Donnerstag, 13. August 2015

Buchreview "Blackbird" A. Carey

Anna Carey. Ein Mädchen erwacht auf den Gleisen einer U-Bahn-Station in Los Angeles. Sie weiß nicht, wer sie ist, wo sie ist, wie sie dort hinkommt. Sie hat ein Tattoo auf der Innenseite ihres rechten Handgelenks, das einen kleinen Vogel in einem Viereck zeigt. Sie erinnert sich an nichts. Nur bei einer Sache ist sie sich sicher: Jemand will sie töten. Also rennt sie um ihr Leben, versucht die Wahrheit herauszufinden. Über sich und über die Leute, die sie töten wollen. Nirgendwo ist sie sicher und niemand ist, was er zu sein scheint. Auch Ben, der Einzige, dem sie glaubte, vertrauen zu können, verbirgt etwas vor ihr. Und die Wahrheit ist noch viel verstörender, als sie es jemals für möglich gehalten hat.

Da wacht ein Mädchen in einer U-Bahn-Station auf den Gleisen auf und kann sich an nichts erinnern. Nicht wie sie dahin kam noch wie sie heißt. Absolut nichts. Ihr Gedächtnis ist wie eine weiße Leinwand - leer. Doch ihr normaler Überlebensinstinkt funktioniert noch. So lässt sie sich flach mit vor der Brust verschränkten Armen noch gerade rechtzeitig zwischen die Gleise sinken, als eine U-Bahn einfährt während sie sich gerade berappelt. Als die Bahn stoppt, liegt sie unverletzt darunter, krabbelt dann hervor, greift sich einen neben ihr liegenden Rucksack und will schnellstens aus der näheren Umgebung verschwinden. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht. Den Sanitätern, die sie einsammeln wollen, kann sie entwischen und ist nun allein in Los Angeles. Sie entdeckt, dass sie eine Tätowierung auf dem Handgelenk hat, weiß aber nicht, wie sie zu der kommt. Doch bald merkt sie, dass sie verfolgt wird. In einem Markt lernt sie durch pure Ungeschicklichkeit den jungen Ben kennen, der ihr später auch hilft. Sie erhält bei einer Rempelei einen Zettel zugesteckt, auf dem eine Telefonnummer steht, die sie anrufen soll. Tut sie und wird zu einer Adresse beordert. Sie geht hin und das Büro, das zu dieser Adresse gehört ist verwüstet, ein Tresor steht offen. Auf dem Stockwerk sind weitere Büros und die ersten Angestellten kommen heraus um nachzusehen, was da los ist. Sunny, wie sie sich dann später einfach nennt, flüchtet, wird aber auch von einer Überwachungskamera aufgenommen und schon bald gibt es eine Suchmeldung nach ihr. Die Polizei fahndet mit Bild via TV nach einer Einbrecherin, die angeblich zehntausend Dollar gestohlen haben soll. Es wird sogar eine Belohnung versprochen. Doch damit nicht genug. Bald gewinnt sie den Eindruck, dass sie nicht nur verfolgt wird, sondern dass man sie auch töten will. Einen Grund dafür kann sie sich nicht vorstellen. Sie kiecht wieder bei Ben unter. Der ist zwar momentan nicht zu Hause, aber eine Freundin von ihm sonnt sich neben dem Pool. Sunny kommt mit ihr ins Gespräch, erzählt ihr aber nicht die Wahrheit.

