Max Barry. Zwei Männer haben Wil Parke entführt. Sie sagen, sie brauchen seine Hilfe. Sie sagen, es tobt ein geheimer Krieg, den nur Wil zum Guten wenden kann. Sie sagen, er hat die Pläne des Feindes schon einmal durchkreuzt. Aber Wil kann sich an nichts erinnern.
Wil ist nur ein einfacher Arbeiter, der nur seinen Job erledigen und seine Ruhe will. Alltagsdasein halt. Doch dann wird er eines Tages am Flughafen in einer Toilette von zwei Typen attackiert, die ihm auch noch eine Nadels ins Auge stechen. Gespräche sind in der Sitaution sinnlos, Fluchtversuche leider fruchtlos. So schleifen und ziehen die Männer den ziemlich betäubten Wil Richtung Flughafenausgang und wollen ihn in einen wartenden Wagen stecken. Trotz all seiner Probleme mit dem Augenlicht und dem Gleichgewicht kann sich Wil den Typen entreißen und wegrennen, wenn man sein Gestolpere denn so bezeichnen kann. Er schafft es auch, den Wagen seiner Freundin zu erreichen, die auf ihn wartet. Doch sie fährt nicht los, obwohl er sie anfleht. Also schafft es einer der Männer, ihn wieder aus dem Auto zu ziehen und in einen Truck zu verfrachten. Plötzlich tauchen auch noch Verfolger auf, von denen eine als Raine bezeichnet wird. Schüsse fallen, es gibt Tote und zu allem Unglück rast auch ncih die Freundin von Wil mit vollem Tempo in den Truck. Nach diesem Fiasko sind nur noch Wil und einer der Typen, er nennt sich Eliot, übriggeblieben. Die Hatz geht weiter.
Die Obdachlose Emily verdient sich ihren Lebensunterhalt mit kleinen Gaunereien und illegalen Kartentricks. Eines Tages wird sie von einem Finsterling namens Lee angesprochen, der sie für ein Projekt rekrutieren will. Nicht auf Emilys Tagesplan. Also haut sie ab. Ein Entkommen auf Zeit. Man schnappt sie und sie kommt in ein Internat. Dort wird sie Tests unterzogen und dann in einen straffen Unterrichtsrhythmus eingeteilt. Vieles von dem, was man ihr dort beibringt erscheint ihr im ersten Anschein unsinnig, gibt es doch Regeln, die sie noch nie gehört hat und die sie gerne umgehen würde. Lehrer wie Schüler scheinen alle unter Nicknames zu agieren, keiner ist echt, gibt etwas von sich preis. Und wohin das alles führen soll, erfährt Emily erst recht nicht.
"Lexicon" ist einerseits ein typischer Barry, aber auf der anderen Seite ist das Buch irgendwie unübersichtlich, entfernt vom Mainstream war Barry ja schon immer gerne, ebenso wie er Kapitalismus, Marktwirtschaft oder Globalisierung kritisiert, aber hier wird es echt verzwickt. Fängt der Roman noch verhältnismäßig thrillertypisch an, wird der Leser bald eines Besseren belehrt. Um was es wirklich geht, bleibt lange verborgen. Das Geheimnis um die abgesperrte Stadt wird nicht in wenigen Sätzen erklärt, die auf verschiedenen Zeitebenen verlaufende Geschichte tut ein Übriges dazu, dass man der Sache besser konzentriert folgt, um nicht den Faden zu verlieren. "Lexicon" von Max Barry dreht sich um die Macht der Worte. In allen Bereichen. Mit Umfragen werden Daten gesammelt, wie man den Kunden oder Wähler besser erreicht, soziale Netzwerke genutzt, um Bewerber auszusieben (Beispiel: Ein Bewerber beim Einstellungsgespräch. Sein möglicher künftiger Chef hält ihm seine Facebook-Einträge vor und stellt ihn nicht ein, weil er unzuverlässig sei. Aber doof ist der Bewerber nicht. Also löscht er alle seine Einträge wo immer er sie auch gemacht hat und geht zu einem anderen Interview. Meint der Mann aus der Personalabteilung: "Sie sind in keinen sozialen Netzwerken vertreten?". Als der Bewerber das vermeint, wird er aber auchn ciht eingestellt, denn wer nichts von sich presigibt, hat sicher was zu verbergen und ist suspekt.). Man lernt vieles über die Medienwelt (auch Dinge, die schon bekannt sind), über deren Gebrauch des Wortes, wie Politiker ihre Worte in die Waagschale werfen, damit ein Ergebnis zu ihren Gunsten ausgeht, wie man Lügen hinter Worthülsen versteckt und dass genau zu solchen Zwecken Managerseminare stattfinden, die dort lernen, wie man Mitarbeiter und Menschen anhand von Worten katalogisieren kann, sie in Kategorien einteilt und aufgrund der Ergebnisse hin und her schiebt und manipuliert. Und ja, wie man mit Worten auch Gutes tun kann. Man geht nach Asien in arme Länder und unterrichtet die Kinder. Selbstverständlich nicht in ihrer Heimatsprache, sondern in der die einem am ehesten selbst von Nutzen ist. Deshalb spricht heute ein Großteil der Welt Englisch. Zuviele Sprachmissionare. Bei Max Barry gibt es nun auch noch Organisationen, die eine mächtige Form der Sprache beherrschen und die sich wegen ihr und einem ganz bestimmten Wort bis aufs Blut bekämpfen. Sie nennen es Blankwort. Was ein Blankwort ist, wird erst gegen Ende verraten. Es kann aber vieles ausrichten bzw. anrichten. Und ganz nebenbei erfährt der Leser, wie sich die Bedeutung eines Wortes im Laufe der Zeit (Ob nun von jemand so beabsichtigt oder nicht) verändern kann). Dies alles ist eingebettet in eine rasante, clevere und innovative Geschichte, die neben dem Sprachgefühl, der Art andere Menschen zu durchschauen auch mit einer ordentlichen Portion Action angereichert ist. Es passiert viel, man muss aber auch mitdenken und ich glaube, einer weitere Lektüre dieses Werkes würde immer neue Facetten zutage fördern, über die sich eine Diskussion (mit Worten) lohnen würde. Max Barry in Bestform, hochintelligent und extrem unterhaltsam. Und wei weg von Massenware und irgendwelchen Biografien diverser EX-Promis aka Schluckspechtbeichte.
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