Sonntag, 28. Juli 2019

Buchreview "Der Berater" B. Little

Bentley Little. Etwas ist seltsam an dem skurril gekleideten Mann, der CompWare aus der Krise helfen soll und dessen Lächeln nie ganz seine Augen erreicht. Zunächst ist der Unternehmensberater lediglich lästig, doch bald gewinnt er so viel Macht, dass er die Firma zu leiten scheint. Er veranlasst einschneidende Veränderungen und bedroht die Angestellten und ihre Familien. Mitarbeiter, die sich ihm widersetzen, werden gefeuert - oder schlimmer. Bald merken sie, dass es nicht allein um ihren Arbeitsplatz geht: Sie kämpfen um ihr Leben.

Bentley Little, ein Stephen King-Jünger (Der Meister hat ihn unter seine Fittiche gneommen.), sollte mit diesem Buch eigentlich bei Voodoo-Press verlegt werden (Gilt auch für den kommenden "Die Universität"). Nachdem der Verlag aber vor der Veröffentlichung das Handtuch geworfen hat und neben in Erinnerung haftenden leeren Versprechungen nichts mehr geblieben ist, gingen die Rechte an den Buchheim-Verlag. Der wiederum ist auf der Festa-Verlagsseite zu finden, aber eigenständig. Das Hardcover zeichnet sich durch sein besonderes großes Format aus, das sich von den typischen Veröffentlichungen in den Regalen der Buchhandlungen positiv abhebt. Ein Schutzumschlag ist zwar nicht vorhanden, aber das ist unwichtige Nebensache. Ein feine Gestaltung fürs Regal. Höchstens ein Michael Schubert als Illustrator hätte da noch etwas verbessern können.

 Die Story ist eigentlich eine, die jeder kennen dürfte, der sein Geld als Angestellter in den Büros irgendeiner Firma verdient und nicht gerade wie ein Willionario mit Willen und Gier von Papa Millionär in die Firma gehievt wurde und gleich eine leitende Stellung erhalten hat und nur als Schwätzer große Auftritte pflegt. Solche Leute komme nicht in den Genuss, die Arbeit eines Beraters am eigenen Leib zu spüren zu bekommen. Kaum werden solche Unternehmensberater angekündigt, verselbstständigt sich das Leben im Büromikrokosmos. Gerüchte machen die Runde, die Angst um den Job folgt hernach. Aber auch eine plötzliche Besinnung auf Überstunden, durchgearbeitete Pausen. Profitieren tut der Arbeitgeber. Nutzt nichts mehr. Ist so ein Berater im Haus, gehen Jobs flöten. Die streunen zwar im Haus herum, schauen den Angestellten auch über die Schulter, aber nicht sonderlich störend, aber erfahren tut man nichts, was irgendwelche Ergebnisse angeht. Die Leute werden kirre. Misstrauen geht um, Getuschel macht sich breit. Die Stimmung sinkt. So sieht das aus, wenn eine normale Situation in einer Firma geprüft wird.

 Aber wenn dann um den Berater herum äußerst seltsame Dinge geschehen, die anfangs nur skeptisch machen wie eine hohe Anzahl an E-Mails, die der Kerl niemals in einer bestimmten Zeit alle verfasst haben kann oder der Kerl plötzlich bei den Leuten zu Hause auftaucht, dann bekommt man schon einen kleinen Vertrauensmangel ins Hirn gepflanzt. Und der wächst und gedeiht. Die Krisensituation wird verstärkt, die Paranoia wächst, der Druck, der vom Berater ausgeht, steigert sich. Menschen verschwinden, geben auf, es gibt Tote. Die Eskalation steht bald bevor. Die Rationalisierungsmaßnahmen werden immer abstruser und wer sich dem Gebot der Stunde verweigert, hat üble Konsequenzen zu erwarten. In der heutigen Wirtschaftswelt ist es ja gang und gäbe, die Mitarbeiter in einer Atmosphäre der Angst um den Job und die Zukunft am Funktionieren zu halten. Die Drohung des Arbeitsplatzverlustes ist allgegenwärtig, moderne Methoden, hochgejubelt in der westlichen Welt, in der man sich mehr Sorgen um Kinkerlitzchen macht als um ein menschenwürdiges miteinander in der Arbeitswelt. Aus bestimmten Kreisen wird immer von den Menschenrechten gesabbelt, aber wenn es dann um die Vernichtung von Existenzen auf Grund von Rationalisierung oder Verkleinerung der teuren Human Resources geht, schaut die Brut mit dem größten Maul weg. Winseln dann lieber um vegane Ernährung, Anpassung an neue Mitbürger oder die Globale Erwärmung, die irgendwann kommt,. während ihre Mitmenschen mit fragwürdigen Methiden ihrer Zukunft beraubt werden. Zu diesem realen Horror bringt dann Bentley Little den übernatürlichen Aspekt, der durchaus auch Blutvergießen mit sich bringt. Das generiert etwas Härte, ein klein wenig Sex und ein Chaos, das leicht an einige Filme erinnert, die sich in letzter Zeit als Office-Horror titulieren ließen. Nicht so derb, weniger simpel, aber dennoch passend. "Der Berater" ist ein typischer Bentley Little, wie man ihn schon von einigen hierzulande veröffentlichten Romanen aus seinem Portfolio wie z. B. "Furcht" kennt. Unterhaltsam, in gewisser Weise auch spannend und weniger auf allzu blutrünstige Effekte zielend durchzieht "Der Berater" auch ein gerüttelt Maß an Sozialkritik, die natürlich bei den eigentlich Angesprochenen eh nicht ankommen wird. Seien es Arbeitgeber, Parteien oder Organisationen, die sich human nennen und doch weit davon entfernt sind. Die sammeln lieber Spenden für eine Rechtsbeugerin, die sich morgens nicht vollständig anziehen kann und feiern das noch. Oder huldigen der Wirtschaft mit neuen Ideen, wie man dem Bürger weiteres Geld aus den Rippen leiern kann. Neue Steuern, von deren Zahlung Firmen, Konzerne und Politiker dann freigestellt werden. Das wäre dann der Spruch mit der Krähe. 440 Seiten. 8,5/10.

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