Das Buch ist mit einem Cover ausgestattet, das mich als Actionfreund natürlich mit seinem Fadenkreuz sofort zumindest in dieser Hinsicht für sich eingenommen hatte. Eine Inhaltsangabe hatte ich glücklicherweise (Dazu später noch mehr) schon von der Tippgeberin Nici von Nici & Books erhalten und die hat dann auch mein Interesse geweckt. Obwohl mir bekannt war, dass es sich um ein Jugendbuch handelte, hat mich der pink gefärbte Seitenschnitt doch erschreckt. Was ist denn das? Ein Mädelsbuch? Ein Geschenk für Geistersgröße Paris H.? Buch aufgeschlagen und erst einmal erleichtert aufgeatmet: Buchstaben, die sogar zu zwar kurzen, aber dennoch vollständigen Wörtern und diese zu ebenso kurzen, aber vollständigen Sätzen zusammengefügt waren. Für die übliche Klientel der im niederen IQ-Bereich der vermuteten Verdächtigen war es wohl nicht gedacht. Puh, Glück gehabt. Sorry, Nici, dass ich dir das zugetraut hab. Bei meinem nächsten Kritikpunkt scheiden sich die berühmten Geister. Ich halte Buchstabengrößen, die ich ohne Brille auf der anderen Straßenseite noch lesen könnte und Zeilenabstände im Grand Canyon-Format nicht für einen Service für Sehschwache, sondern für eine Verschwendung von Ressourcen, um auf eine Seitenzahl zu kommen, die dann den mehr oder weniger exorbitant hohen Preis rechtfertigen soll. Naja, Ansichtssache eben. Zur Story selbst. Die Ausgangslage verspricht schon einmal Spannung und für derartige Geschichten, wo jemand irgendwo aufwacht und über seine Vergangenheit nichts weiß, anhand von einzelnen Puzzleteilen diese wieder unter Gefahren zusammensetzen muss, hatte ich schon seit lange vergangener Jugendzeit ein Faible. Und so hat diese Jane Doe-Story schon von Beginn an einen gewissen Sog entwickelt, der mich von Kapitel zu Kapitel zog. Kürzere Zwischeneinschübe teilweise aus anderer Perspektive sind nicht immer ein wirklicher Anhaltspunkt, was bisher geschehen sein mag, betreffen sie doch auch die Polizei oder mal den neuen Kumpel Ben. Ebenfalls für etwas Abwechslung im Lesealltag sorgte die Nutzung der zweiten Person im Stil von Anna Carey, der ihr aber schon auf seite 26 kurz abhanden kommt und plötzlich aus heiterem Himmel die Ich-Form, also Sunny als Erzählerin, im Text auftaucht. Passte dann so gar nicht, kann aber auch an der Übersetzung oder dem eigentlichen Satz des Buches selbst liegen, wer weiß? Kam auch nur dieses eine Mal vor. Diese Form des Erzählens war etwas gewöhnungsbedürftig, aber sicher nicht etwas, das man dem Buch anlasten kann. Die Suche nach ihrer Vergangenheit und der langsame Aufbau der Bedrohung, die für sie wie aus dem Nichts kommt, generiert Spannung und der Stil der kurzen und knappen Sätze in Zusammenarbeit mit dem von mir kritisierten "Seitenverschwendungsprinzip" des Verlages sorgt für eine gewisse Rasanz. Mittig wird es einmal kurz etwas mau, schleicht sich das Gefühl eines kleinen Hängers ein, das aber schnell bei den folgenden Actionszenen schwindet. Bis auf diese kleine Phase der Ruhe weiß die Geschichte zu fesseln, wird zum Page Turner wenn Sunny "Girlie-Bourne" versucht, Licht ins Dunkel zu bringen. Ziemlich spannende Sache mit einer sympathischen Protagonistin, einer sich möglicherweise anbahnenden Liebesgeschichte und einem Thema, das selbst in Erwachsenenbücher viel zu selten genutzt wird. Temporeiche Hatz durch Los Angeles, die man durchaus als All Ager bezeichnen kann, weil man auch als erwachsener Leser mit einigen kleinen Abstrichen hinsichtlich der Zielgruppe gut unterhalten wird. Ein zweiter Teil wird auf jeden Fall noch folgen und alles wird daher in "Blackbird" noch nicht aufgeklärt. Es bleiben viele Fragen offen. Kleiner Tipp: Wer sich das Buch zulegen möchte oder auch nur jemandem schenken will, bitte lest NICHT den Text auf der Rückseite - oder versucht zu verhindern, dass er gelesen wird, denn dann braucht man das Buch gar nicht mehr erst anrühren, da dort ein derart fetter Spoiler vorhanden ist, gegen den ich mich richtiggehend schlank ausmache. Rund 340 Seiten, die man auch auf knapp 220 hätte unterbringen können.
Als nächstes steht dann wieder richtige Erwachsenenlektüre von Scott Sigler an.

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