Montag, 13. Mai 2013

Buchreview "Raylan"

Elmore Leonard. Raylan Givens ist ein Top-Ermittler im U.S. Marhsals Service. Er schreckt nicht davor zurück, zur Waffe zu greifen - und sie auch effektiv einzusetzen. Dass er damit Strafverfahren schneller abschließt, als sie eröffnet werden können, bringt Raylan nicht nur Freunde ein. Deshalb ermittelt er nicht mehr im sonnigen Florida, sondern in der trostlosen Einöde von Kentucky. Hier in Raylans Heimatstadt Harlan schlug einmal das Kohleherz Amerikas, heute ist der Ort nur noch ein Umschlagplatz für Drogen. Doch auch der Drogenmarkt droht zu kippen, sodass zwei findige Dope-Dealer beschließen, auf menschliche Organe umzusteigen. Als Raylan den beiden auf die Schliche kommt, findet er sich plötzlich in der Rolle des unfreiwilligen Organspenders wieder.

Raylan ist mit seinen auf dem Weg, um einen kleinen Dealer namens Angel zu verhaften, der sich so clever angestellt hat, sich nur drei Monate vor Ablauf seiner vierjährigen Bewährungszeit mit Dopeverkauf zu beschäftigen und dabei beobachten zu lassen. Angel ist aber kein hartgesottener Typ, sondern sogar meist unbewaffnet. Also betritt Raylan das Motelzimmer, in dem sich Angel aufhält, zwar mit einer gewissen Portion vorsicht, aber dennoch relativ ruhig. Er findet den Kleindealer in Eiswasser in dessen Badewanne vor und schnell stellt man fest, dass man ihm beide Nieren geklaut hat. Damit nicht genug. Im Krankenhaus erzählt Angel, dass die Typen ihm auch noch das Geld für den Deal abgenommen haben und jetzt dazu so unverschämt sind, per Fax dem Krankenhaus und somit Angel dessen Nieren zum Rückkauf für 100.000 Dollar anzubieten. Angel verrät Raylan die Namen der Käufer seines Stoffs und Raylan will sie sich vornehmen. Dabei stolpert er nicht nur über die eine oder andere Leiche, sondern wird selbst zum Spender wider Willen auserkoren. Also unternimmt er was dagegen und gerät dabei nur in den nächsten Schlamassel
in Form eines Todesfalls, der nur vermeintlich Notwehr zu sein scheint. Sein Bekannter Boyd Crowder gibt an, einen Mann erschossen zu haben, der sich bei der Vertreterin der Kohleabbaugesellschaft etwas zu derb über deren Vorgehensweise und Ausbeutung der Arbeiter sowie Verschmutzung der Landschaft beschwert hatte. Damit nicht genug, kommen ihm noch eine Frauendreigestirn mit Hauptberuf Bankraub sowie eine Pokerspielerin auf der Flucht in die Quere.

Hat man schon die TV-Serie genossen, kann man sich die Figuren aus Elmore Leonrads Buch "Raylan", das er mit einem netten neuen Geschäftskniff beginnt, viel besser vorstellen. Man hat Timothy Olyphant oder Walton Goggins irgendwie ständig vor Augen. Und das Geschäftsmodell des Nierendiebstahls wurde um die Zutat ergänzt, dass man die entwendeten Organe gleich demjenigen wieder anbietet, der sie wohl am nötigsten hat - dem "edlen" Spender nämlich. Und dazu die Fälle mit Gewehrpatronen im Altenheim, bankraubenden Stripperinnen, Pokermiezen und Kohleabbaugesellschaft. Alles unterhaltsam verknüpft und mit stellenweise hanebüchenen Ideen zu einem Roman mit lakonischem Unterton und coolen Typen. Das alles absolut frisch serviert von einem fast 90-jährigen, der etliche der heute schreibenden Jungspunde erblassen lässt. Knappe Plaudereien, die hin und wieder durch schnelle und kurze Gewaltausbrüche unterbrochen werden, machen "Raylan" aus, heben ihn aus der Masse hervor - und die Erkenntnis, dass die treibende Kraft hinter dem Bösen Frauen sind. Kurzweilig, schlagfertig, mit zwielichtigen Gestalten und viel Wortwitz gesegnet, lässt Elmore Leonard mit "Valdez kommt" noch eine Anspielung auf ein vergangenes Meisterwerk einfließen und sorgt insgesamt dafür, dass sich bei der Lektüre immer ein leichtes Schmunzeln auf das Gesicht des Lesers zaubert. Einfach klasse. 

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