Samstag, 3. Mai 2014

Buchreview "Spademan" A. Sternbergh

Adam Sternbergh. Ich töte Männer. Und ich töte Frauen, denn ich will nicht diskriminierend erscheinen.

Spademan war ein Müllmann. Das war vor der Bombe. Sie verwüstete den Times Square. Sie tötete seine Frau. Und sie vertrieb einen Großteil der Bewohner Manhattens aus der Stadt. Lediglich die Reichen blieben und zogen sich in ihre Elfenbeintürme zurück, wo sie sich in eine virtuelle Welt einloggen und in süßen Träumen der Realität zu entfliehen versuchen. Jetzt ist der Spademan ein Auftragskiller, der eiskalt tötet. Er ist die Kugel, man muss ihm nur die Richtung vorgeben. Seine bevorzugte Waffe: Ein Teppichmesser. Sein neuestes Zielobjekt ist die Tochter eines mächtigen Fernsehpredigers. Sie zu finden ist kein Problem, aber der Job wird plötzlich kompliziert - die junge Frau ist schwanger und der Kunde hat eine Agenda, die weit über einen einfachen Mord hinausgeht. Spademan muss sich entscheiden. T.K. Harrow, seines Zeichens Prediger und Vater von Persephone, versorgt die Reichen in ihren "Betten", wie sie die virtuellen Lagerstätten zu nennen pflegen, in denen sie verstöpselt und an Schläuchen der Realität entfliehen, mit neuen Träumen und einer religiösen Botschaft, die so gar nicht göttlich ist. Und auch der Prediger selbst ist kein allzu nett4er zeitgenosse, wie seine Mitarbeiter, seine Tochter und auch Freunde von Spademan erfahren müssen.

Bevor er den Spademan in kurzen knappen Sätzen loslässt, gibt Adam Sternbergh seinen Lesern noch etwas zu knabbern mit auf den Weg. Aus der Ich-Erzähler-Version kann man sich nämlich anfangs recht mühselig, bis man sich daran gewöhnt hat, die Unterhaltungen selbst raussuchen. Hat dereinst Charlie Huston schon ungewöhnliche Stilmittel benutzt, um Gespräche darzustellen, hat er es wenigstens mit Bindestrichen gekennzeichnet. Sternbergh geht noch einen Sparsamkeitsschritt weiter und lässt jegliche Kennzeichnung einer Unterhaltung weg. War schon manchmal ein munteres Raten, ob da jetzt der Ich-Erzähler Spademan zum Leser quasselt oder sich mit einer Figur im Buch unterhält. So kann man den Leser auch zur Konzentration zwingen. Ansonsten ist "Spademan" Hardboiled in Reinkultur in einer SciFi-angehauchten Welt voller Dreck und Verzweiflung, in der der Spademan, ehedem tatsächlich Müllmann nun anderen Müll gegen Bezahlung von den Straßen räumt. Gründe für Aufträge interssieren ihn nicht, nur die Kohle. Aber er bleibt auch seinen wenigen Prinzipien treu, was ihn vom Rest der verlotterten Gesellschaft unterscheidet. Es entwickelt sich eine bedrückende Geschichte um Moral, Religion und Falschheit, in der ein Mann - Spademan -, der durch den Tod seiner Frau eigentlich jeden Lebensfreude und jeden Sinn verloren glaubte, wieder aufgerüttelt wird, als es daran ging, einer Schwangeren zu helfen, die er eigentlich töten sollte. Kurze und knappe Sätze, das eine oder andere Logikloch oder auch Logikhöhle gehört mit dazu, vermitteln eine Sozialkritik an den Regierenden, der Obrigkeit, der Technik und des Fanatismus. Schnell, bitter und trostlos - und den digitalen Himmel vom Prediger Harrow kann man getrost vergessen. Stellenweise cool, teilweise blutig, aber nicht immer überzeugend. Da hätte man wohl mehr draus machen können.

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