Ed Kurtz. Als Walt Blackmore in ein altes Haus am Rande einer kleinen Stadt
einzieht, scheint es für ihn wirklich aufwärts zu gehen. Sein Schicksal
verändert sich jedoch unwiderruflich, als ein dunkelroter Fleck an der
Decke erscheint, der schließlich Stück für Stück zu einer Kreatur
heranwächst. Während Walt zunächst daran interessiert ist, deren
Wohlbefinden zu fördern und anfangs streunende Tiere an das Ding
verfüttert, reicht dies nur kurz. Allmählich wird es wieder menschlich,
und um das zu erreichen, sind menschliches Blut und Fleisch
erforderlich. Kaum hat Walt die Grenze zwischen Neugier und Mord
überschritten, gibt es keinen Weg zurück.
Walt Blackmore hat ein Haus erworben. Zudem hat er seinen Job als Lehrer und ist seit drei Jahren mit Amanda liiert. Dass das Haus schwer renovierungsbedürftig ist, ficht ihn nicht an. Er ist guten Mutes und geht auch bald fleissig ans Werk. Den dunklen Fleck an der Decke sieht er zwar, misst ihm aber vorerst wenig Bedeutung zu. Doch irgendwann tropft es von der Stelle, wo der Fleck platziert ist und er will diese Störung abstellen. Doch er kann nichts entdecken. Vielleicht ein Leck in den alten Leitungen. Doch auch ein gerufener Klempner findet keine Erklärung. Und mit Ruhe und Frieden ist es bald vorbei. Als seine Freundin Amanda bei ihm übernachtet und sich schon bald ein See von "Rot" auf dem Fußboden gebildet hat, schaut sie natürlich nach. Und was sie dann sieht, lässt sie fluchtartig aus dem Haus rennen. Und Walt? Der scheint sich inzwischen im Wesen zu verändern. Ist antriebslos, verpennt ganze Tage. Die Arbeiten am Haus sind ihm mittlerweile auch ziemlich wurscht. Er ist fortwährend fasziniert von dem Ding an seiner Decke. Es wird immer größer, scheint so etwas wie Triebe zu erhalten und bald beginnt es damit, Worte zu formen. Erst unverständlich, dann immer deutlicher. Das erste Wort, das Walt verstehen kann, ist Blut. Und nicht lange danach, weiß er, dass die Kreatur in seinem Heim nach Blut verlangt. Und Walt sorgt sich um seinen neuen "Mitbewohner". Er geht los und holt erst kleine Kätzchen, dann die Katzenmami und danach grabscht er sich auf dem Feld einen armen Hasen. Ein Versuch in der Stadt bei einer Tierhandlung Nahrung zu kaufen scheiterte eher kläglich. Da er zu den gewünschten Hamstern weder Käfig noch Tiernahrung kaufen wollte, hatte die Verkäuferin und Inhaberin ihn sofort im Verdacht, dass er die Tierchen aus irgendeinem Grund sicher nicht lange am Leben lassen würde. Und hat ihn schwuppdiwupp des Ladens verwiesen. Ohne Hamster. Also wurde draußen im Feld gejagt. Und die Kreatur wuchs. Nach dem Mund bildeten sich die kleinen Ärmchen zu richtigen Armen aus, begannen sich sogar Beine zu formen. Und je mehr die Kreatur, die er Gwynplaine - kurz Gwyn - nennt, wächst umso größer wird ihr Appetit. Doch Walt hat einen Plan.
"Bleed: Ausgeblutet" hatte in mir nicht die große Erwartungshaltung geweckt, dass ich ihn vor einem meiner geliebten Actioner gelesen hätte. Und beim Klappentext lag die Vemutung nahe, dass da schon zuviel verraten wurde. BEIDES falsch. Und aus dem Grund war ich dann doch überrascht, als sich "Bleed" als so richtig feines und blutiges Stöffchen erwies, in dem keine Sekunde so etwas wie Leseunlust aufgekommen ist. Gut durchdacht lässt Ed Kurtz seine Story im Milieu einer US-Kleinstadt nach und nach an Konturen gewinnen, lässt sich das Grauen langsam einschleichen, widmet sich den charakterlichen Veränderungen, denen Walt bald unterliegt, ohne dass es einen Grund dafür zu geben scheint. Er lässt die Beziehung zu Amanda leiden, lässt auch diese selbst an der Situation schier verzweifeln, weil sich ihr Verlobter immer weiter von ihr und der Welt abzuwenden scheint, sich nur noch für diesen dummen Fleck interessiert. Nach ihrer Flucht aus dem Haus kommen die Selbstzweifel auf. Zweifel, die bei Walt mit der Zeit immer weniger werden. Für ihn ist alles richtig, was er unter der Kontrolle der Kreatur für ebendiese tut. Und in der Beschreibung der handelnden Figuren konzentriert der Autor sich auf Walt, Amanda und später Gwyn. Alle weiteren Mitspieler sind nur Randerscheinungen, benötigt, um die Story voranzutreiben. Walts Schwester Sarah, die sich zu Beginn doch schon als elitär abqualifiziert und sich über Walt ärgert, weil der seine todkranke Mutter nicht besucht, obwohl er von der Erkrankung ja gar nichts weiß, darf noch etwas Unruhe ins Hause Blackmore bringen, wenn sie bei ihrem Bruder vorbeischaut. Und je länger man der Geschichte folgt, umso blutiger wird sie dann auch. Da wird dann schon mal etwas gehäckselt, Haut abgezogen, zerstückelt, Blut gesüffelt und etwas Gesicht gemundet. Und es wird nicht ohne Spannung erzählt. Die Gefahr der Entdeckung des Geheimnisses ist groß. Welches Geheimnis das wirklich ist, erfährt der Leser spät. Und auch Wendungen kommen ungeahnt daher. "Bleed: Ausgeblutet" von Ed Kurtz ist eine exzellente Überraschung in meinen letzten Einkäufen. Intensiv, wirklich außerordentlich blutig, aber auch mit der einen oder anderen sensiblen Szenarien versehen, die tiefgründiger sind als es so direkt den Anschein hat. Bodyhorror mit etwas Sex, der bald zeigt, welch guter Autor Ed Kurtz ist. Hoffentlich wird es mehr von ihm hierzulande geben. Denn sobald die Story so richtig am Laufen ist, wirkt sie stellenweise wie ein Schlag in den Magen, der völlig unverhofft trifft. Kein langes Vorgeplänkel, nicht erst langsam zum Geschehen vortasten, sondern recht bald volle Breitseite, der (deutsche) Titel eines Buches eines anderen Autors wäre hier auf jeden Fall Programm: "Blut will fließen". Nicht, dass jetzt jemand vermutet, es wäre einer meiner so geschätzten America First oder ein Edward Lee. Nö, das ist es nicht. Aber man sollte seinen Hauskauf oder Renovierungsarbeiten doch bitte noch einmal gut überdenken - oder in einer Gemeinde wohnen, die doch eine benötigte Anzahl von Einwohnern hat. Nimmersatt ist da. Und auch ein lobendes Wort ans Lektorat. Von der früheren Fehlerquote ist hier jedenfalls nichts zusehen.
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