Dienstag, 25. September 2018

Buchreview "Die Wiedererweckten des Herbert West" T. Curran

Tim Curran. Herbert West ist ein ebenso genialer wie irregeleiteter Forscher, der davon überzeugt ist, dass der menschliche Körper nichts weiter als eine organische Maschine sei, die man selbst nach dem Tod wieder "neu starten" könne. Bei seiner Suche nach Testobjekten verschlägt es ihn unter anderem an die Fronten des Ersten Weltkrieges, und die dortigen Geschehnisse spinnt Tim Curran auf unnachahmliche Weise weiter. Wir erfahren von geheimen Laboren, Legionen wandelnder Toter und grausamen Experimenten, einer Monstrosität, die sich von den Toten ernährt, und einem unvorstellbaren Wesen jenseits von Leben und Tod, welches sich im Schutze der Nacht auf die Suche nach seinem wahnsinnigen Schöpfer begibt.

Wie schon z. B. in "Skull Moon" gelingt es Tim Curran seine Geschichte derart bildhaft darzustellen, dass das berühmte Kopfkino flugs in Gang kommt. Man sieht die Nebel- und Gasschwaden fast schon vor sich, die Dunkelheit, die Nässe, die matschigen Gräben, in denen sich das Blut mit dem Wasser vermischt und aufgeweichte Tote ehrlos und verstümmelt mit ihren heraushängenden Eingeweiden sich langsam zersetzen. Stacheldraht und Maschinengewehrfeuer bilden den Rahmen für das grausige Szenario. Nur die gierigen, immer größer werdenden Ratten können diese Unmenschlichkeit noch toppen. Denkt der Kriegsberichterstatter Creel. Bis er in Flandern ankommt. Atmosphärisch, fast sogar lyrisch bis zum letzten Buchstaben lässt der Autor den Leser an den Erzählungen und Erlebnissen des Creel teilhaben, beschreibt plastisch die ekelhaftesten Kompositionen des Doktors ohne Namen, lässt ganze Heerscharen von Toten auf die Lebenden los, wenn er die Zeit für gekommen hält. Bis dahin hält er die Spannung und die Erwartungshaltung hoch, was denn nun auf den armen Protagonisten zu kommt. Und er beschreibt die Unmenschlichkeit des Kriegs, die keinen unversehrt wieder nach Hause lässt. Das erlebte Morden, die Schreie Verwundeter, denen keiner mehr helfen kann, die Verstümmelungen werden sich für immer in die Köpfe und Gedanken der Männer, die diese Schande überleben, einbrennen und ihr künftiges Leben von Grund auf verändern. Den im Titel erwähnten Herbert West bekommt man eigentlich recht selten serviert, er schwebt eher hintergründig in den Gedanken des Lesers mit über die rund 200 Seiten, die Grauenvolles aus dem Ersten Weltkrieg offenbaren, sich an den Flair von Lovecraft annähern je länger die kurzweilige Novelle im Düster der Nächte der Hölle verweilt. Der Luzifer-Verlag hat hiermit wieder einen wahrlich zum Kauf verpflichtendes Buch veröffentlicht, das der geniale Cover-Dekorateur Michael Schubert dann noch veredelt hat.

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