Mittwoch, 12. Juni 2019

Buchreview "Der Teufel will mehr" W. Stroby

Wallace Stroby. Seit einem Jahr hat Crissa Stone keinen Job mehr angenommen, sorgfältig darauf bedacht, kein Aufsehen zu erregen. Das geraubte Geld aus ihren Beutezügen hat sie geschickt angelegt. Als ihr aber das flüssige Geld auszugehen droht, wird sie unruhig und lässt sich von einem reichen Kunstsammler als Diebin anheuern. Ziel des Überfalls ist ein LKW voll geraubter Arte­fakte aus dem Irak, die Crissa stehlen soll, bevor sie wieder in ihr Heimatland zurückgeführt werden müssen und der Kunstsammler sein Geld verliert. Der Job scheint einfach, nimmt jedoch eine überraschende Wendung, weil keiner die Beute teilen will.

Der vierte und wohl auch letzte Fall - wenn es nach Wallace Stroby geht - der Crissa Stone, die aus Geldmangel einen weiteren Job akzeptiert. Die ganze Angelegenheit klingt einfach, aber Crissa hat ja mit den Raubzügen über die Jahre eine gewisse Erfahrung erworben und sucht sich mindestens einen verlässlichen Partner für den Kunstdiebstahl, der sich lohnen soll. Das erweist sich bald als gute Vorsichtsmaßnahme. Was in der Inhaltsangabe als "überraschende Wendung" verkauft werden soll, ist längst keine mehr. Beim mittlerweile vierten Verbrechen von Stone und den vom Schreiber der Zeilen auch goutierten Gaunereien eines Parker (von Richard Stark aka Donald E. Westlake) und eines Wyatt (Garry Disher) kommt da eigentlich nur das Erwartete. Doch wie bei den Gangster aus der Männerecke, sind diese coolen und trockenen Figuren mit ihren Coups immer für perfekte Unterhaltung gut und gehören zu den Vertretern der Gattung mit einem Funken Ehre im Leib, die in diesen Geschichten,  die zumeist ohne einen Protagonisten auskommen, der als strahlender Held rüberkommt, dann die Rolle der Sympathieträger übernehmen, obwohl sie Verbrechen begehen. Sie gehen halt nicht über Leichen, wollen clever und ohne Gewalt ihre Aktivitäten möglichst unbemerkt durchziehen. Meist sind die Schurken die Partner in Crime, die Auftraggeber und der Staat ist oft auch nicht so sauber, wie man es erwarten müsste. Eine derartige Reihe von einem deutschen Autor über Raubzüge in der Heimat mit Kritik am staatlichen Gebaren (Alleine beim BER-Desaster wären etliche Stories drin), erscheint mir schier unmöglich. Die würde verrissen ohne Ende, die Medien - sozial und asozial - würden den Autor "vernichten", ihm jegliches Lebens- und Arbeitsrecht absprechen, geschweige denn ihm erlauben, seine Meinung dazu zu äußern. Also muss sich der interessierte Kunde eben an den kurz und knackig erzählten Arbeiten ausländischer Autoren ergötzen, die Romane schreiben und Geschichten erzählen, die als perfekter Lesestoff von guten Autoren mit passenden Ideen und ausgeklügelten Fällen dargeboten werden. Verlegt von Publishern, die sich nicht auf die Massenware spezialisieren, die im Mainstream gerade so angesagt ist und etwas abseits der abgesteckten Pfade agieren. Gut so. Sonst würden den deutschen Lesern etliche Perlen vorenthalten - und alles wäre gleichgeschaltet, eine Art Massenzensur. Aber noch gibt es diese Angebote und ich hoffe, dass der neue Disher "Hitze" bei Pulpmaster bald erscheint und man auch weitere Bücher von Wallace Stroby hierzulande verlegen wird. Wenn auch vielleicht keine mehr um Crissa Stone. 320 Seiten Hardboiled-Literatur um eine Verbrecherin, die durchaus Sympathien wecken kann und deren Fälle Tempo und die Konflikte werden schnell und hart gelöst, wobei nicht jeder Beteiligte das Ende dieser 320 Seiten erleben darf. Der Leser schon. 9/10 sind bei derart guten Geschichten um Gauner und Verbrecher von mir immer drin, wenn der Autor sein Handwerk versteht, also den Leser mitnimmt, ihn für seine Figuren einnimmt. Bei mir hat es funktioniert. Danke, Pendragon-Verlag.

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