Montag, 27. November 2017

Buchreview "Der Tequila-Effekt" R. Diez

Rolo Diez. Mexico City: Polizeioffizier Carlos Hernandez rackert sich ab für einen Hungerlohn. Kleine Nebengeschäfte sind an der Tagesordnung, will er seine zwei Familien unterhalten und den Chef mitversorgen. Als er in einem heiklen Fall ermittelt - Gringos, Kubaner und Kolumbianer bringen sich gegenseitig um, Prostituierte verschwinden - fängt er sich auch noch eine Kugel im Kopf ein. Und sieht alles in anderen Farben.

Die Polizeiorganisation OB (Operative Beziehungen) ist im Prinzip ein Deckmantel für alle mehr oder eher weniger legalen Geschehnisse, in die entweder Gringos oder Personen des öffentlichen Lebens verwickelt sind, auf die nicht ein einziger Schatten eines Verdachts fallen darf. Hier arbeitet Carlos Hernandez, Offizier mittleren Ranges, mit einer Bezahlung unterer Gehaltsklasse. Fr ihn ist der Job dennoch ein Gewinn, denn hier lässt sich ganz gut Kasse machen. Sein Chef macht es ihm schließlich vor, will er doch von Hernandez mitversorgt werden. Nun muss er in einem Fall eines toten Gringos ermitteln, der eine ganz spezielle Sorte von Filmen gedreht hat und dazu Zimmer in einem Stundenhotel mietete. Als Täter kommt ein blonder Transvestit infrage. Doch bald gehen die Ermittlungen in eine ganz andere Richtung und zwischen den Schäferstündchen bei seinen beiden Familien, findet Hernandez dann die Zeit, eine kompromittierend Video-Cassette aufzutreiben und zu sichten. Jetzt hat er seinen großen Fall und einen fetten Fisch an der Angel. Und mächtig Ärger am Hacken. Jetzt steht er auf der Abschussliste und bekommt sogar eine Kugel in den Kopf. Er überlebt und weiß nun, was er wirklich zu tun hat.

"Der Tequila-Effekt" nimmt sich die Lebensart der Mexikaner zur Brust. Machos und Moneten, zu einem explosiven Gemisch gebraut mit viel Tequila. Korruption herrscht im gesamten Land, die Hauptstadt und/oder Poltiker und Staatsbedienstete machen da keine Ausnahme. Jeder hält die Hand auf oder hat klebrige Griffel. Natürlich auch Hernandez, der schließlich zwei Familien zu ernähren hat und den seine Frauen ziemlich im Griff haben. Also wird Schutzgeld erpresst, Schmuck geklaut oder eben Naturalien als Zubrot verlangt, um Verdächtige zu entlasten. Irgendwie bestätigt das Buch diverse Vorurteile, die zumeist vom nördlichen Nachbarn geschürt werden. Es hat aber auch Humor, wenn man sich vorstellt, wie Hernandez unter der Fuchtel seiner Frauen und seines Chefs versucht, über die Runden zu kommen und jeden zufriedenzustellen. Und an sich selbst bzw. seiner Potenz zweifelt. Da bleibt trotz einiger grimmiger Szenen immer mal wieder ein Schmunzeln im Gesicht des Lesers hängen. Der Protagonist ist ein gewiefter Drecksack, der mit seinen vielen Nebenjobs und Versuchen, einen Schnitt zu machen, einen gewissen Sympathiefaktor gewinnen kann. "Der Tequila-Effekt" ist eine Mischung aus Hardboiled und Noir mit mexikanischem Flair. Flott inszeniert mit Augenmerk auf der Hauptfigur, die auch eine ausführliche Charakterisierung erfährt, wogegen die meisten anderen Beteiligten eher Nebenfiguren oder seine Schachfiguren sind, so wie er sie nach Belieben hin und her schiebt und manipuliert. Eine gelungene Gesellschafts-Satire auf 180 Seiten, eingebettet in eine Krimi-Story, die in der Hauptstadt Mexiko-City spielt.

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