Mittwoch, 23. September 2009

Buchreview "1980"

David Peace. Leeds, 1980. Die Frauen trauen sich nachts nicht mehr allein auf die Straße, denn der Yorkshire Ripper geht um. Dreizehn Morde, und die Polizei tappt immer noch im Dunkeln. Es muss etwas geschehen. Auf Anordnung von ganz oben übernimmt Peter Hunter aus Manchester den Fall. Er soll den Ripper finden und gleichzeitig die korrupten Bullen von der Yorkshire Police ans Messer liefern. Das haben die von oben sich so gedacht. Aber Hunter wühlt zu tief im Dreck und setzt damit sein Leben aufs Spiel. Denn die Yorkshire Police lässt sich nicht so einfach ans Messer leifern. Ich beginne direkt mit einem massiven Makel bei diesem Buch. Um überhaupt einen ordentlichen Einstieg in die Geschichte zu bekommen, ist die Lektüre der Vorgänger fast schon eine Pflichtangelegenheit. Ansonsten wird man auch hier wieder mit einer fast unübersichtlichen Fülle an Figuren, die noch dazu namentlich recht schwer auseinander zu halten sind (mehrere mit Namen Bob oder Pete), konfrontiert, was dem Leser eine hohe Konzentration abverlangt. Seinen rüden Sprachstil hat Peace beibehalten, aber leider auch den Großteil des Storygerüsts. Abgesehen von der jetzt offensiven Herangehensweise an die Korruption in Leeds und der Führungsebenen in Wirtschaft und Polizeiapparat hat sich nicht viel geändert. Jetzt wird halt ein Außenstehender in die Metzeleien und Manipulationen hineinkatapultiert, der sich - was Wunder - dem Misstrauen der Kollegen ausgesetzt sieht und bei seiner Tour von Verhör zu Verhör, Besprechung zu Besprechung ein Bild der englischen Gesellschaft vorfindet, in dem es heißt: Jeder gegen jeden. Und auf seinem steinigen Weg durch das Gespinst aus Lügen und Intrigen bleibt es nicht aus, dass auch sein Leben in Gefahr gerät. Auch in seinem dritten Buch werden die Protagonisten von David Peace fernab des üblichen Gut/Böse Schemas angelegt, Handlungsfäden der Vorgänger aufgenommen, um ein neues Intrigennetz zu spinnen. Also wieder ein hartes Buch um Mord und Korruption auf höchster Ebene. Zynisch und kalt mit zumeist kaputten Existenzen. Aber durch die ständige Wiederholung gewisser Handlungsstränge wollte sich bei mir erst nicht so die richtige Spannung einstellen, was sich erst mit Fortgang der Geschichte änderte, da sich langsam herauskristallisierte, dass sich einige Verstrickungen andeuten, die Personen aus den vorherigen Büchern - "1974" und "1977" - in ein anderes Licht rücken könnten, bisher nicht weiter verfolgte Schicksale aufgeklärt werden könnten. Daher bin ich denn auch sehr gespannt auf den letzten Teil des Red Riding Quartetts - "1983". Für sich allein gesehen ist "1980" wohl nicht das beste der Reihe, aber als Vorbereitung für das große Finale vielleicht notwendig gewesen (außerdem ist das jetzt auch mäkeln auf hohem Niveau). Und er hat sich bis zum Schluß Zeit gelassen, um den Leser herausfinden zu lassen, ob David Peace diesmal tatsächlich einen wirklichen Gutmensch-Charakter in die Story eingebunden hat.

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