Peter Liney. Der ehemalige Gauner Clancey ist auf einer Gefängnis-Insel inhaftiert:
die Endstation für alle alten Menschen, die angeblich keinen Beitrag
mehr zur Gesellschaft leisten können. Es gelingt ihm, einen Aufstand
anzuzetteln und aufs Festland zu fliehen. Doch die Lebensumstände haben
sich sehr verändert. Extreme Grausamkeit und Gewalt, wohin er auch
blickt. Wie es scheint, hat Clanceys Kampf gegen das System gerade erst
begonnen.
Clancy war früher Geldeintreiber bei einem Mafioso. Die Arbeit für den Mann machte ihm sogar Spaß, er hat seinen Boss gemocht. Doch als dieser starb, war es irgendwie auch um Clancy geschehen. Die Sozialsysteme waren durch Misswirtschaft geplündert worden, man musste sogar für seinen Aufenthalt im Knast bezahlen. Wer das nicht konnte, kam auf die Insel. Jeder, der keinen Beitrag dazu leisten konnte, dass sich die Elite im Land wohlfühlte, kam auf die Insel. Auch Clancy. Doch er konnte die Bewacher austricksen und so machten sich die ehemaligen Ausgesetzten auf, sich ihren Platz in der Stadt zu erobern. Womit keiner gerechnet hatte, war, dass es dort mindestens genauso schlimm war, wie auf der Müllinsel. Die Menschen hungern, überall wird geplündet, gemordet, herrscht Chaos. Ausgelöst dadurch, dass die Satelliten keine Bedrohung mehr waren. Sie konnten weder überwachen noch mit ihren Strahlenwaffen töten. Und Clancy kommt auf die Idee, einen Arzt zu suchen, der Lena das Augenlicht wiedergeben kann. Die Kosten dafür will er mit einem letzten illegalen Job auftreiben. Bei dem Job geht etwas schief und er gerät noch mehr in die Bredouille. Und was er über diesen Konzern Infinity, der die Menschen unter seiner Knute hat, herausfindet, ist schockierend. Noch schlimmer ist die neue Bewaffnung der herrschenden Klasse. Besonders hervor tun sich hier die Knurrer, die ihre Gegner rücksichtslos zerfetzen.
Und weil bei Luebbe jeder seiner Arbeit mit Wonne und Herzblut nachgeht und deshalb auch eine gute Qualität an den Kunden liefern will, ist ihnen sicher nur ein Versehen unterlaufen, als sie nicht bemerkten, dass ihr Protagonist auf dem Klappentext noch mit "Clancey" benannt wird, im Buch dann aber "Clancy" heißt. Nach diesem kleinen Lapsus brauchte ich nicht einmal lange zu suchen, der fiel direkt ins Auge. Naja, nicht so schlimm, schließlkich wollen sie bisher ja nur unsere Euros und nicht unser Leben. Das kommt noch - wie in dem Buch, das sie hier verkaufen. "Die Gefallenen" ist nach "Die Verdammten", das man gelesen haben sollte, um hier nicht völlig aus dem Zusammenhang gerissen dem Geschenen zu folgen versucht, der Mittelteil einer Dystopie-Trilogie. Wollen wir hoffen, dass man uns den letzten Teil dann auch kredenzt und nicht die üble Nummer abzieht, eine Reihe einfach abzubrechen. Würde auch von der Liebe zur eigenen Arbeit und zur Literatur zeugen. In einigen Punkten ist das Geschehen schon recht nahe an der heutigen Realität, man kann sich ausrechnen, bis es dann auch in Wirklichkeit so ist, wie in den beiden bisherigen Büchern. Die Sozialsysteme ausgeplündert für fremde Zwecke oder einfach in die Taschen von Bonzen und Politikern, man kann ja auch weiter Banken retten. Die Überwachung zur Sicherheit der Bürger wird ausgebaut, die Bewaffnung verbessert - die Bewaffnung für die Elite. Denn auch hier gilt: Hast du kein Kapital, wirst du kapital bestraft. Renten? Witzbolde, das Geld ist weg. Geplündert für was auch immer. Und wer keinen Nutzen mehr hat, wird auf ne dreckige Insel verbannt. Hört man von den Jungen heute ja oft genug, dass die Alten verzichten oder noch besser verschwinden sollen, damit die Jungen es gut haben. Gerade Jungpolitiker tun sich da hervor. Diejenigen, die als Dauerstudenten den Staat und somit die Steuerzahler und daher die Alten geschröpft haben, bis zum bitteren Ende, wo sie dann selbst arbeiten mussten - oder eher müssten, sie sind ja in die Politik gegangen. Wenn die Brut an die Macht kommt, sieht es bald so aus, wie in dieser Dystopie. Doch hier wurde irgendwie auch sehr auf Action gesetzt. Viele Auseinandersetzungen, brutale Kämpfe - und Clancy immer mittendrin. Clancy, der weiterhin den fast geläuterten Gangster mimt und dennoch alles tut, was in seiner Macht steht, die Seinen zu beschützen und sei es mit illegalen Mitteln. Die Gruppe wird oft überrascht, wie gewalttätig die Welt geworden ist. Peter Liney hat eine Welt erschaffen, die vor neuartigen Waffen nur so strotzt, mit Kritik an Massenüberwachung, Datenspeicherung, Größenwahn und Betrug am Volk ebenso abrechnet wie mit elitären Gruppen und schwafelnden Politikern, die - so sie einen ablegen mussten - zumeist in dieser Gesellschaft des Meineides schuldig sind. "Die Gefallenen" liest sich in einem Fluss, ist vom Stil und Satzbau locker und leicht, bietet aber etliche deftige Actionsequenzen und hin und wieder auch ein blutiges Detail wie bei den Attacken der Knurrer. Immer wieder kommt dem Leser Orwell in den Sinn, aber auch recht aktuelle Nachrichten ob der Situation der Sozialsysteme oder neuester "Schutzmaßnahmen" für den Bürger. Wer nix zu verbergen hat, lässt sich gerne freiwillig in jeder Lebenssituation kontrollierern und überwachen. Wieso verhandeln dann die Konzerne und Politiker immer hinter geschlossenen Türen? Ob sie wohl was zu verbergen haben. Neben der flotten Kampfszenen aber auch ein nachdenklich stimmender Roman, hin und wieder sogar mit menschlicher Wärme versehen und nich dazu spannend und unterhaltsam. Der dritte Teil darf gerne kommen.
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