William Forstchen.
Was wäre, wenn jemand vorhätte, die USA anzugreifen? Wäre es da nicht
strategisch klug, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten zunächst den
Schutz durch die überlegene Technologie zu rauben? Was wäre, wenn wenn
es eine Waffe gäbe, die alles Elektronische ausschalten könnte? Diese
Waffe könnte bereits in den Händen des Feindes sein. John Matherson,
Geschichtslehrer und Ex-Colonel, lebt mit seiner Familie in einer
friedlichen Kleinstadt in den Bergen North Carolinas. Doch die Idylle
findet ein jähes Ende, als ein EMP die kompletten Vereinigten Staaten
lahmlevgt. Alle elektronischen Geräte - Autos, Computer, Radios,
Flugzeuge - funktionieren von einer Sekunde auf die andere nicht mehr.
Die Gesellschaft bricht erschreckend schnell zusammen und John muss sich
eine entscheidende Frage stellen: Wie weit würdest du gehen, um deine
Familie und deine Heimat zu schützen?
Es ist ein ganz normaler Tag. Doch
plötzlich bleiben alle Autos stehen, auf dem Highway, der etwas entfernt
rund um die Kleinstadt Black Mountain in North Carolina führt,
ersterben jegliche Geräusche. Alle sind ganz verdattert, haben aber
keine Zweifel, dass sich alles wieder regeln wird. John hat das Glück,
dass seine Schwiegermutter eine uralte Schüssel fährt, die noch ohne
Elektronik auskommt. So ist er wenigstens mobil und fährt mit ihr in die
Stadt. Inzwischen sind die ersten Fremden vom Highway rübergekommen, um
Hilfe zu finden. Schon werden einige misstrauisch, weil jemand ein
funktionierendes Auto hat, während ihre liegenbleiben. Einige
Rabatzbrüder wollen Streit mit John beginnen, was ihnen nicht gelingt.
Er fährt weiter in die Stadt, die ebenfalls unter dem Stromausfall
leidet. Der frühere Colonel ohne Kampferfahrung denkt sich bald seinen
Teil. Das war ein EMP, ausgelöst durch eine Atombombe, die ÜBER der
Atmosphäre gezündet wurde. Keine Fallout, aber auch keine Elektrizität -
alles platt. Und so dauert es nur noch drei Tage, bis erste Maßnahmen
ergriffen werden müssen, die nicht sonderlich populär sind. Rationierung
der Lebensmittel, da keine Lieferungen mehr erfolgen werden, Abkommen
mit dem Nachbarort, gemeinsam die Grenzen zu verteidigen, um nutzlose
Fresser fernzuhalten und rigoroses Durchgreifen bei Diebstahl. Hätte
früher bei Mundraub nur ordentlich Schellen gegeben, ist das Stehlen von
Lebensmitteln oder für die Gemeinschaft wichtigen Gütern ein Grund für
die Exekution. Doch auch andere Dinge fehlen - Medikamente für die
Kranken, die darauf angewiesen sind. So sterben die nach und nach weg.
Auch die jüngste Tochter von John benötigt dringend Insulin, da sie
zuckerkrank mit Typ 1 ist. Noch haben sie Vorrat, aber wie sieht es in
eingien Monaten aus? Und nach Wochen des Ausharrens machen auch noch
marodierende Banden die Gegend unsicher, die die Chance nutzen, dass
Recht und Gesetz außer Gefecht gesetzt sind. Die Bürger werden
bewaffnet, die Rationierung von Lebensmitteln verschärft und nur die
neue Bürgerwehr und körperlich hart arbeitende Menschen bekommen bessere
Stücke auf den Tisch, der Rest muss sich mit kleinsten Portionen am
Leben halten. Und niemand weiß, ob die Armee jemals Hilfe bringt, das
Land jemals wieder so wird wie vor dem Anschlag, von dem eh keiner weiß,
wer in verübt hat.
Ich mag fetzige Action in Buch- wie in Filmform, aber etwas
intensivere Beschäftigung mit dem Alltag oder Börsenreaktionen,
Auswirkungen auf die Wirtschaft hätte ich in Fällen sie schon in anderen Büchern von den Autoren John Birmingham oder G. Michael Hopf auch gerne
gelesen. Außerdem wird alles nur aus US-Sicht geschildert. Europa oder
Asien werden kaum erwähnt, auch bei Forstchen
nur selten und wenn, dann als Schutthafen, weil die Amis nach dem
Vorkommnis nur wild um sich geballert haben und mit Atomraketen jeden
ihrer vermeintlichen Feinde auslöschten, weil man so den Richtigen
trifft. Dass es da massenhaft Unschuldige hingerafft hat, wird nicht
thematisiert. William Forstchen baut
daneben seine Handlung nach und nach auf, schildert die schleichenden
Folgen der Krise, wenn auch nur auf kleinem Raum. Die immer
verzweifelter werdenden Maßnahmen, die Menschen, denen Hunger und Durst
zusetzen. Immer mehr kommen die sich vor, wie in einem Dritte-Welt-Land
für das sie früher gespendet haben. Forstchen
beschreibt Kapitel für Kapitel, wie sich die Wohlstandsgesellschaft
langsam auflöst, dass die Westler heutzutage so verweichlicht sind, dass
sie ohne die nötigen Hilfsmittel kaum noch existieren können. Die
Zivilisation hat sie lebensunfähig gemacht. Auch Kritik an der Regierung
lässt er nicht außen vor. Wie ehedem bei 9/11 haben sie nicht auf die
vielen Mahner gehört, dass so etwas vorkommen könnte, keine Maßnahmen
ergriffen, obwohl der Gedanke an einen EMP durchaus real ist. Und auch William Forstchen
packt die Patriotismuskeule aus. Halbwegs erträglich, aber auch
geschönt. Wenn er berichtet, dass die Schutzanzüge Uniformen seien und
dass von denen immer der Tod ausging, wie er am Beispiel von den
Begleitern für die Todeslager dereinst in Deutschland aufführt. Was er
selbstverständlich vergisst zu erwähnen, ist, dass die Amerikaner mit
uniformiertem Massenmord noch viel früher ihre Erfahrungen gemacht
haben. Frag nach bei den Indianern. "Aber wir sind ja Amerikaner, bei
uns gibt es sowas nicht". Abgesehen davon ist das Buch höchst emotional,
trotz nur kleinerer Kampfeinlagen um den Schutz der Stadt und
Verteidigung der Reserven schnell aufzunehmen und recht virtuos
konstruiert. Dass es in dieser Art zugehen kann und das Geschehen daher
nah an der Realität ist, kann durchaus sein. Aus diesem Grund wirkt es
vielleicht noch packender, wozu auch die von Kapitel zu Kapitel
steigende Dramatik ihren Teil beiträgt. Ein fesselndes Buch, bei dem man
den Patriotismus (der aber nicht so aufdringlich präsentiert wird, wie
in einigen anderen Büchern aus US-Land) links liegenlassen und sich dem
Überlebenskampf der kleinen Stadt überlassen kann. Der ist packend und
spannend, bietet starke Charaktere und es fehlt ihm nur ein bisschen
mehr Action, die nur im letzten Fünftel des Buches für einige Seiten
voll erblüht. Was die eingangs erwähnten Autorn im Überfluss hatten, ist
dafür hier etwas zu wenig. Aber für sowas hab ich ja dann Eric L. Harry.
Ist schon einmal beim ehemaligen Festa-Imprint Deltus.de erschienen.
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