Sonntag, 2. Juni 2019

Buchreview "Trackers 1" N. Sansbury-Smith

Nicholas Sansbury-Smith. Die USA, so wie wir sie kannten, gibt es nicht mehr. In ihren Städten ist es dunkel geworden. Und das ist nur der Anfang. Der Polizeichef Marcus Colton und Tracker Sam "Raven" Spears haben sich noch nie gemocht. Doch als im Rocky-Mountain-Nationalpark ein junges Mädchen vermisst wird, heuert Colton den Fährtenleser an, um es zu finden. Sehr schnell wird den beiden bewusst, dass sie sich auf der Spur eines wahnsinnigen Mörders befinden. Und dann erfolgt durch Nordkorea ein EMP-Angriff auf die Vereinigten Staaten. Ohne Strom versinkt das Land in ein blutiges Chaos – und die Jäger werden zu Gejagten.
In einer Zeit, in der die Bedrohung noch nie so real war, schildert die Trackers-Serie, welche Auswirkungen ein EMP-Angriff haben könnte. Explosive, harte Action, geradezu aus den Schlagzeilen gerissen.


Atombomben strategisch über den USA gezündet. Lights out in Washington, lights out in New York, lights out in Buffalo, lights out in Dallas - die USA ist abgedunkelt wie Europa im Zweiten Weltkrieg, um den Bombardierungen zu entgehen. Gerade verschwenden sie noch Strom, als würde er auf ewig ungehindert nachwachsen und dann .......
....Aus die Maus. Nichts geht mehr. Elektronik am Arsch. Telefone beim Teufel, Internet genauso. Nix mehr mit Rezis hochladen oder gegen irgendwen oder irgendwas pöbeln. Die Häuser dunkel, die Kühlschränke im Selbstabtau-Modus, die modernen Autos finden den Weg noch weniger als ihre Besitzer. Die einen fahren nicht mehr, die anderen haben es verlernt, sich selbst zu bewegen. Entsetzen, Verwirrung, Panik allerorten. Die Politelite verrschwindet in Bunkern und hofft, dass sie dort sicher ist, die Bevölkerung wird naja eben im Dunkeln gelassen. Selten hat sich das übliche Verhalten der Gewählten oder nicht gewählten Volksvertreter als derart treffend bezeichnet herausgestellt. Rätselraten allerorten. Die USA wäre jetzt von allen Seiten angreifbar, die Feinde - deren Zahl ist Legion - wären dämlich, diese Chance nicht zu nutzen. Der Präsident wird vermisst, die Führungsriege kopflos wie ein Huhn nach dem Besuch auf dem Hackklotz. 

 So geht es auch den Städten und kleineren Orten und Gemeinden überall im Land. Die Amerikaner sind hilflos - zumindest die meisten. Aber da sind ja noch die Nachtschattengewächse. Keine Bullen auf der Straße und die wenigen, die ihren Dienst doch tun, sind in ihren Möglichkeiten beschränkt. Die Anfänge von Raub, Mord und Terror machen sich breit. Ein kleines Touristenstädtchen wird besonders schlimm getroffen. Ein Reservat in der Nähe bietet recht schnell einen Reizpunkt, man kann alte Vorurteile wieder aufbrechen lassen. Und weil die Scheiße noch nicht gequirlt genug ist, treibt sich noch ein Serienkiller in der Gegend rum. Bei der Suche nach einem Mädchen stolpert dem Sheriff und seinem einheimischen Führer auch noch ein ramponierter Pilot vor die Füße, der den Ansturz seiner Maschine überlebt hat. Das Schlimmste ist, sie finden auch das gesuchte Mädchen - tot, gefoltert. 
 Überkochende Emotionen, Misstrauen, Ahnungslosigkeit, Angst und Aggression überziehen die Stadt. Maßnahmen werden koordiniert, Möglichkeiten gesucht, Kontakt mit der Außenwelt aufzunehmen. War der abgelegene und dichte Wald, das ruhige Reservat einmal idyllisch, scheint es jetzt eine Todesfalle. Die Ordnung droht zu kippen, der Respekt vor dem Gesetzesvertreter und seinen Deputys schwindet rasant. Mordlust und Lynchjustiz drohen. Ein Potpourri der Gefühle bahnt sich den Weg. Und als dann doch einige Informationen durchsickern, wird die Situation noch heißer. 

Die Szenen wechsen schnell zwischen dem kleinen Ort, der in Gefahr scheint, abgehängt und auf sich gestellt zu werden und zudem einen blutrünstigen Killer in seiner Mitte hat und den Aktionen rund um die Regierungssitze und die politischen Führer, denen im Nachgang zu dem EMP-Angriff weitere Atombomben auf den Kopf geworfen werden. Schutzbunker hin oder her, nicht viele überleben. Politgeplänkel allerorten, Rätsenraten, warum das passieren konnte. Tote, Verbrannte, Schwerstverletzt, Verschollene, Verschüttete - vorbei mit geregelter Amtsleitung oder Kriegsführung. Sie wollen alle leben. 

 Wer die TV-Serie "Jericho" gesehen hat, ist ziemlich nahe am Bild, wie es einem Ort ergeht, der von einem entfernten EMP getroffen wurde. Was radioaktive Wolken (in Serie und Buch wage ich ein derart simples Abschwächen zu bezweifeln) anrichten können, wie man überlebt, wenn man sich endlich zusammenrauft und ohne moderne Hilfsmittel sein Leben gestalten muss - und die Ernährung. Da kommt nichts mehr aus dem Kaufhaus. Plünderer machen das Leben schwer und die wenigen Vernünftigen sind in Gefahr überrant zu werden. Und überall die Angst, was da noch kommen mag.

Nicholas Sansbury-Smith hat dies alles in einen sehr temporeichen Roman gepackt, der der Auftakt zu einer mehrteiligen Reihe ist. Mag sein, dass der Stil simpel ist, dass viele Erklärungen nur Mittel zum zweck in Kurzform dargeboten werden, aber es ist ja auch kein Sachbuch. Es ist ein Reißer, der schnell Tempo aufnimmt und danach nur selten abbremst. Die 380 Seiten kann man in einem Rutsch durchlesen, nimmt Anteil an den Schicksalen mancher Charaktere, erlebt Rassismusausbrüche aus bestimmten Bevölkerungsschichten, die schlicht genug sind, es sofort beim Namen zu nennen, aber da wird sicher noch etwas folgen. Die Schleicher, die nur hinterrücks murren, werden auf ihre Stunde warten. Angriffe gegen die Regierung muss der Soldat verteidigen. Auch er ist, ebenso wie der Sheriff, ein wunderbares Ziel, an dem m an seine Wut auslassen kann. So bleibt noch viel Konfliktpotenzial für die nächsten Bücher. 8/10 und her mit Nachschub.

2 Kommentare:

Sean Archer hat gesagt…

Spitzenmäßige Buchreview,Harry!!!

MfG
Sean Archer

Anonym hat gesagt…

Danke schön.

Ich muss aber zugeben, dass die sich irgendwie während des Schreibens verselbstständigt hat. War eingentlich kürzer geplant.

Gruß
Harry