Montag, 1. April 2019

Buchreview "Jahre des Jägers" D. Winslow

Don Winslow. Art Keller, der berühmte US-Drogenfahnder, steht vor der Aufgabe seines Lebens: die amerikanische Anti-Drogen-Politik ist gescheitert, die Menge des jährlich importierten Heroins hat sich vervielfacht. So viele Amerikaner wie noch nie sind opiatabhängig. Die mächtigen mexikanischen Drogenkartelle versuchen, die amerikanische Regierung zu unterwandern - an deren Spitze ein umstrittener neuer Präsident steht. Art Keller folgt den Spuren des verschwundenen legendären Drogenbosses Adan Barrera und findet sich in einen brutalen und gnadenlosen Kampf gegen beide Seiten verstrickt. Er muss feststellen, dass Drogen- und Waffengeschäfte unfassbare Dimensionen angenommen haben. Dabei kommt der Feind aus einer ganz unerwarteten Richtung. Es beginnt ein entfesselter Krieg mit epischem Ausmaß, in dem die Grenzen zwischen Gut und Böse schon längst verschwunden sind.

Don Winslow beschreibt hier den Untergang des Rechtsstaates, wenn er hier den Vorschlag macht, die Drogen zu legalisieren, um den Drogendelikten und den Kartellen einen Riegel vorzuschieben. Die Behörden kapitulieren, die Executive wird ihrem Status nicht mehr gerecht, der Schutz der Bürger immer mehr ausgehöhlt. Sein Argument: die immensen Kosten, die bisher nicht funktionierenden Maßnahmen gegen das organisierte Verbrechen seinen vergeblich, weil die andere Seite immer eine Antwort auf die Maßnahmen habe. Dann sollen also die Verbrecher legal ihre Gewinne aus dem Drogengeschäft verdienen und die Gesellschaft darf danach für die immensen Kosten und die nicht funktionierenden Rehas für die Süchtigen aufkommen. Sehr gute Idee. Einer der Schuldigen ist laut dem Autor natürlich der neue Präsident, der dem realen Kollegen Trump nicht nur ähnelt, er ist ihm nicht nur ähnlich und deshalb kann  man aus dem neuen Buch von Don Winslow wohl auch ableiten, dass alles, was in den USA seit Anbeginn der Zeit schiefläuft mittlerweile Donald Trump in die Schuhe geschoben wird. Der mag ja ein Twitterpräsident sein, ein Marktschreier, der seinesgleichen sucht und so einige unpopuläre Ansichten lautstark vertreten, aber wo bleibt die Kritik an den Heuchlern in der Politriege. Heuchlern weltweit, die mit dem Finger Richtung Trump zeigen,um von sich abzulenken? Oder sich hinter aufmerksamkeitsgeilen und heuchlerischen Finanzgewinnlern "im Auftrag der Umwelt" verstecken, die durch die Medien so richtig zu einer Art Rattenfänger von Hameln gehypt werden - und das angeblich im Guten, wobei so manche Regeln gebrochen werden? Rechtsstaat ade.

Abgesehen davon ist "Jahre des Jägers" der Abschluss seines gewaltigen und gewalttätigen Epos um den Kampf gegen die Drogen, aber auch die Auswüchse - positiv wie negativ - rund um die Migration. Eine gwisse Ohnmacht des Staates gegen die Vorgänge, die sich in seinem Hinterhof abspielen. Um Allianzen die mehr als nur unheilig sind und nicht oft den Bekämpfer der Verbrecher zu deren Komplizen machen, wenn sie sich das Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" auf die Fahnen schreiben und dabei Fünfe oftmals gerade sein lassen und selbst bei brutalen Mordserien mal in die andere Richtung schauen. Gebracht hat die Abrechnung unter den Gangstern nur eines: ein neues Kartell, das brutaler vorgeht als der Vorgänger. Die jungen Nachfolger wollen schneller als die Alten ans große Geld, wollen es ausleben, kennen keine Rücksicht mehr. Nicht nur einmal liest man über gekaperte Städte, die nun vollkommen in Kartellhand sind, ermordete Journalisten und Gruppen von Studenten. Und ganz nebenbei werden die Flüchtlinge eingeführt, die vo der Gewalt ihr Land verlassen oder um einfach ein besseres Leben zu haben. Und wie Jugendliche in amerikanischen Lagern fast schon systematisch zu Killern erzogen werden. Gesellschaftskritik im derzeitigen "Populärstil". Nur was der Masse passt, wird hervorgehoben. Der Autor biedert sich an, findet aber keine gangbaren Lösungswege, hangelt sich "wunderbar" an der momentanen Demokratiekrise zu seinen eigenen Gunsten entlang. Bloß nicht zu sehr anecken, immer nur die richtigen Treffen im Sinne der aufgehetzten Massen. Eigene Meinung haben und die auch äußern dürfen? Vergiss es. Wir sind schon wieder nahe dran, sehr nahe.

Abgesehen von der Meinungsmacherei des Autors ist "Jahre des Jägers" nicht mehr ganz so toll wie die beiden anderen Bücher, sondern nur eine Art Abschluss für den Agenten Keller, der sein Leben dem Kampf gegen die Drogen gewidmet hat und nun nach langen Jahren und Erfolgen wie - mehrere davon - Misserfolgen in den Ruhestand geht. Oft gibt es keinen Zusammenhang zwischen den Aktivitäten der neuen Bosse und Keller, viel bleibt einfach episodenhaft und passend geschustert für den aggressiven Ton gegenüber den momentanen Lenkern der amerikanischen Geschicke. Amigos, ihr kennt euer Wahlrecht - und ihr habt die Leute genau danach gewählt. DAS ist Demokratie. Akzeptiert es, das war und ist ausschließlich euer Eigentor - oder eben euer eigener Tor. Und weil wohl auch der Autor das nicht in seinen Kopf bekommt und man während der Lektüre diese ständigen Attacken des Unzufriedenen und angehenden Meinungsmanipulators nicht ausblenden kann, wird das Buch gerade zum Ende hin immer nerviger. Daher nur 6/10.

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