Donnerstag, 18. Juni 2015

Buchreview "Shaft und die Geldwäscher" E. Tidyman

Ernest Tidyman. In seinem siebten Fall gerät Shaft in den schlimmsten Albtraum seines Lebens: Vor der Tür steht sein alter Freund Captain Anderozzi, mit dem Top-Geldwäscher der Mafia und einem Pappkarton voller Namen, so explosiv wie Dynamit. Als dann Anderozzi auch noch von einer Autobombe zerfetzt wird, muss er rennen. Doch so einer wie Shaft rennt nicht. So einer dreht sich um und kämpft.

Shaft sitzt gerade in seiner Wohnung und ist irgendwie nur auf seine Ruhe bedacht, als Captain Vic Anderozzi mit einem kleinen Kerl, der eine Kiste voller Unterlagen vor der Tür steht. Der lässt sich und den Kleinen gleich mal selbst rein und flegelt sich in einen Sessel. Dann teilt er Shaft mit, dass dieser auf die Unterlagen aufpassen soll, da diese voller Beweise gegen den Mob in New York seien. ZDF - Zahlen, Daten, Fakten - alles da. Doch er will den Kleinen, der sich als DER Geldwäscher der Mafia entpuppt, was auch erklärt, wie er an die vielen Belege kommt, getrennt von den Papieren in Sicherheit bringen. Shaft bleibt nichts anderes übrig als einzuwilligen. Aber erst, nachdem er so etwas wie einen halbherzigen "Fluchtversuch" über die Dächer gestartet hatte, der damit endet, dass er zwei bewaffneten Typen, die die Rückseite des Hauses bewachen, mit einer doppelläufigen Schrotflinte für immer die Nutzung der berühmten grauen Zellen erspart. Zurück in seiner Wohnung setzt ihn Anderozzi in Kenntnis, dass dieser jetzt zu seinem Wagen geht und den Zeugen in Sicherheit bringt. Kaum sind beide im Wagen und der Zündschlüssel umgedreht, explodiert die Karre. Shaft versteckt das Objekt der Begierde und macht sich davon. Ihm ist klar, dass er jetzt auf der Abschussliste des ob ganz oben steht. Aber er will auch seinen Freund rächen und entscheidet, dass Angriff die beste Verteidigung ist. Er versteckt sich in einem Hotel der unteren Preisklasse, nachdem er sich bei einem entfernt bekannten namens Ferdinand mit frischer Kleidung eingedeckt hat, und feilt an einem Plan, als ihm der Portier Willie unversehens zuhilfe kommt. Das Kerlchen hat doch tatsächlich die größte Waffensammlung, die Shaft je in privater Hand sehen durfte. Dazu ein Detektivdiplom, das er via Briefkunde erhielt und einen gewissen Gerechtigkeitssinn. Gemeinsam beginnen sie, die Itaker so nach und nach zu plätten. Hier ne Bazooka, da ne Handgranate, ein bisserl Feuer aus ner M16, ja sogar C4, Dynamit und Nitroglyzerin kommen zum Einsatz - und als größtes aller Späßchen werden die Clans gegeneinander ausgespielt. Wirklich vertraut haben die sich eh nie - und schon hat New York den schönsten aller Gangsterkriege seit ewigen Zeiten. Shaft und Willie mittendrin.

Dieser letzte Roman um den rohen Privatdetektiv mit dem weichen Herzen und Hang zu sämtlichen Frauen ist im Gegensatz zu den sechs Vorgängern noch nicht in Deutschland erschienen und daher selbstverständlich eine Erstausgabe auf dem Markt. Nach dem Tod seines Freundes ist Shaft erst einmal richtig betroffen, sinniert darüber nach, welche Freunde er überhaupt hat und auf wen er sich wirklich verlassen kann. Traurig, dass es nur sehr wenige davon gibt - und die will er nicht in Gefahr bringen und hält sich von ihnen fern. Bezeichnend, dass ihm dann ein völlig Fremder zur Hand geht - und irgendwie erwartungsgemäß der Sex in den Hintergrund tritt. Nicht völlig, es ist ja Shaft, aber eben doch eher dosiert eingesetzt ("Es kam ihm vor, als würde er die Staatsverschuldung ficken, nur war sie besser gebaut" sind seine Gedanken während einer Nummer mit der Ex des toten kleinen Ganoven, die nur auf Geld aus ist.). Dafür gibt es aber recht flott ordentlich KaWumm. Hier ein bisschen Folter, dort mal einige fette Explosionen und an nächster Stelle mal kurz ein Haus voller Mafiosi niedergebrannt und den Bestattungsunternehmern von New York City fette Beute verschafft. Eine knallharte und gnadenlose Rachemission, bei der kein Auge trocken bleibt, das Tempo ungemein hoch ist und die stakkatoartige, minimalistische Sprache mit gut gesetztem, staubtrockenem Humor, der nicht übertrieben wirkt, unterhaltsam und unaufhaltsam dem gewalttätigen Finale entgegengeht. Hohe Weihen der Fabulierkunst findet man hier nicht, Tiefgang dann doch eher bei nem Ozeandampfer und ausgefeilte Charakter (Ausnahme der Titelheld) lassen sich gar nicht erst sehen. Dafür aber ist dieser "Shaft" wieder ein Page Turner vor dem Herren, der den meines Erachtens nicht so richtig gelungenen oder nicht wirklich in die Reihe passenden sechsten Teil vergessen macht. Volle Punktzahl. Leider gibt es keine weiteren Bücher, was unter anderem auch daran liegt, dass Herr Tidyman 1984 verstorben ist. Aber er hat sich mit den Romanen um den Detektiv sein eigenes Hardboiled-Denkmal gesetzt.

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