Dienstag, 26. April 2016

Buchreview "Einsame Jäger" S. Hunter

Stephen Hunter. Als in den Bergen von Idaho ein Mann erschossen und die Frau, die ihn begleitet, tödlich verwundet wird, holt den Kriegsveteranen Bob Lee Swagger seine Vergangenheit ein. Denn der Schütze schien es in Wahrheit auf ihn abgesehen zu haben. Die Suche nach einer Erklärung konfrontiert ihn mit schmerzhaften Erinnerungen an seine Einsätze in Vietnam. Steckt der geheimnisvolle Russe Solaratov dahinter, der schon damals Jagd auf ihn machte? Welche Rolle spielen seine eigene Frau Julie und ihr Ex-Verlobter Donny, für dessen Tod an der Front sich Bob persönlich verantwortlich fühlt? Im Umfeld der US-Friedensbewegung stößt Bob auf eine Verschwörung, die sein Vertrauen in den amerikanischen Militärapparat auf eine harte Probe stellt. 

Gegenwart. Ein Grüppchen von drei Personen ist auf einem Ausritt in den Bergen unterwegs. Plötzlich fallen Schüsse, der Mann stürzt vom Pferd. Washington, 1971. Donny Fenn ist von seinem Abschied bei den Marines noch 13 Monate entfernt und nach einem damaligen, ungeschriebenen Gesetz wird niemand mehr ins Gefecht geschickt, der sein Dienstende in Vietnam erleben würde. Also ist er nun Corporal der Sargträgereinheit, die die Gefallenen aus Übersee aus dem Flugzeug trägt, das sie in die Heimat gebracht hat. Seine Truppe besteht aus vernünftigen Männern, aber auch Hallodris oder Drückebergern. Er muss die Disziplin aufrecht erhalten. Dann kommt ein neuer Befehl. Er muss sich mit Männern vom NIS treffen, dem Ermittlungsdienst der Navy. Sie wollen einen Verräter entlarven und es soll einer seiner Leute sein. Donny soll sich bei ihm einschmeicheln und mit ihm zu den üblichen treffen der Hippies und Langhaarigen Kriegsgegnern gehen, Beweise sammeln, Anführer identifizieren. Etwas wirklich Belastendes findet er nicht und eine dennoch geforderte Falschaussage verweigert er. Und ab geht es nach Vietnam. Vorher heiratet er aber noch seine schöne Freundin Julie, macht aber der Armee keine Meldung von der Eheschließung. 1972. In Vietnam wird er zum Spotter (Beobachter und Helfer) von Bob Lee Swagger, dem Scharfschützen. Mit ihm zusammen geht er in einen selbstmörderischen Einsatz, um ein ganzes Bataillon des Gegners aufzuhalten, der auf eine Firebase zuhält, die kaum noch fähig ist, sich zu verteidigen. Der Einsatz wird ein voller Erfolg, der Feind dezimiert, irritiert und demoralisiert. Doch der VC holt sich Unterstützung aus Russland - Solaratov. Auch der ist ein hochdekorierter Sniper. Und bei einem weiteren Einsatz verletzt er Swagger schwer und tötet Donny Fenn an seinem letzten Tag in Vietnam. Zurück in die USA der Gegenwart. Bob Lee Swagger ist entsetzt über die Schüüse auf seine Frau und Tochter und den Tod des Nachbarn. Bald findet er heraus, dass hier ein Scharfschütze am Werk war. Doch warum? Hinweise auf Vietnam? Das wirft ihn zurück, er beginnt wieder zu trinken wie damals direkt nach Vietnam. Er dachte, er habe dies überwunden. Dann wird er aufgerüttelt und macht sich daran, die Hintergründe aufzudecken. Was er herausfindet, ist alles Andere als erwartet.

Um beim Thema zu bleiben: "Einsame Jäger" ist ein Geschoss, ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss, das den Leser treffsicher erwischt. Keine Chance der Faszination zu entkommen. Ein kleines bisschen Waffenporno, wenn es um Patronengrains, Munitionslehre, Entfernungen, Windbeobachtung, Treibladung oder Zündung geht sowie die Bezeichnung der Waffen (Repetierer, Dragunov). Und in den Vietnamszenarien Bilder an etliche Filme zu diesem Thema hervorrufend, man sieht richtiggehend, wie sich Swagger positioniert, ausweicht, neu einrichtet und vor oder zurück geht. Ein regelrechtes Actionfeuerwerk wird im zweiten Teil des Buches in Vietnam abgebrannt, an dem Swagger zwar den Hauptanteil hat, das aber auch das unterstützende und alles zerfetzende Feuer aus den fliegenden Maschinenkanonen der Hueys oder der Flugzeuge, das in rasendem Tempo Mensch und Terrain regelrecht umpflügt und zerlegt. Der erste Teil des Buches, der nach dem Prolog nur Donny Fenn gewidmet ist, bereitet den Fortgang der Geschichte vor, legt den Grundstein für Verrat, Heimtücke und Tricksereien. Zudem bringt er auch das Lebensgefühl von damals recht lebendig zurück, seien es die Hippies, die Friedensbewegungen, die eigentlich demonstrieren, um der Gewalt abzuschwören, dabei aber selbst welche anwenden, aber auch die wirklich nur für Frieden und Gerechtigkeit und Gleichheit entretenden Gruppierungen. Erfreulich: der Autor hält sich bis auf wenige kleinere Ausnahmen mit Wertungen der Konfliktparteien ziemlich zurück. Und von Bob Lee Swagger bekommt man auch die menschliche Seite gezeigt. Die immer noch währenden Nachwirkungen des Krieges, seine Angst um Frau und Kind, die Furcht vor Verlust. Und dann den Mann, der zielstrebig nach der Lösung sucht, sich durch nichts von seinem Weg abbringen lässt. "Einsame Jäger" ist ein Buch, das sich aufteilt in harte und munitionsverschleißende Action, Sniper-Duellen und einem Thriller mit Verschwörungs-und Spionageelementen, die von Beginn an nach und nach zusammengeführt werden und eine unfassbar hohe Spannung garantieren, ohne menschliche Dramen außer Acht zu lassen. Wie soll man so ein hervorragendes Buch bewerten? Einfach mit ÜBERRAGENDEN 11 von 10 Punkten und einer Kaufverpflichtung für Freunde dieses Genres. Und einen Dank an den veröffentlichenden Verlag Festa hinterher gesetzt, der die Werke von Stephen Hunter ungekürzt auflegt. Vor langer Zeit in der Dunkelheit des Wesens eines der Großverlage wurden einige wenige Bücher zensiert oder zumindest auf eine reduzierte Seitnezahl zurechtgestutzte Weise unters zahlende Volk gebracht und dann auch schnell wieder abgebrochen. Das übliche Spiel halt. Da müssen schon die kleineren Konkurrentenher, um die richtig guten Bücher an den Leser zu bringen. Verlage wie der Festa-Verlag eben.

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