Freitag, 2. Dezember 2011

Buchreview "Zeit des Zorns"

Don Winslow. Wenn Dein Feind Dich in die Enge treibt, Dir den Boden unter den Füßen wegzieht, wenn er Dir nimmt, was Du am meisten liebst. Dann ist die Zeit für Verhandlungen vorbei. Dann kommt die Zeit des Zorns.
Ben und Chon sind Dealer von gehobenem Niveau. Ihre exklusive Kundschaft sind die reichen Nichtstuer mit zu viel Geld und Freihzeit in und um San Diego. Sie versorgen sie mit erstklassigem Dope und horten somit Millionen auf ihren Konten. Während Ben sein Gewissen mit wohltätigen Spenden und Einrichtungen in der ganzen Welt zu beruhigen sucht, lässt Chon es ruhig angehen und kümmert sich lieber um das Geschäft. Beide haben aber Spaß an ihrem feudalen Lebensstil, keine Probleme und beide lieben dieselbe Frau. Auch kein Drama, denn die liebt ebenfalls beide. Ophelia - genannt O - ist in dem Unternehmen für die Finanzen zuständig, lässt sich aber hauptsächlich treiben und weiß nichts mit sich anzufangen, außer viel Sex mit ihren beiden Lovern. Eine echte Dealer-Idylle unter der Sonne Kaliforniens. Das ändert sich als das Baja-Kartell die Fühler von Mexiko über die Grenze zu den USA ausstreckt und das einträgliche Geschäft des Trios feindlich übernehmen will. So einfach lassen die sich aber nicht aus dem Geschäft drängen, was dazu führt, dass die Mexikaner O entführen und damit drohen, sie zu köpfen, wenn ihnen das Dope und die Herstellungsstätten nicht übergeben werden und die Drei ab jetzt fürs Kartell arbeiten. Chon, der Mann fürs Grobe und mit Erfahrung bei den SEALS und in Afghanistan, legt sich einen Plan zurecht, um dem Kartell die Suppe zu versalzen. Und dabei sind ihm alle Mittel recht. Nachdem die ersten Opfer zu beklagen sind, eskaliert die Sache und auch Unschuldige werden hineingezogen.
Winslow in gewohntem Stil, nicht ganz so brillant wie bei "Tage der Toten", an den das Buch in mancher Sequenz erinnert und auch wirkt, als wäre es nur ein Teil des großen Ganzen aus seinem Meisterwerk, aber immer noch weit über dem Durchschnitt. Zynisch, sarkastisch, cool, hart und temporeich mit einer ironischen Note (als Beispiele seinen die Weinverkoster oder der Schwarzarbeiter im Weißen Haus genannt). Entgegen der Erwartungen, dauert es seine Zeit, bis richtig Fahrt in die Sache kommt. Erst werden die Protagonisten vorgestellt, ihre Lebensumstände seziert und für mich zumindest kommt keine wirkliche Sympathie für die drei Dealer auf. Es läuft eher auf die Verbrecher aus Vergnügen (und natürlich Geldgier) und die richtig fiesen Mexikaner mit ihren brutalen Methoden hinaus. Klar, dass man dann doch mit dem kleineren Übel mitfiebert. Es entwickelt sich eine Geschichte um Betrug, Verrat, Hinterlist, Kartellkriegen und familiären Abgründen, die gewalttätig und stellenweise brutal daherkommt. Kompromisse kennen dann bald auch beide Seiten nicht mehr. Die kurzen und wirklich knappen Kapitel (Kapitel 1 hat nur zwei Worte für den Leser übrig) und sein für die Masse ungewohnter Stil kommen dem Buch natürlich zugute. Und auch seine sachliche Erzählweise, die sich dann aber plötzlich zu rein ironischen Anmerkungen wandelt, ist etwas Besonderes auf dem Markt. Und Kalifornien zeigt er mal wieder von seiner weniger sonnigen Seite - und das bis zum bittersüßen Ende. Stellenweise wirklich harte Kost, wie sich vermeintlich friedfertige Menschen in Bestien verwandeln können, die nur noch von den noch übleren Individuen übertroffen werden, die sie dazu getrieben haben, aber dafür ist es ja ein Winslow. Der Film "Savages" (Originaltitel) ist übrigens schon in der Mache und weist mit John Travolta (DEA-Mann mit Wampe), Uma Thurman (Mutter von O), Benicio del Toro (Kartellkiller), Blake Lively (O), Taylor Kitsch aus John Carter (Chon) und Aaron Johnson aus Kick Ass (Ben) unter der Regie von Oliver Stone (JFK) einen beeindruckenden Cast auf.

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