Donnerstag, 23. November 2017

Buchreview "Tig3r" N. Petrie

Nicholas Petrie. Peter Ash sucht in den Wäldern Nord-Kaliforniens Zuflucht vor den Zumutungen der Zivilisation. Doch stattdessen trifft er auf einen lebensbedrohlichen Grizzly und dann auf eine Journalistin, die gerade knapp ihren Entführern entkommen ist. Ohne es zu wissen, trägt sie den Schlüssel zu einem geheimen Algorithmus bei sich, einem Programm, das die Welt für immer verändern könnte.

Die Journalistin June ist freie Mitarbeiterin ohne den Schutzschirm einer festen Anstellung mit Krankenversicherung bei einer Non-Profit-Journalistengruppe. Mit ihren knapp 30 Jahren hat sie vor Kurzem schon ihre Mutter verloren und ihr Vater erwies sich als Despot. Jetzt ist sie auf sich gestellt und zieht ihr Ding durch. Als sie einmal nach der Arbeit in das Apartment ihrer Mutter kommt, ist dieses völlig auf den Kopf gestellt. Einbrecher waren da und haben wohl etwas gesucht. Als sie dann mit ihrem Rad nach Hause fahren will, wird sie von einem SUV von der Straße gedrängt und von einem Typen aus dem Wagen einkassiert. Wenig später schafft sie es aber zu entkommen. Derweil ist Peter auf seiner Wanderung durch den dichten Redwood-Wald mit seiner Situation recht zufrieden, hat er doch die Ruhe, die er braucht. Bis dann ein Grizzly die Überlegung anstellt, dass der Kerl da mit dem Rucksack ein gutes Fresschen abgeben würde. Peter verzieht sich ohne Rucksack auf einen der Bäume und kommt in den Genuss einer Fressorgie des Riesenteddys, der seinen Rucksack fast komplett leerfrisst - inklusive einiger ungesunder Sachen wie dem Handy. Und Freund Grizzly lässt sich Zeit. Ash muss auf dem Baum übernachten. Tags drauf will Peter über die Wipfel der noch höheren Bäume Distanz zwischen sich und den Bären bringen und stößt dabei auf ein Seil, das von einem gegenüberliegenden Baum hängt. Er greift es sich und klettert weiter. Bis er aufgehalten wird. Eine Frau mit Pfeil und Bogen stoppt ihn. Es ist June, die sich an einem von ihr früher eingerichteten Platz vor ihren Häschern versteckt. Und die sind unten schon zu hören. Trotzdem können die beiden Verfolgten entkommen und Ash gerät in eine Sache, die immer gefährlicher und undurchsichtiger wird, je länger er sich damit befasst.

Ash wird immer noch von seinem "weißen Rauschen", wie er es nennt, von beengenden Räumern ferngehalten und bleibt draußen in derWildnis. Er findet die enge bedrückend und bekommt Schweißausbrüche und fast schon Panikattacken. Mit diesem Dilemma hatte er schon im Erstling "Drifter" zu kämpfen. In "Tig3r" tritt es nicht zu oft zutage, da die Handlung zumeist draußen stattfindet und sich solche Momente nicht allzu häufig zutragen. Daher wird die Thematik auch etwas weniger in den Vordergrund gestellt. June hingegen ist ein Kaliber, das fast schon was von der eierlegenden Wollmilchsau hat: nicht nur selbstständig, sondern auch clever, begabt, wehrhaft, menschlich, erfahren im Umgang mit Waffen, knuffig und oft auch kumpelhaft mit losem Mundwerk. Zudem hat sie ordentlich Probleme mit ihrem verschollenen Vater und wegen der Ermordung ihrer Mutter. Mit der Zeit fühlt sich Peter zu ihr hingezogen. Zum Glück ist dies ein Roman, denn sonst wäre der arme Kerl in hiesigen Zeiten wegen sexueller Belästigung dran. Die Sympathien sind nun also klar verteilt. Der Autor lässt einige Zeit offen, wer die beiden nun warum verfolgt, lässt seinen Protagonisten aber durchaus agieren wie den bekannten Jack Reacher von Lee Child. Wenn es drauf ankommt, kennt er keine Gnade und nimmt einige Figuren für immer aus dem Spiel. Spannung und Action sind garantiert und wenn man meint, alle Facetten des Buches und der Handelnden zu kennen, kommt eine Wendung um die Ecke. Weniger bedrückend als "Drifter", aber ebenso mit Action garniert und bekannten Figuren aus ebendiesem. Die Pulsfrequenz des Lesers steigt und je näher man dem Ende kommt, umso mehr macht Nicholas Petrie den Leser staunen, wie er so manche aus Thrillern wohlbekannte Situation auflöst. Nicht immer wird man mit dem Gewohnten konfrontiert. Hie und da emotional, immer in Schwung und temporeich, lässt dieser Thriller kaum Wünsche offen und wer neben Jack Reacher einen weiteren Helden mit ähnlichem Auftreten kennenlernen will, sollte durchaus mal zu den Romanen um Peter Ash greifen. Ich spekuliere nach den 474 Seiten jedenfalls schon auf eine Fortsetzung der Reihe, die im Original mit "Light it up" in den USA im Januar weitergeführt wird. Die Briten bekommen die Story um Peter, der den Oregon-Trail bewandert und dann einem Freund aus Armee-Zeiten zuhilfe eilt, im Februar kredenzt.

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