Mittwoch, 16. März 2016

Buchreview "Gangster Squad"

Paul Lieberman. Gangster Squad dokumentiert die wahre Geschichte einer geheimen Polizeieinheit, der jedes Mittel recht war, um Mickey Cohen und andere Mafiosi in Los Angeles der Nachkriegsjahre zu bekämpfen. 1946 rief das LAPD die Gangster Squad ins Leben: acht Männer, die keine Rücksicht kannten, sich im Geheimen an Straßenecken trafen und ihre Maschinenpistolen unter dem Bett versteckten. Illegale Wettbüros, verruchte Bordelle, Lauschangriffe bei Nacht und Nebel - das war ihr Leben. Quelle Amazon.de.

1946 wird in Los Angeles wegen des überhand nehmenden Verbrechens die geheime Einheit Gangster Squad gegründet. Es begann eigentlich schon, als in der Großen Rezession aus dem ganzen Land Menschen in die Region kamen, weil sie dachten, sie könnten hier ihr Glück machen. Mit ihnen kamen auch die Gauner wie Fred Whalen mit seinem Billard-Trick. Kleine Ganoven, nicht mehr. aber man hatte ja schon einen Al Capone in die Schranken gewiesen und glaubte, das auch mit den Neulingen tun zu können. Doch aus dem Norden und Osten breitete sich auch die andere Krankheit namens Mafia Richtung Pazifik aus, brachte solche Gangsterbrut wie Mickey Cohen mit sich. und aus dem Krieg kamen die Soldaten zurück, die von den Verbrechern mit ihren Taschendiebstählen bis hin zu Überfällen regelrecht ausgenommen wurden. Und die Bosse versteckten sich hinter ihren Anwälten und Lakaien, ihnen war nicht beizukommen. Auch nicht, als sie sich um die Reviere stritten. So kam es, dass die Squad auch Mittel und Wege nutzte, die bestenfalls halblegal waren. Unerlaubtes Abhören war da ebenso an der Tagesordnung wie hin und wieder ordentlich Dresche für einen der kleineren Fische. Aber die Squad wurde auch mit Waffen größeren Kalibers ausgerüstet, die aber seltener in Gebrauch waren, als einem diverse Filme dieser Zeit wahrmachen wollten.

"Gangster Squad" ist absolut kein Buch NACH dem Film oder dem Drehbuch, sondern mehr ein Sachbuch, das irgendwie schon in etlichen Passagen und auch dem Stil schwer an die L. A.-Bücher von James Ellroy erinnert. Aber wer mit einem Sachbuch überfordert ist, sollte sich dann eher fernhalten. Paul Liebermans Buch ist eine Sammlung von Anekdoten, die zu der Gesamtgeschichte der Einheit verknüpft wurden. Es ist höchst informativ, beschreibt die Zustände der damaligen Zeit ebenso wie den Wandel, den Polizei und auch das Verbrechen durchmachten. Man erfährt von Verwicklungen oder zumindest Verbindungen zu Hollywood, das sich den einen oder anderen Fall als Beispiel für seine Filme nahm. Man erfährt, dass Lee Marvin, der spätere Star, ein Ausbilder im Krieg war, dass Gene Roddenberry Polizeisergeant mit Kontakten zum TV gewesen ist und später ja mit "Star Trek" Weltruhm erlangte. Barbara Stanwyck und Fred MacMurray werden am Rand erwähnt und Mickey Cohens Hang zur Extravaganz im Glamour der Stars mit immer neuen Liebschaften zu sehen ist. Selbst J. Edgar Hoover hat sich aus seiner Zentrale in die Belange der Squad gemischt und auch der Fall "Die schwarze Dahlie" findet seine Erwähnung. Doch in der Hauptsache geht es um die Zusammenstellung der Einheit, ihre Figuren, die Charaktere, woher sie kamen (bei der Gelegenheit wird auch etwas von der Geschichte Kaliforniens eingebracht, das nach dem amerikanisch-mexikanischen Krieg von 1846-1848 an die USA fiel und sich dann nur wenige Jahre später der Union anschloss) und wie ihre Werdegänge aussahen. Da waren die überkorrekten Männer ebenso vertreten wie solche, die durchaus auch mal die Hand aufgehalten haben oder mal so ganz nebenbei Dresche austeilten, um ihren Pappenheimern klarzumachen, dass sie in dieser Stadt nichts mehr zu erben haben. Selbst über die erst 1963 von Joe Valachi (mit Charles Bronson verfilmt) gebrochene Omerta wird ein wort verloiren, über die Gangster, die aus Sizilien nach Amerika kamen, aus Corleone, das dann später Namensgeber für Puzos "Der Pate" war. Insgesamt ist "Gangster Squad" ein Sachbuch mit all seinen Informationen, aber auch mit Schwächen, doch Sachbücher sind eben nicht allein der puren Unterhaltung verpflichtet. Was dann auch im Nachwort zum Tragen kommt, wenn der Autor verdeutlicht, dass einiges verkürzt, vereinfacht oder schlicht nur zu Kommerzzwecken fürs Publikum verändert wurde. Sei es der Cohen im Buch und der von Sean Penn dargestellte, die große Unterschiede offenbaren, seien es die großkalibrigen Auseinandersetzungen oder auch nur die Darstellungen des Niedergangs der Mafiosi des alten Stils. Im Film wurde die Ära des Verbrechens, das sogar dazu führte, dass Hollywood einen Pakt mit der Polizei einging, dass am Ende der Gangster immer verlieren musste und seiner gerechten Strafe zugeführt wurde, die mit Ende der fünfziger Jahre ihren Ausklang fand, dann doch recht knapp geschildert. Das James Ellroy ja mit einer neuen Quadrologie über L. A. kurz nach Pearl Harbor begonnen hat, werden wir zu diesem Thema sicher noch mehr zu lesen bekommen in dessen fiktiv-realistischen Art. Ich fand die Anschaffung des Buches auf jeden Fall keinen Fehler und würde es denjenigen, die kein abgekupfertes Drehbuch lesen wollen, durchaus empfehlen.

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