Freitag, 9. April 2010

Buchreview "Die Go-Go-Girls der Apokalypse"

Victor Gischler. Mortimer Tate überlebt das Ende der Welt in einer Höhle in den Bergen von Tennessee. Neun Jahre später macht er sich auf den Weg zurück in die Zivilisation - doch alles kommt anders als erwartet: Aus Versehen erschießt er die ersten Menschen, denen er begegnet. Und das Einzige, das in dieser Welt noch funktioniert, ist Joey Armageddon's Sassy-A-Go-Go Strip Club. Hier ist das Bier noch kalt, und die Tänzerinnen sind heiß. Zusammen mit der hinreißenden Sheila, Buffalo Bill und dem Bergsteiger Ted macht sich Mortimer auf nach Atlanta, um seine Exfrau zu finden. Und ganz nebenbei über das Schicksal der Menschheit zu befinden. Da zieht man sich als Scheidungsflüchtling (man will ja keine sinnlosen Unterhaltszahlungen abdrücken) in ein sicherheitshalber angelegtes Refugium mit Vorräten, Waffen und sonstigen Utensilien für ein angenehmes, längeres Päuschen von Gattin und Zivilisation zurück in die Abgeschiedenheit der Berge und schon zerdeppert die Welt. Grippe-Pandemie, Erdbeben, Wirtschaftskrise, Atombombenattentat, Bürgerkrieg in den USA, Glaubens- und Gebietskriege weltweit. Tauchen dann nach 9 Jahren ohne menschlichen Kontakt endlich mal 3 Figuren auf, die man vielleicht ausfragen könnte, muss man sie ohne Gespräch auch schon umlegen. Blöde Situation? Yep, aber erst der Anfang. Unser guter Mortimer entschließt sich, mal bei denen da unten nach dem Rechten zu sehen, tappt prompt in eine Falle, wird von einem Typen, der aussieht wie George Armstrong Custer, aber Buffalo Bill ähneln will, gerettet und über die Errungenschaften nach der Apokalypse aufgeklärt - und die Funktion der Go-Go-Clubs als neue Handelszentren der USA nach der Katastrophe. Nachdem er den Aufenthaltsort seiner Gattin (der Scheidung hatte er sich ja durch Flucht entzogen) herausgefunden und die Stromradsklaven kennengelernt hat, geht es mit dem Muscle Train auf die nächste Etappe durch die schöne, neue Welt. Und wie einst Clint Eastwood in "The Outlaw Josey Wales" sammelt er unterwegs weitere Gestrandete ein, die sich ihm denn auch anschließen. Da rettet er seine Freunde vor einem Schicksal als Kannibalensnack, bevor er selbst einer unfreiwilligen Rolle als Zwangssamenspender in einer Frauenklapse entkommen kann. Im Hauptsitz bei Joey Armageddon wird ihm dann ein Auftrag erteilt, der es in sich hat, bei dem er aber auch seine Frau wiedertreffen kann. Er soll den Roten Zaren ausschalten, der die Herrschaft über die Gegend und auch das Land an sich reißen will. Und schon geht es wieder zur Sache. Mad Max lässt grüßen, wenn die umgebauten Vehikel zum Showdown aufeinander losrasen. Abgesehen davon, dass die Girls aus dem Titel kaum eine Rolle spielen, herrscht ein lockerer, seichter Stil bei nur knapp 400 Seiten vor, der das Lesen einfach und kurzweilig macht. Allein die vielen Einfälle des Autors sorgen dafür, dass keine Langeweile aufkommen kann. Und dieser Ideenreichtum verdient uneingeschränkt Bewunderung, doch leider hat er viele Handlungsstränge abrupt beendet, einfach zu kurz behandelt, anstatt mehr daraus zu machen. So wirkt das Ganze eher wie eine TV-Serie, in welcher der Held von Folge zu Folge in eine andere Bredouille stolpert und sich daraus befreit. Ansonsten ein tolles Buch, das Spaß macht, mit einem feinen Endzeitszenario, und etlichen Anspielungen auf diverse Kinoerfolge oder Louis L'Amour-Romane (Westerngenre). Vielleicht nicht der ganz große Wurf, aber absolut unterhaltsam. Hat mir gefallen.

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