Craig Russell. Der tiefe, dunkle Schlaf. Die meisten halten ihn auf dem
Grund eines Flusses. Erst gestern ist wieder ein Gauner hochgeholt
worden - er lag 18 Jahre im Wasser. Jetzt haben mich seine Töchter
engagiert. Denn sie erhalten seit 18 Jahren Geld, angeblich von ihrem
Vater. Ich soll herausfinden, wer das Geld wirklich schickt. Dazu muss
ich bei den Gangsterbossen ein bisschen Staub aufwirbeln. Mein Instinkt
schlägt Alarm. Ich mach's trotzdem.
Da kommen
Zwillingsschwestern ins Büro von Lennox. Sie bitten ihn, den Absender
von Postsendungen zu suchen, die sie seit 18 Jahren erhalten - jede von
ihnen. Jeweils sind 1000 Pfund beigelegt. Sie vermuten, das Geld könnte
von ihrem Vater stammen, der angeblich seit 18 Jahren tot sein soll. Nun
wollen sie Gewissheit. Zeitlich passt das wunderbar damit zusammen,
dass gerade eine ziemlich verknöcherte Leiche aus dem Clyde geborgen
wurde, die man anhand eines Zigarettenetuis als die von Joe Strachan,
dem Vater der Girls und Gentleman-Verbrecher ohne Skrupel,
identifizierte. Strachan war vor seinem Verschwinden an drei
spektakulären Raubüberfällen mit perfekter Planung als Mastermind
beteiligt und ist wie seine vier Kumpane nach den Hits verschwunden, was
sicher auch damit zusammenhing, dass dabei ein Polizist getötet wurde.
Und so etwas nehmen seine Kollegen übel und vergessen es nicht. Prompt
wird Lennox auch von seinem Bullenintimfeind McNab aufgesucht. Doch
statt der erwarteten Bullenpeitsche bekommt er ein Angebot, dass McNab
ihn engagieren will. Dieser war an den Ermittlungen damals beteiligt und
es nagt noch immer an ihm, dass man den Polizistenmörder nicht finden
konnte. McNab hat von den Ermittlungen um die Geldsendungen von Jock
Ferguson erfahren, einem Gewährsmann von Lennox bei der Polizei. Jetzt
sieht er seine Chance, den Fall zum Abschluss zu bringen - selbst wenn
er dabei die Hilfe von Lennox in Anspruch nehmen muss. Zu dieser Aufgabe
gesellt sich für Lennox ein weiterer Auftrag - so gut bezahlt, dass
man das Geld tatsächlich am Finanzamt vorbeischleusen muss. Reguläre
Einnahmen für die Bücher sind sein Engagement für die Zwillinge sowie
sein Job als Geldtransportfahrer. Die gutbezahlte Arbeit dreht sich um
einen populären US-Schauspieler, der gerade in Glasgow weilt, um einen
Film zu drehen. Er wrid mit Fotos erpresst, die ihn beim Sex mit einem
anderen Mann zeigen. Das Problem dabei ist vor allem, dass der andere
ein Mitglied der Upper Class ist und nicht in Verlegenheit gebracht
werden darf. Wobei er eigentlich nur der Sprößling eines Blaublütigen
ist. Doch der Skandal wäre perfekt. Klingt nach leichter Arbeit - Bilder
und Negative einsammeln, dem Erpresser auf die Finger hauen und fertig.
Aber warum wird das so gut bezahlt? Auf was er sich da eingelassen hat,
wird Lennox erst viel später klar.
Ich weiß nicht, was sich
Bastei-Lübbe bei den Klappentexten denkt. Verkaufsfördernd mag ja ganz
okay sein, aber immer wieder falsche Infos fällt den Lesern doch auf und
irgendwann lässt man Bücher des Verlages halt liegen, weil man ja
vermuten muss, dass mehr versprochen als gehalten wird bzw. eine völlig
andere Handlung einen erwartet als beworben. Auch hier ist wieder
Blödsinn geschrieben worden. Die Töchter wissen nicht, von wem das Geld
kommt. Sie wollen es erfahren. Das ist der Auftrag. Sie VERMUTEN bloß,
dass er es sein könnte und wollen wissen, ob er vielleicht doch noch
lebt. Aber von dem Verlag ist eh nicht viel zu erwarten. Zu sehr schon einer der großen Verlage, etabliert und wenig kundenorientiert. Wieso auch, die Bücher werden auch so verkauft. Daher ist deren Kontaktformular auf der Homnepage wohl auch nur eher eine Zierde, denn wirklich von Nutzen. Antworten erhält man von denen auf Anfragen nämlich nicht. Das Buch selbst ist meines Erachtens eine Steigerung gegenüber den
beiden Vorgängern. Zwar sind auch die üblichen Verdächtigen und die
Drei Könige wieder am Start, doch der verzwickte Fall, der tief in die
Vergangenheit reicht, Lennox auch mit seinen eigenen dunklen Seiten
konfrontiert und der Figur wieder etwas mehr Tiefe verleiht, bleibt
spannend bis zum Schluss, auch wenn man sich den einen oder anderen
Kniff schon selbst ausmalen kann. Natürlich wird auch die Zeit Mitte der
Fünfziger Jahre unter die Lupe genommen, als man immer noch mit den
Auswirkungen des Krieges haderte, Standesdünkel vorherrschte, die
Bullerei rücksichtslos bis brutal vorging und Homosexualität noch unter
Strafe stand. Glasgow ist ein düsteres, verdrecktes, von der Industrie
verseuchtes Pflaster, in dem Ausbeutung und Kriminalität Hand in Hand
gehen, aber nur die offene Kriminalität bestraft wird (Erinnert
irgendwie auch an heutige Zeiten, wenn Politik und Wirtschaft sich
gegenseitig den Rücken decken). In dieser Umgebung, von der man beim
Lesen wirklich bildlich vor sich hat, wie der Smog und der Schmutz in
Glasgow die Welt des Lennox beherrschen und nur Düsternis über die Stadt
bringen, versucht der Protagonist, sich von seiner Vergangenheit und
den Verbindungen zum organisierten Verbrechen zu lösen, was sich als
schwerer herausstellt als geglaubt. Zudem ist Lennox in seinem dritten
Auftritt diversen Abenteuern mit unterschiedlichen Aktricen nicht
abgeneigt. Erheblich mehr als in den ersten beiden Auftritten zusammen.
Die Fälle sind verzwickt bis hin zu etwas verworren, aber auch
interessant und flüssig zu lesen, die Gegner rau. Lennox ist wieder cool
wie eine Hundeschnauze, hart und auch berechnend, lässt nix anbrennen
und Craig Russells Humor kommt diesmal besser zur Geltung als zuvor.
Band vier wird ebenfalls eingekauft, sollte er eine deutsche Übersetzung
erfahren dürfen. Rund 365 Seiten.
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