbwegs normalen Menschen als seinen Helden auserkoren. Vermutlich wollte er sich auch für seine eigene Schulzeit bei seinen damaligen Erziehern entschuldigen und hat deshalb einen Grundschullehrer in die Hauptrolle gepackt (Bei mir wären die dann eher sofort zu Zombies mutiert und dann im Häcksler gelandet, oder so.). Keiner, der dann zuvor bei der Bundeswehr das Überlebenstraining bestanden hat und zu Spezialeinheiten versetzt wurde. Ein Kriegsdienstverweigerer aus Überzeugung. Mit Waffen kann er nur umgehen, weil er schon einige Zeit mit der Pistole geübt hat, die er einem toten - richtig toten - Polizisten abgenommen hat. Deshalb geht auch die Munition zur Neige und er muss so oder so raus ins abgestorbene Stadtleben. Erwartungsgemäß menschelt es in dem weiteren Geschehen recht viel. Der Protagonist macht Fehler über Fehler, vergießt die eine oder andere Träne, ist misstrauisch und verängstigt. Seine Suche ist wie eine Reise in eine neue Welt. Böse Menschen, einsame Menschen, Infizierte und Gesunde säumen seinen Weg. Er muss sich wehren, die Waffe benutzen, was ihn als Pazifist lange sehr beschäftigt und er sich nur durch sein Mantra, dass die Angreifer eh schon tot sind, dabei nicht hundeelend fühlt. Seine Sorge um Miriam in allen Ehren, aber sein Rettungsversuch der ganzen Klasse war realitätsfern und wie bei anderen Figuren im Buch wohl nur dazu da, sich beschäftigt zu halten nach dem endgültigen Untergang der Zivilisation. Stilistisch hebt sich "Welt der Toten" nicht sonderlich von anderen Autoren ab, Verlgeiche mit Justin Cronin, Stephen King oder Robert McCammon sind aber doch sehr optimistisch formuliert für einen flotten 315-Seiten-Quickie. Für mich reiht sich das Buch ins Mittelfeld der flüssig geschriebenen und einigermaßen spannenden Bücher des Genres ein. Ein etwas anderer Held, ein etwas anders gewählter Ansatz mit einer ziemlichen Portion Pessimismus und Tragik. Längen werde so ziemlich vermieden und es hätte schlimmer kommen können. Das Buch ist eine "Kann"-Anschaffung, kein "Muss". Aber als lockerer Zeitvertreib eine gute Wahl, wenn die Ansprüche nicht zu hoch sind. 

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