Dienstag, 20. April 2010
Buchreview "Frankie Machine"
Don Winslow. Alle kennen Frankie Macchianno als den netten Mann vom Angelladen. Niemand weiß, dass er ein Mafiakiller im Ruhestand ist: Frankie Machine, bekannt für gnadenlose Effizienz. Er hat das Geschäft hinter sich gelassen, doch dann holt ihn die Vergangenheit ein: Jemand will ihn töten, und Frankie Machine muss ihn zuerst finden. Das Problem: Die Liste der Verdächtigen ist länger als die kalifornische Küste.
Frank Macchianno führt ein ruhiges, beschauliches Leben mit Geliebter und versorgt Ex-Gattin und Tochter aus den Einnahmen mit seinem Angelladen, Wäscheservice, Fischlieferungen und Mietwohnungen. Er ist ein freundlicher Herr auf der falschen Seite der Sechziger und bei allen beliebt. Und da die Strände vor San Diego zum Surfen geradezu einladen, ist er auch hier ein Kenner, ebenso in der Küche und bei italienischen Opern. Alles könnte so schön sein, bis eines Tages seine Vergangenheit wieder vor der Tür steht und zwei dusselige Jungmafiosi seine Hilfe erbitten. Er sagt widerwillig zu und tappt prompt in eine Falle. Aber da ein alter Fuchs immer vorsichtig ist und sämtliche Tricks kennt, ist er vorbereitet. Erbläst seinen Gegnern das Licht aus und während die beiden Jungspunde, die ihm das eingebrockt haben, das Weite suchen, zieht er sich in ein sicheres Versteck zurück, das er sich schon vor Jahren in weiser Voraussicht angelegt und mit Geld, Ausweispapieren und Waffen bestückt hat. Hier sitzt er nun und überlegt, wer ihm das angehängt haben könnte, wer ihn aus dem Weg haben will. Das führt zu einer Reise in die Vergangenheit und in Rückblenden wird die Geschichte seines Werdegangs und Aufstiegs als Teamster vom Handlanger und Chauffeur zum Killer Frankie Machine ("Machine" weil er so effizient wie eine Maschine tötet) geschildert. Beginnend Anfang 1960 als Handlanger über die Regentschaft Nixons, den er als Chauffeur seines Padrones kennen lernt, bis hin zu seinem versuchten Ausstieg Mitte der Achtziger Jahre. Eine Geschichte über Mord, Erpressung, Sex und Pornogeschäft, Spielschulden und Stripbars, Freundschaft und Ehre, Loyalität und Betrug. Verfolgt von den Schergen eines unbekannten Gegners, aber auch vom FBI, versucht er nicht nur zu überleben, sondern auch die Gefahr zu eliminieren, wobei Leichen seinen Weg pflastern. Verdächtige gibt es genug, daher bleibt die Spannung bis zum Schluss gewährleistet - und wie endet es? Das Buch lesen bringt die Auflösung.
Lange keinen Roman mehr zur Mafiathematik in den Händen gehalten, doch der hat durchaus wieder Freude am Lesen gemacht. Die Story um Frankie Machine kommt zu Anfang irgendwie altersgerecht eher ruhig und gediegen daher. Das ändert sich mit dem Auftritt der beiden Jüngelchen und der ersten Attacke auf seine Person. Das Tempo zieht an und auch die Rückblenden bezüglich seines Werdegangs bremsen die Story nicht aus, obwohl sie einen Großteil des Romans ausmachen. Verwirrend ist möglicherweise die Vielzahl der erwähnten Personen, doch wer schon einige Filme zu dem Thema gesichtet oder kürzlich die James Ellroy-Romane zum organisierten Verbrechen in den USA zwischen 1963 und 1972 gelesen hat, wird einige davon leicht zuordnen können. Ein Buch, das ein Hohelied auf die ehrenhafte Einstellung der alten Mafiakrieger singt, die niemals unbeteiligte Zivilisten in ihre Auseinandersetzungen gezogen haben und die immer loyal zu ihren Bossen und Freunden standen, aber auch die Veränderungen kritisiert, die sich im Laufe der Dekaden eingeschlichen haben. Heute zählt nur noch die Gier nach Geld und Macht, Treue und Ehre sind zu Fremdwörtern geworden. So kommt es, dass man während der Lektüre tatsächlich Symapthien für den Killer entwickelt und sich mit Spannung durch die rund 360 Seiten liest, wer denn nun von seinen alten Compadres seinen Tod will, wer ihn verraten hat. Und Hollywood ist auch schon aufmerksam geworden und plant eine Verfilmung mit Robert de Niro in der Titelrolle. Wer auch sonst sollte prädestiniert für diese Rolle sein? Laut imdb ist ein Start für 2013 angedacht. Ein flüssiges Buch und mit Sicherheit im oberen Mittelmaß einzuordnen. Auf jeden Fall hat es Appetit gemacht auf die weiteren Werke von Don Winslow, die da "Pacific Private" und "Pacific Paradise" lauten und von einem Surferdetektiv mit lässiger Einstellung handeln.
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2 Kommentare:
Tolle Kritik, aufgrund derer ich mir doch glatt das Buch bestellt habe ;D
LG
Doc Holliday
Danke. Dann hoffe ich mal, dass es auch gefällt. Bin gespannt auf die weiteren Werke. Sind angeblich noch besser.
Gruß
Harry
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