Montag, 11. August 2014

Buchreview "Die kalte Legende" R. Littell

Robert Littell. Der ehemalige CIA-Agent Martin Odum, der mittlerweile zurückgezogen als Privatdetektiv in Brooklyn arbeitet, ist auf der Suche nach seinem wahren Ich. Längst hat er sich im Labyrinth seiner verschiedenen Identitäten verloren. Da bekommt er einen Auftrag, der ihn mit der Vergangeheit konfrontiert. Wenn er sich erinnert, ist er tot. Wenn er sich nicht erinnert, auch.
HINWEIS: Wer sich die Spannung für die TV-Serie "Legends" mit Sean Bean, die nach diesem Buch entstand, erhalten will, sollte gar nicht erst weiterlesen.

Odum wird von einem aus der UDSSR ausgeschleusten Russen und dessen Tochter angeheuert, um Samat zu finden. Dieser hat die andere Tochter des Exil-Russen geheiratet, um mit ihr in Israel zu leben. doch schon kurz darauf hat er sich abgesetzt. Die Frau kann nach dem israelischen Glauben jetzt nicht mehr heiraten, bevor sie eine Get erhielt. Die Einwilligung des Mannes zur Auflösung der Ehe. Diese soll Odum von dem Verschwundenen einholen. Leider stellt er schnell fest, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ihn nicht aus den Augen verloren hat. Zudem wollen die Leute vom geheimdienst nicht, dass Samat gefunden wird. Odum erhält eine Warnung, ignoriert sie aber. Er reist nach Israel, um die Spur des Flüchtigen aufzunehmen. Erfährt dort aber nur, dass der Mann anscheinend einem Geschäftspartner über 130 Millionen Dollar geklaut haben soll und erhält das Angebot, ihn für ein Salär von 2 Millionen Dollar ausfindig zu machen. Da er sowieso auf der Suche nach dem Mann ist, kann er ruhig annehmen. Aber die Suche nach dem abgehauenen Ehemann, der die Ehe nie vollzogen hat, wird auch die Suche nach der wahren Identität des Privatdetektivs Odum. Er hat während seiner Zeit beim Geheimdienst derart viele falsche Identitäten (Legenden im Geheimdienstsprech) angenommen, dass er kaum noch weiß, wer er wirklich ist. So führen ihn Hinweise und Suche rund um die Welt und immer wieder gerät er in Gefahrensituationen, die möglichweise mit einer seiner früheren Identitäten zu tun haben. Nach einigeer Zeit stellt sich auch die Frage, wer denn der unwillige Ehegatte denn ist. Ist er tatsächlich bloß ein Menschenfreund, der Medikamente und Prothesen zum Selbstkostenpreis an Kriegsopfer verkauft? Oder ist er etwas viel Schlimmeres?

Robert Littell nutzt seinen Roman, um die Schachzüge der Geheimdienste zu entlarven, denen nur am Ergebnis gelegen ist und denen dafür das wohl ihrer Agenten umso weniger am Herzen liegt. Je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr verdichten sich die Zeichen, dass nicht nur die Regierungen und Diktatoren der Welt das Böse in sich tragen. Viel tiefer und weniger sichtbar ist das Schwarze Herz der Spioneagezentren rund um den Globus zu erkennen. "Die kalte Legende" ist aber nicht nur ein Roman um die menschenverachtenden Aktivitäten der Geheimdienste. Er führt durch ein Jahrzehnt, das durch Zeitsprünge innerhalb der Handlung unter unterschiedlichen Identitäten des Protagonisten dokumentiert wird, in dem der Terror bekämpft wurde, Biowaffen hergestellt und Waffen- sowie Drogenhandel das Bild bestimmten, nach dem die Weltpolitik und speziell die Politik der USA ausgerichtet waren. Die Abteilungen der amerikanischen Informationsbeschaffung kannten keine Skrupel, um nicht die schändlichsten Mittel anzuwenden, unliebsame Gegner auszuschalten. Und bei diesen Aktionen wurden ihre Agenten verheizt, verraten und verkauft. Die Spannung bezieht das packend geschilderte Buch, das den Niedergang der Sowjetunion, Russlands Angriff auf die Lesenswert, packend, weitaus näher bei John Le Carre als bei den eher plakativen Werken eines Tom Clancy. Sehr gelungen ist auch, dass fast die gesamte Palette der Orte, an denen es den Suchenden schlägt, immer wieder Erinnerungen an recht aktuelle Bilder an die Wirklichkeit beim Leser aufblitzen lässt, an die Greuel des Kalten Krieges (Bio-Waffen) ebenso erinnert wie an den immer gegenwärtigen Terrorismus. Wie sich die USA ihre Feindbilder selbst machen, wie sie in die Politik souveränrer Staaten eingreifen und unliebsame Zeitgenossen beseitigen lassen. Dazu immer bereit, jeden zu täuschen, um ihre Ziele zu erreichen. Interessant wird das Buch auch dadurch, dass immer wieder Erlebnisse und Erzählungen sowie aktuelle Zusammenhänge von Odums früheren Legenden eingestreut werden. Nicht nur Odum muss aufpassen, wer er nun wirklich ist, auch dem Leser wird da hin und wieder einiges abverlangt. 

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