Mittwoch, 22. März 2017

Buchreview "Rain dogs" A. McKinty

Adrian McKinty. Unruhen bekämpfen, das Herz in Whisky ertränken und Fälle aufklären, aber nicht vor Gericht bringen dürfen. Darin ist Sean Duffy als katholischer Bulle in Nordirland Spezialist. Und jetzt hat er es gegen alle Wahrscheinlichkeit auch noch zum zweiten Mal mit einer locked room mystery zu tun: einem verschlossenen Ort, niemand darin ausser dem Opfer, niemand konnte rein oder raus - und dennoch hat Duffy seine Zweifel daran, dass es wirklich Selbstmord war.

Muhammed Ali besucht Belfast. Großeinsatz der Polizei und Duffy natürlich mittendrin. Der Größte haut wie selbstverständlich seine besten Sprüche raus, macht ein bisschen Schattenboxen und entdeckt dann eine Gruppe Rassisten auf der anderen Straßenseite, wie sie Plakate hochhalten und fiese Zoten brüllen. Und der Albtraum eines jeden Bullen wird Wirklichkeit: Ali tänzelt über die Straße zu den Brüllaffen. Höchste Alarmbereitschaft. Später wird Duffy zu einem Diebstahl geschickt. Eine finnische Delegation ist in Belfast abgestiegen, um sich über mögliche Standorte für neue Fabriken zu informieren, was für Stadt und Land enorm wichtig wäre. Also muss dieses infame Verbrechen dringendst aufgeklärt werden - und Duffy ist dafür der Richtige. Also Befragung der Beteiligten, bei der sich ein Herr Ek als eigentlicher Sprecher der vier Personen hervor tut und auch Fragen beantwortet, die man den anderen der Gruppe gestellt hat. Duffy ist genervt, hat aber einen Verdacht, dass diese Angelegenheit kein wirkliches Drama ist. Am selben Tag trifft er auch noch Tony, einen früheren Polizeikollegen, der dem Ruf des Geldes nach England gefolgt ist und nun als Sicherheitsberater tätig ist - für ebendiese vier Finnen. Und dann taucht auch noch eine Reporterin auf, die nach einer Story sucht und hofft, von Duffy etwas erfahren zu können. Kann sie nicht. Dennoch ist genau sie es, die im Hof Carickfergus Castle tot aufgefunden wird. Hat sie sich einschließen lassen, nachdem die Besuchszeit für Touristen zu Ende war und ist dann vom Turm aus in den Tod gesprungen? Alles erweckt genau diesen Eindruck, doch Duffy gefällt dieses Szenario nicht. Was hat sie hier gewollt? Wieso sollte sie springen? Als er mit ihr gesprochen hatte, wirkte sie nicht im geringsten gefährdet. Aber in ihren Unterlagen und bei ihrem Arbeitgeber endeckt er Material, das auf ein Komplott hindeutet, dem sie auf der Spur war. Und so ist nun neben dem Hausmeister, der als einzige Person einen Schlüssel für das Castle und die Räume hat, nicht mehr der einzige Verdächtige. Nur wurden die anderen nicht namentlich erwähnt. Verzwickt.

"Rain dogs" ist auch wieder mit dem trockenen Humor des Protagonisten gewürzt. Ein Mann zu Duffy: "Sie haben das Herz eines Tigers." Darauf Duffy: "Und Hausverbot im Zoo." Und es ist immer wieder kaum nachzuvollziehen, welch mumliges Gefühl Duffy beschleicht, wenn er jedes Mal, bevor er in sein Auto steigt, prüfen muss, ob da keine Bombe angebracht ist. Immer auf der Hut, immer vorsichtig sein und nur in den eigenen vier Wänden mit etwas konfisziertem Hasch und de Lieblingsmusik entspannen können. Und jetzt noch mit Lawson einen Frischling an der Backe, der auch für einigen Humor herhalten muss - natürlich auf seine Kosten. Besonders Crabbie tut sich mit einigen lakonischen Zeilen hervor. Gerade er kommt hier ein weiteres Mal als der unerschütterliche Sarge rüber, der irgendwie schon alles erlebt zu haben scheint und den nichts mehr aus der Ruhe bringen kann. Und wie so oft fußt diese Story durchaus auf wahren Begebenheiten, die nicht nur dem Terror in Nordirland zur damaligen Zeit zuzuschreiben sind. Sei es Falkland, Thatcher, politische Mauscheleien - einen wahren Kern haben die Geschichten um Sean Duffy immer. Und auch hier erläutert der Autor am Ende des Buches, woher die Inspiration kam. Kurze Stakkatosätze, die man auch bei Winslow oder Ellroy finden könnte, ziehen sich durch die Story, die man dadurch nur noch zügiger liest, obwohl da schon die Handlung an sich genügt, das Buch zu einem weiteren Page Turner Marke McKinty zu machen. Der Stil des Autors ist stark, bringt durch den Protagonisten Duffy die unheildurchsetzte Atmosphäre der irischen Seele in und um Nordirland wunderbar zur Geltung, lässt hin und wieder auch die Musik sprechen, wie der Titel "Rain dogs" beweist. Von Tom Waits dereinst als Ode für die Verlierer im großen Spiel des Lebens getextet, trifft es diese Aussage heute nur noch mehr. Gewinner sind immer nur die Politiker, die mit den Reichen (und somit anderen Gewinnern) mauscheln, dass niemand an ihren Pfründen rütteln kann oder etwa ein lästiger Emporkömmling in ihre Phalanx der Eliten eindringen kann. Der Thriller von Adrian McKinty ist spannend, flott und manchmal auch recht kritisch bestimmten Situationen und Personen gegenüber. Es fesselt zu beobachten, wie der intelligente und zielstrebige Duffy sich der Klärung des verzwickten Falles nähert. Und zum Schluss eine andere Überraschung erlebt.400 feine Thriller-Seiten.

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