Mittwoch, 23. Juni 2010
Buchreview "Die 13. Stunde"
Richard Doetsch. Nicholas Quinn sitzt im Verhörraum der Polizei. Seine Frau wurde ermordet, und man hält ihn für den Täter. Doch er ist unschuldig. Ihr Tod ist mit dem Schicksal von 212 Menschen verbunden, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen sind, denn eigentlich sollte Nicholas' Frau an Bord der Maschine sein. Doch aus irgendeinem Grund hat sie das Flugzeug in letzter Minute verlassen. Dieser Grund ist für den Absturz verantwortlich. Und für ihren Tod. Ein Fremder betritt das Verhörzimmer. "Ihre Frau lebt noch", sagt er. "Sie können sie retten und die 212 Passagiere des Flugzeugs." Er überreicht Nicholas eine goldene Uhr, auf der die Zeit rückwärts zu laufen scheint. "Sie haben 13 Stunden." Der Countdown läuft.
Da wird Nick aus heiterem Himmel verhaftet, weil er seine Frau ermordet haben soll, als ihm beim Verhör, das extra wegen seines Besuchers unterbrochen wurde, ein Fremder - vermeintlich sein Anwalt - ein Schreiben und eine Uhr überreicht, deren Zeit rückwärts läuft. Als Erklärung bekommt er nur, dass er 13 Stunden Zeit habe, die Sache aufzuklären und seine Gattin zu retten. Ungläubig nimmt er die Gegenstände entgegen und zur vollen Stunde ist er schwuppdiwupp aus dem Verhörzimmer verschwunden und zwei Stunden in der Zeit zurückgereist. Und so soll es denn auch weitergehen - eine Stunde vor, dann wieder zwei zurück. Die Erkenntnisse, die er bei diesen Zeitsprüngen erhält, erschließen sich nur ihm und Gesprächspartner erinnern sich nicht mehr an die Geschehnisse, wenn er später (oder denn auch früher, aus ihrer Sicht) wieder bei ihnen auftaucht. Bleibt die große Frage: Wie kann er sich den Leuten denn erklären, glaubhaft seine Geschichte und Informationen darlegen? Kann er das Verhängnis aufhalten? Auf jeden Fall ist er auf sich allein gestellt, um die Puzzleteile zusammenzusetzen, die er bei seinen Rücksprüngen aufsammelt. Erschwert wird das Ganze natürlich durch die lange Zeit unbekannten Täter, die vor Gewaltanwendung und Schußwaffengebrauch nicht zurückschrecken, wie sie mit dem skrupellosen und kaltblütigen Mord an seiner Frau ja schon hinlänglich bewiesen haben. Der Gefahr trotzend und ohne Rücksicht auf die eigene Unversehrtheit versucht er unbeirrbar, das anscheinend Unvermeidliche doch noch zu verhindern.
Zur Abwechslung mal eine Geschichte, die rückwärts erzählt wird. Filmfreunde werden sich dabei sicher an den glänzenden "Memento" erinnern. Die Erzählweise ist eine erfrischende Neuerung in dem Einheitsbrei (der durchaus auch seine Highlights hat), den man von den Verlagen im Thrillerbereich sonst meist vorgesetzt bekommt und macht einiges an Reiz bei dem Buch aus. Von Beginn an ist man gespannt, wie sich der Protagonist mit der Situation, die ja nun wirklich recht ungewöhnlich ist, zurecht findet und den Tod seiner geliebten Gattin nun aufzuklären gedenkt bzw. sie vor ihrem Schicksal bewahren will. Der einzige Nachteil ist hier auch die Charakterzeichnung der Hauptfigur. Alles ein bisserl zu gut, ein solcher Engel und Gutmensch ist leicht unglaubwürdig, doch das macht dem Gesamtwerk wenig aus. Man kann sich nicht so schnell von der Lektüre lösen, will unbedingt an den nächsten Schritten teilhaben, wissen, wie er die nächste Stunde angeht, Hinweise und Erklärungen erhalten. Diese Ungewissheit ist ein großer Teil des Spannungsbogens, den der Autor hier gezogen hat. Er setzt zwar nicht auf vordergründige Action, aber er lässt sie auch nicht außen vor. Da geht es schon zur Sache, nur halt nicht so fetzig wie bei einem Reilly oder Rollins. Ein paar Logiklöcher sind wohl vorhanden, aber bei Zeitreisegeschichten wohl unvermeidlich und damit kann man sich getrost abfinden. Ansonsten ist das Ding wirklich schnörkellos und spannend, in einem leicht und locker lesbaren Stil, der nicht lesehemmend wirkt. Hat mir wirklich gefallen.
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