Dienstag, 3. November 2015

Buchreview "Barrikaden" J. Wallace

Jon Wallace. In  nicht allzu ferner Zukunft: In einer Welt, die durch einen verheerenden Atomkrieg zerstört wurde, haben künstliche Intelligenzen die Mach übernommen. Ursprünglich von den Menschen als Arbeitssklaven designt, können sie sich viel besser an die neuen Bedingungen anpassen als biologische Menschen. Einer dieser Androiden ist der Taxifahrer Kenstibec, dessen neuester Auftrag ihn quer durch das postapokalyptische Großbritannien führt. Es ist der Beginn eines wahren Höllentrips.

Die Fiziellen und die Realen befinden sich in Großbritannien in einem mörderischen Krieg. Die Androiden haben sich hinter Barrikaden der früheren Städte verschanzt und versuchen, die Realen von ihrem Territorium fernzuhalten. In einer dieser Barrikaden lebt Kenstibec als Taxifahrer mit bestimmten Fähigkeiten. Er bekommt von seinem Boss den Auftrag, die Journalistin Starvie von Edinburgh nach London zu chauffieren. Schon der Start der gefährlichen Reise erinnert mehr an einen Ausbruch aus einem belagerten und umzingelten Fort, denn den Beginn einer Fahrt durch das Land. Selbstmordattentäter versuchen die Taxe in die Luft zu jagen, Heckenschützen verzieren den Wagen mit Einschusslöchern. Hin und wieder erhält auch Kenstibec eine Perforation, doch er ist derart optimiert, ein Neuner, dass er sogar bei einem Kopfschuss nach geraumer Zeit wieder geheilt wäre. Nach dem feurigen Ausbruch aus Edinburgh geht die Reise weiter Richtung London. Doch so schnell sollen sie da nicht ankommen. Es gibt etliche Hürden zu überspringen. So auch die Barrikade Brixton, die schwer bewacht wird von Realen. Um sich hier durchzumogeln lesen sie unterwegs den Händler Fatty auf. Der wollte reines Wasser in die Barrikade bringen, um so genug Geld für Medikamente zu verdienen, die er ob einer schweren Krankheit benötigt. Er macht einen Deal mit Kenstibec, dass er ihnen hilft, wenn sie ihn im Gegenzug dabei unterstützen, die Medikamente zu klauen. Doch aus dieser Aktion wird nichts, jedenfalls nichts Gutes. Fatty hatte die Idee, Starvie als eine Freuden-Fizielle den Typen zu überlassen und während die mit ihr abgelenkt sind, mit dem etwas absichtlich derangierten Kenstibec zu tun, was getan werden muss. Doch Fatty selbst zerstört den Plan, als er beginnt auf die Realen zu ballern, die sich mit Starvie beschäftigen wollen und nun muss die Zweckgemeinschaft fliehen, was sie in den Untergrund treibt.

Mal abgesehen davon, dass das Buch eine nicht gerade geringe Fehlerquote aufweist, ist es schon das zweite (einmal aus USA, einmal aus GB), in dem die Protagonisten fordern, dass man Flüchtlinge oder Hilfesuchende abweist, da sie dem Land die Ressourcen wegfressen und versuchen würden es auch noch zu destabilisieren, um ihre eigene Gesinnung durchzusetzen. Seltsam, dass mir die gerade in der jetzigen und realen Situation in die Finger fallen. Vielleicht bin ich auch für das Thema etwas mehr sensibilisiert. "Barrikaden" ist ein Road-Movie, das nicht den üblichen Pfaden folgt. Die Realen, die Menschen also, sind hier nicht unbedingt die Sympathieträger Nummer 1 und erst mit Fatty und einigen seiner geäußerten Ansichten beginnen die Hauptfiguren wie auch der Leser unter den durchaus flotten Action einige kritische Fragen zu stellen, gewisse Motivationen ernsthaft zu hinterfragen und man mag es kaum glauben, aber weder die Realen noch die Fiziellen scheuen davor zurück, in ihren jeweils noch funktionierenden Radio- und TV-Kanälen verlogene Propaganda unters Volk zu bringen. Nix gelernt. Und der Fizielle Kenstibec fragt sich oft, was die Realen so an ihren vielen Memorabilien und gesammelten Utensilien geschätzt hatten (Werden sich einige nach meinem Ableben ob meiner Filmsammlung wohl auch fragen) und was die sich früher unter Unterhaltung vorgestellt haben. Da blitzt kurz die Kritik am Medienkonsum der Massen auf, wenn auch nicht zu penetrant, sondern eher am Rande. Der Schreibstil ist locker und man kann der Handlung leicht folgen, die Action fördert das Tempo und die eine oder andere Wendung mag zwar nicht total überraschen, bringt aber weitere Überlegungen in Gang. Genervt hat mich irgendwie, dass bei einer solchen Story um die Auslöschung von Millionen Existenzen mal wieder, wenn auch nur kurz, Hitler ins Spiel gebracht wurde. Als aber es keinen Stalin oder Amerikaner gegeben, die etliche Vernichtungszüge hinter sich brachten. Und die Briten? Frag mal nach in Afrika, Afghanistan oder Indien. Ansonsten ist diese Dystopie routiniert inszeniert, wirft Fragen auf, lässt auch Actionfreunde auf ihre Kosten kommen, ohne im jeweiligen Bereich allzu simpel und Aufmerksamkeit heischend daherkommen, auch wenn der Hinweis auf eine gigantische Verschwörung doch recht dick aufgetragen war. Das Buch lässt am Ende sogar etwas Platz für eine gewisse Hoffnung und auch die Handlung lässt Raum für eine mögliche, aber nicht unbedingt nötige Fortsetzung, was in diesem Fall nicht negativ gemeint ist. Der Leser - zumindest ich - kann auch mit diesem Abschluss der Story leben. Mit kleineren Schwächen, einigen Ansätzen für Gedanken um Menschlichkeit (Wer in diesem Buch wirklich die menschlichsten Züge hat, ist oft schwer zu bestimmen) und Fortschritt sowie einem durchaus goutierbaren Unterhaltungsanteil. Nicht für hohe Weihen bestimmt, aber für Kurzweil - und die bekommt man.

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