Donnerstag, 1. März 2012

Buchreview "Gehetzt"

Sean Creed. London. In einem Hotelzimmer des Ritz erwacht der ehemalige CIA-Agent Danny Shanklin - in der Hand ein Sturmgewehr, neben ihm die Leiche eines Mannes, den er noch nie zuvor gesehen hat. Noch völlig benommen stolpert er auf den Balkon und sieht das Unfassbare: Auf dem Platz vor dem Ritz liegen überall Leichen. Eine Limousine brennt, schreiende Menschen laufen ziellos umher. Sämtliche Einsatzkräfte der Londoner Polizei sind auf der Straße. Scharfschützen beziehen Stellung. Inmitten dieses Chaos sieht Danny plötzlich drei Menschen, die ganz ruhig wirken. Eine der Personen hält einen großen Gegenstand in der Hand und Danny begreift: Dieser Gegenstand ist eine Fernsehkamera und die ist genau auf ihn gerichtet.

Als seine Familie von einem irren Serienkiller, der immer noch frei rumläuft, mit Ausnahme der Tochter bei einem Urlaub in den Bergen getötet wurde, schmeißt Danny den Job bei der CIA und verdingt sich freiberuflich. Seinen Kontaktmann bekommt er nie zu sehen, Aufträge werden nur virtuell in einem Online-Spiel erteilt. Während Danny sich auf seinem Hausboot mit seiner Gelegenheitsfreundin vergnügt, wird ein russischer Diplomat von einer feschen Tussi in die berühmte Honigfalle gelockt und von seinen Häschern dann für deren Zwecke benutzt. Und Danny tappt bei seinem neuen Auftrag auch in einen Hinterhalt und wird mit einer Injektion betäubt. Danach findet er sich im Hotelzimmer wieder, das auf dem Klappentext Erwähnung findet. Schnell begreift er, dass er sich aus dem Hotel absetzten muss, da man sicher ihm die Schuld für diesen verheerenden Anschlag geben wird. Nun beginnt eine atemlose Hetzjagd quer durch London, an der sich nicht nur die Sicherheitsbehörden sondern auch die Gangster beteiligen, da Dannys Flucht so nicht in ihrem Programmheft stand. Und Danny versucht natürlich, nicht nur seine Haut zu retten, sondern auch die Hintergründe der Sache aufzudecken. Und schleppt dabei seine Tochter mit sich rum, die er in dem Internat, in dem sie unterbracht ist, aus offensichtlichen Gründen nicht zurücklassen konnte.

Das werbeträchtige Lob von Jeffrey Deaver, dass es von der ersten bis zur letzten Seite nur um Tempo geht, ist so nicht ganz stimmig, da doch rund 100 Seiten dazu benötigt werden, den Plan in die Tat umzusetzen - dann aber geht die wilde Hatz richtig los. Und London bzw. die britische Regierung als Hauptstadt der Paranoia und Überwachungskameras bekommt auch ihr Fett weg, da nimmt Creed (eigentlich Emlyn Rees, Sean Creed ist nur für den deutschen Markt gewählt) kein Blatt vor den Mund. Rasant, spannend, bei den Charakteren leider etwas unausgegoren und seicht, geht die Jagd ungemein schnell voran, unterbrochen nur durch gelegentliche Rückblenden zum Tod seiner Frau und des Sohnes, die sein Verhältnis zu seiner Tochter erklären sollen und leider manchmal an den völlig falschen Stellen eingbaut sind. Mitten in einer Jagd durch ein Einkaufszentrum, wo er sich in höchstem Tempo durch die Massen schlängelt, denkt Danny plötzlich an die Vergangenheit - eher unwahrscheinlich. In einem ruhigen Moment ja, aber nicht mitten in einer Flucht, die Verfolger auf Sichtweite hinter ihm. Als Leser ist man dem Protagonisten bezüglich der Hintergründe zumindest teilweise etwas voraus, aber wer ihn in die Falle gelockt hat, warum man gerade ihn ausschalten will und welchen nutzen wer dann aus dem Attentat zu ziehen gedenkt, bleibt lange im Dunkeln, was der Spannung natürlich nicht abträglich ist. Tiefsinnig ist das Buch jetzt nicht gerade und die Wendungen sind auch nicht die großen Überraschungen, die schnelle Wandlung der Tochter von der ihren Vater verachtenden Göre zur vertrauensseligen Familienagehörigen geht viel zu schnell vonstatten. Für längere Auseinandersetzungen blieb wohl auch keine Zeit, wollte der Autor nicht den Fluss des Buches abschwächen, der wirklich nur auf die Rasanz abzuzielen scheint. Fetziges Tempo hat das Buch also, nur wirklich abwechslungsreich ist es durch die dauernde Jagd nicht und bis auf das Attentat und eine Foltersequenz bietet es auch keine sonderlichen Härten, die zwar nicht unbedingt vonnöten sind, aber der Held der Geschichte vermeidet zunehmend jede tödliche Auseinandersetzung, was bei den Polizisten durchaus verständlich ist, aber bei den Gegnern eher weniger. Insgesamt also seichte, schnelle Unterhaltung, die nicht enttäuscht und "Gehetzt" hält, was der Klappentext verspricht, wenn man nicht eine komplexe Story erwartet hat und die mit Sicherheit eine Fortsetzung erfahren darf, da einige Fäden noch nicht verknüpft sind.

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