Montag, 23. Mai 2016

Buchreview "Kaliber" K. Bruen

Ken Bruen. Der Südosten Londons wird vom Manners Killer heimgesucht, der seinen Opfern eine Lektion in Anstand beibringen will. Sein Pech, dass die Ermittlungen ausgerechnet Inspector Brant übernimmt, der gerade einen Kriminalroman schreibt und in bester The Killer Inside Me-Manier von Jim Thompson der Meinung ist, dass, wenn schon jemand in seinem Revier ungestraft mit einem Mord davonkommt, er das doch bitteschön selbst ist.

Sergeant Brant gehört zur Metro-Police von London. Brant arbeitet auf seine ureigene Weise, was den Vorgesetzten und Kollegen nicht wirklich behagt. Und dann wird er herausgefordert. Der Manieren-Killer tanzt ihm auf der Nase herum und das gefällt Brant gar nicht. Es ist SEIN Job, den Leuten Mores beizubringen. Da kann er auf die Hilfe eines dämlichen Serienkillers gerne verzichten. Der Killer muss also aus dem Weg. Gar nicht so einfach bei einem Typen, der genug Geld hat, um sich nicht in die Regionen begeben zu müssen, in denen sonstige Gewaltverbrecher zu finden sind. Brants Kollege Roberts findet schnell heraus, wie man in diesem Umfeld der Gangster mit lästigen Bullen umspringt. Dort jedenfalls ist der Manieren-Killer nicht zu finden. Und Brant? Der geht seinen Kollegen mit seinen Ambitionen einen Kriminalroman - oder besser DEN Kriminalroman - zu schreiben schwer auf die Nüsse. Lässt sich doch eiskalt vom Kollegen Porter ein Expose verfassen, das er bei einer Agentin einreicht, die ihren neuen Autor bald besser kennenlernt. Dann ist da noch Falls, die wieder auf Ochsentour geschickt wird, weil sie nicht ins Raster passt und Mist gebaut hat. Jetzt soll sie mit McDonald in die Schulen gehen und den jungen Gangstern die Feinheiten der Polizeiarbeit erläutern. McDonald hat das besser drauf - eine aufs Maul und Ruhe ist. Doch unterdessen macht der Manieren-Killer weiter von sich reden, die Bosse bekommen Bammel ob der schlechten Presse. Und Brant scheint sich mehr für seinen Roman zu interessieren, denn für seine Arbeit. 

Man erinnert sich vielleicht noch an Jason Statham in "Blitz"? Ja, das ist gut. Und eine noch schlimmere Marke als jener im Film ist der Sergeant Brant in den Büchern. Der klaut, kifft, kokst, haut und schießt, was das Zeug hält. Brant ist ein Schweinehund oberster Güteklasse. Die Arbeit interessiert ihn nur, wenn er davon profitieren kann - und er meint damit nicht nur sein Gehalt. Ein weiteres Hobby von ihm ist die Ausübung von Gewalt im Dienst. Gangster verdreschen macht einfach Spaß. Und wenn grad mal keiner da ist, tut es auch ein renitenter Kollege. Brant provoziert, lästert, dealt, prügelt. Kein Vorzeigepolizist. Aber das gilt auch für alle anderen Figuren in "Kaliber". Wer eine nette Identifikationsfigur sucht, lese lieber ne andere Lektüre, hier findet man keine. Und falls doch, kriegt sie von Brant eine auf die Fresse. Brant ist böse und hat einen nicht überschaubaren Mangel an Skrupeln. Ihm ist jedes Mittel recht. Und es ist ihm eine Freude, all seine Kollegen und Bosse ebenfalls als Kotzbrocken dastehen zu lassen. Erziehung ist alles. Hier wimmelt es nur von schrägen Typen und Arschgeigen, die zu keinem anderen Job zu gebrauchen wären. Und der Manieren-Killer? Entpuppt sich bald als ein überheblicher und selbstgerechter Psycho, der auch nicht wirklich alle Tassen im Schrank hat. Und dies schildert der Autor in knappen, sehr zurückgenommenen Sätzen. Keiner spricht ein Wort zuviel, die Dialoge sind fast minimalistisch. "Kaliber" ist noir in Reinkultur. Von Recht und Ordnung findet man hier eigentlich nichts, aber man kann sich dem schwarzen Humor von Ken Bruen auch nicht entziehen. Ein gelungenes und kurzweiliges Buch, das aber auch nur rund 180 Seiten zu bieten hat.

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