Dienstag, 14. März 2017

Buchreview "Innswich Horror" E. Lee

Edward Lee. Im Juli 1939 nimmt der Antiquitätensammler und von H.P. Lovecraft faszinierte Foster Morley an einer Busreise durch die Wildnis des nördlichen Massachusetts teil. Er möchte die Orte besuchen, an denen sich Lovecraft aufgehalten hat, und sehen, was dieser erblicken durfte, um den einflussreichsten Horrorautoren der Geschichte besser verstehen zu können. Als er in die seltsame abgelegene Hafenpräfektur Innswich Point gelangt – die auf keiner Karte zu finden ist –, geht er anfänglich davon aus, dass deren Namen reiner Zufall ist … nur um im Verlauf der nächsten vierundzwanzig Stunden festzustellen, dass er sich in dieser Hinsicht drastisch getäuscht hat. Immer tiefer und tiefer dringt Morley in die dunklen Geheimnisse der merkwürdigen Stadt vor. Spielt ihm seine Fantasie einen Streich, oder gibt es wirklich derart viele Übereinstimmungen zwischen diesem entlegenen kleinen Fischerdorf und der erfundenen Stadt aus Lovecrafts Meisterwerk „Schatten über Innsmouth“? Hat Lovecraft diesen Ort vor seinem Tod im Jahre 1937 vielleicht tatsächlich besucht?

Foster findet das Städtchen, in dem er aus dem Bus gestiegen ist, recht nett. Ganz im Gegensatz zu dem grantigen Busfahrer, der das Vehikel gefahren hat. Er lernt schnell einige Leute kennen, sieht abr auch, dass viele davon in Armut leben. Dann lernt er die freundliche Mary kennen und man kommt sich etwas näher. Nach und nach stellen sich auch andere Gestalten ein, die weniger allgemeinakzeptabel erscheinen. Da wäre der schwer süchtige Pornofotograf, der Foster nur anwidert. Doch als der mit einigen Informationen rüberkommt, sieht ihn der Reisende doch mit anderen Augen. Dann aber wird er zufällig Zeuge eines etwas seltsamen Geschehens, wenn sich Mary um ihren Stiefvater kümmert. Da er dies nur unbemerkt durch ein Fenster beobachtet hat, lässt er es auf sich beruhen und erwähnt es nicht weiter - will er doch nicht in die Privatsphäre eindringen. Er lernt einen Schweinefarmer kennen, der seine Tiere mit Fisch füttert und dem Fleisch einen besonderen Geschmack gibt. Bei der Gelegenheit erfährt er auch, dass hier durchaus um die Fanggründe unter den Dörfern besonders gerungen wird. Wer nicht von denen des anderen Ortes wegbleibt, muss mit Ärger rechnen. Doch all dies ist nicht so grauenvoll, was Foster noch erleben wird. Die Nacht ist noch jung.

Wer Edward Lee schon mehrfach gelesen hat, dürfte wissen, dass er sich in verschiedenen Genres auskennt und seine Stories auch unterschiedlich angeht. Also nicht nur im Horror sondern auch auf den Pfaden des Thrillers oder des ruhigeren Grusels ist er zu Hause. Und dem Letzteren hat er sich hier gewidmet. Selbstverständlich gibt es trotzdem Leser (?),  denen vielleicht auch vorgelesen worden ist, die sich ob ihres eigenen überwältigenden Geistes (Natürlich reine Einbildung) erdreisten, anderen Konsumenten, die an dem Buch Gefallen gefunden haben, totale Verblödung zu unterstellen. Und das von einer Person, die mit dem TV-Programm von RTL 2 schon völlig überfordert ist. Edward Lee baut hier die Spannung langsam auf, lässt Ort, Bewohner und Besucher nach und nach auf den Leser wirken, ohne dass der sofort zu ahnen beginnt, was sich hier abspielt. Dafür lässt er den Protagonisten immer wieder Parallelen zu Lovecrafts Arbeit "Schatten über Innsmouth" erkennen und feststellen, dass der überragnde Literat herzlich wenig dafür getan hat, dass man die Vorbilder nicht erkennt. Was die Hauptfigur dann aber erkennen muss, ist der pure Horror. Und hier trägt Lee dann auch etas mehr auf und nähert sich dezent, wirklich dezent dem Grusel und weniger appetitlichen Szenarien. Nicht dass jetzt jemand vermutet, Mr. Lee habe jetzt auf schriftstellerische Grobmotorik umgeschaltet und würde nur noch platte Gewalt zelebrieren. Das wäre ein fataler Irrtum. Er schafft eine dunkle und düstere Atmosphäre, die man mit einem soliden Grusel zur Zeit nach der Wirtschaftskrise und vor dem Zweiten Weltkrieg in einem diesigen Ort am Wasser in New England in der Vorstellungskraft leicht in Verbindung bringen kann. Auch die seltsame und meist nur schemenhaft zu erkennende Gestalt im schwarzen Mantel lässt den Spannungspegel nach oben ausschlagen. Das Finale dann jagt den Leser von einer unheimlichen Situation zur nächsten, bis das Geheimnis von Innswich gelüftet ist. Der etwas andere Edward Lee auf rund 180 Seiten ist gelungen und wäre für Leser ein geeigneter Einstieg in die Welt des Autors. Später könnte man sich nach und nach steigern - bis man bei "Bighead" oder "Das Schwein" ankommt und die andere Seite des Schriftstellers kennenlernt.

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