Mittwoch, 15. Dezember 2010
Buchreview "Entsorgt"
Joseph D'Lacey. Eine Mülldeponie irgendwo in England. Ein verseuchter, schlammiger Landstrich. Hier lagern tausende Tonnen von Giftmüll, illegale Schadstoffe und Krankenhausabfälle. Dann geschieht das Ungeheuerliche: die Erde wehrt sich gegen die Verschmutzung, und aus dem Abfall der Menschen entsteht ein monströses Ding, das unaufhaltsam größer und gefräßiger wird.
D'Lacey startet sein Werk mit der Vorstellung der Egoisten, der Korrupten, Ehebrecher, fanatisch Religiösen und Lügner des kleinen Ortes Shreve. Dazu kommt ein Aussteiger, Mason Brand, ehemaliger Modefotograf von Weltruhm, der nun im Einklang mit der Natur leben will. Schon hier erahnt man die Zusammenhänge, die zu der Katastrophe führen, die auf dem Klappentext geschildert wird. Dann driftet die Geschichte erst einmal ab in langatmige Ausführungen über das Leben der Protagonisten in ihrem Städtchen, über Sehnsüchte und Albträume, einen wahren Ringelrein an Ehebrüchen und Verhältnissen, immer wieder kurz unterbrochen von ersten Aktionen aus dem Müllbereich. Irgendwann landet ein solches Müllpaket, noch klein in einem schwarzen Abfallsack, auf der Farm des Ex-Fotografen Mason. Völlig konsterniert stellt er Leben in dem Ding fest oder besser, der Sack lebt. Zusammengeschustert aus Abfällen der Menschen, die auf der Deponie entsorgt wurden. Dazu gehören neben alten Brieftaschen oder Eisenteilen auch Körperteile oder abgetreibene Föten aus dem nahen Krankenhaus, die dort illegal abgelagert wurden. In seinem Öko-Wahn will er das Leben bewahren und versucht das Wesen zu füttern. Als nichts fruchtet, probiert er es mit einem Schälchen seines eigenen Blutes und siehe da - das Zeugs wird weggeschlürft wie des Alkis erster Drink am Morgen. Und das Biest wächst danach und will mehr. Da er nicht ständig den Selbstentsafter spielen kann, beginnt er kleinere Tiere zu fangen und diese an seinen Hausgast zu verfüttern, danach werden es größere Viecher wie Hunde und Katzen und bald muss der erste Mensch - natüprlich nicht so ganz freiwillig - dran glauben. Als die Kreatur groß und stark genug ist, sich selbst auf den Weg zu machen, begibt sie sich zur Deponie und "Befreit" tausende weitere ihrer Spezies und die machen sich auf den Weg zur Stadt. Und hier geht es dann richtig rund und auch gar nicht so sanft zu, wie es sich für Ökos gehören würde und von Pazifismus hat der Müllbengel erst recht nix gehört. Ne kleine Wendung noch eingebaut und den Rest verrat ich nicht.
Ich muss ja gestehen, dass ich wohl einer der wenigen bin, der speziell ob der religiösen Ausuferungen mit dem Erstling "Meat" nicht sonderlich viel anfangen konnte, doch das Thema an sich war schon äußerst reizvoll. Und genau da macht D'Lacey jetzt auch weiter - mit einem ungewöhnlichen Thema. Killermüllarmageddon - Schrottzombies sind nun die Angreifer. Aber er rechnet auch mit den Menschen ab (zu meinem Leidwesen ist auch eine olle Jungfer mit Hang zur religiösen Predigt mit von der Partei und NERVT), die sich egoistisch verhalten, denen die Umwelt sowie die Mitmenschen egal sind. Und hier setzten meine negativen Aspekte in dem Buch an. Nach wirklich neugierig machenden ersten 30 Seiten, driftet das Ganze in Geschwafel um Albträume, Ehebruch im großen Stil mit echtem Bäumchen-wechsel-dich-Flair, altjüngferlichem Kirchenpredigen und zu langatmiger Vorstellung seiner fast durchweg kaum sympathischen Protagonisten ab. Erst ab Seite 250 regt sich die Sache wieder, um dann ab dem letzten Viertel so richtig ordentlich auf die - hier schon fast wörtlich zu nehmen - Kacke zu hauen. Ab jetzt werden die Menschen gehetzt, brutal verschlungen und diesmal von der Natur wieder recycelt, dass es trotz Blut und Gewalt schon fast komisch wirkt. Als Abschluss noch ein knalliger Wendepunkt und fertig ist eine Mischung aus Gesellschaftskritik und Monsterhorror. Wären nicht die quälend langen vorhergehenden 200 Seiten, wäre das Buch ein Kracher, aber weil man für den Kampf durch eben diese Seiten dann ordentlich belohnt wird und es richtig rund geht, kann man das Buch durchaus empfehlen, obwohl es kein Highlight ist.
Da hab ich präseniler Pimpf doch glatt vergessen, dass ich mehr als eine Woche pausieren wollte. Also grundsätzlich keine Beispiel an den hiesigen Verfassern nehmen, könnte dem guten ruf schaden.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen