Montag, 3. März 2014

Buchreview "Die Schatten von Belfast" S. Neville

Stuart Neville. Docks, schmutzige Gassen, zwielichtige Hinterzimmer - das ist Belfast heute. Gerry Fegan hat für die IRA gemordet und im Gefängnis gesessen. Nun muss er sich im Frieden zurechtfinden. Doch das gelingt ihm nicht: Seine Opfer verfolgen ihn. Er muss wieder töten - diesmal seine Auftraggeber.

Gerry Fegan hat zwölf Jahre Knast hinter sich und als er rauskommt, ist nichts mehr wie zu seiner Zeit. In Irland herrscht Frieden. Aber nicht für Gerry. Er wird von den Dämonen seiner Vergangenheit verfolgt. Sie wollen, dass er auf ihre Art Buße tut. Sie lassen ihn nicht schlafen, erscheinen bei jeder Gelegenheit und fordern Genugtuung. Bald hält er es ichtm ehr aus. Der Suff über die Jahre hinweg kann die Geister der Toten nicht vertreiben. Sie wollen Blut sehen, wollen ihre Rache. Also macht sich Gerry um seines Seelenfriedens willen auf, seine damaligen Auftraggeber aufzuspüren und ihrem Lebensweg ein Ende zu bereiten. Doch so einfach ist das nicht. Manche von ihnen sind heute in der Politik, haben macht und Einfluss und geben ich den Schein von Rechtschaffenheit, während sie neben bei immer noch krumme Geschäfte am Laufen haben. Doch Gerry lässt sich nicht aufhalten und schon bald ist Belfast wieder der Schauplatz von Kämpfen. Was Gerry nicht weiß, ist, dass die Briten, die einen Mann in die Organisation der IRA eingeschleust haben, ihn daran hindern wollen, ein Gemetzel zu veranstalten, das die früheren Feindseligkeiten wieder offen ausbrechen lassen könnte. Und da sich Gerrys Jagd nun einmal auf die IRA-Leute, die ihm die Befehle erteilten, konzentriert, wird er jetzt von beiden Seiten gehetzt - plus seine Opfer, die ihm ebenfalls schwer zusetzen und es ihm nicht erlauben, mit dem Rachefeldzug jetzt aufzuhören, der in einem blutigen Showdown endet.

Gerrys Welt hat sich verändert, als er aus dem Knast kommt. An seinem Beispiel zeigt Stuart Neville, dass es den vielen ehemaligen Freiheitskämpfern schwerfällt, den Weg zum Frieden wirklich mitzugehen, dass aber auch die Cleversten von ihnen den Schritt in die Polöitkk gewagt haben und nun mit den ehemaligen Feinden in der Regierung an einem Tisch sitzen, jedoch weder ihre alten Ressentiments noch ihre gelegentlichen illegalen Geschäfte wie Menschenhandel unterbrochen haben. Je weiter Fegan vordringt, umso deutlicher wird, dass dieser Frieden eher nur  ein Waffenstillstand, denn ein echter Prozess des Zusammenlebens unter gleichen Regeln ist. Rassismus und Engstirnigkeit sowie religiöse Trennung sind immer noch vorhanden und wird auch ausgelebt. Da die Unterstützung von außen durch Amis und andere Organisationen ausbleibt, sorgen die Parteien jetzt für sich selbst und jeder muss erkennen, dass überall falsch gespielt wird. Die Briten tun den Teufel, das Land jetzt unbeobachtet zu lassen und schleusen weiter fröhlich Spitzel ein, die IRA ist immer noch so brtienfeindlich wie eh und je und man nutzt durchaus kleinere Auseinandersetzungen für ein Scharmützel mit der Polizei. Nur dringt davon nichts mehr an die Öffentlichkeit. Und Gerry: der ist ein verzweifelter, der vor seiner Schuld nicht davon laufen kann, die ihn weiter und weiter beschäftigt. Er könnte mit dem neuen Leben zurechtkommen, wäre da nicht seine Vergangenheit. Ob seine Opfer ihn nun in seiner Einbildung zur Rache aufhetzen oder ob dieser Teil eine übersinnliche Komponente von "Die Schatten von Belfast" ist, muss der Leser für sich selbst entscheiden. Und mit jedem Fortschreiten der Story erfährt man etwas über die Selbstsucht diverse Figuren, die sich allesamt und egal, auf welcher Seite stehend, in ihrer kriminellen und verlogenen ähneln. Weder die Iren noch die Briten spielen ein ehrliches Game. Wie weit der Hass oder jetzt nur noch die Abneigung geht, zeigt der Fall Marie und ihrer Tochter Ellen. Sie hatte sich mnit einem katholischen Bullen eingelassen und als der sie während ihrer Schwangerschaft mit Ellen verließ, wurde sie erst recht zum Außenseiter in ihrer Gesellschaft. Dort wird nicht so schnell vergessen. Als man sie als Druckmittel gegen Gerry benutzen will, tut er alles, um ihr zu helfen und sich gleichzeitig von seiner Schuld zu befreien. Dass dies nicht wirklich gelingt und nur seine Dämonen verschwinden, erkennt er erst kurz vor seine Flucht nach Amerika. Ein schneller hard-boiled Thriller aus Irland, der seine kompromisslose Geschichte mit eigenen Kenntnissen des Autors aus der Region aufpeppt, aber für einen Thriller mit hartgesottenen Typen die Kerle erstaunlich viel aus den unterschiedlichsten Gründen flennen lässt. Trotz dem Geplärre gehört der atmosphärisch dichte Roman, der zumindest minimale Kenntnisse der irischen Verhältnisse der letzten Dekaden voraussetzt mit Sicherheit zu den gelungensten Debütthrillern der letzten Jahre. Und mit "Blutige Fehde" geht es ja weiter.

Keine Kommentare: